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Vor Putin-Besuch
Eine Demo und Demut in Ungarn

Russlands Präsident Wladimir Putin trifft sich heute in Ungarn mit Viktor Orbán. Während der Ministerpräsident des EU- und Nato-Mitglieds ein gutes Verhältnis zu dem östlichen Nachbarn pflegt, sehen nicht nur viele Ungarn Putin kritisch. Ein Balanceakt für Orbán.

Von Karla Engelhard | 17.02.2015
    Ein Demonstrant in Budapest hält ein Schild mit der Aufschrift "Putin Out"
    Tausende Menschen haben gegen den Ungarn-Besuch von Russlands Präsident Wladimir Putin in Budapest demonstriert. (AFP / Attila Kisbenedek)
    "Putin njet! - "Europa!" Mehr als tausend Menschen zogen am Abend durch die Budapester Innenstadt und wählten dafür einen symbolischen Weg, vom Ostbahnhof zum Westbahnhof. Denn Besuch aus dem Osten brachte die Ungarn auf die Straße, der Kurzbesuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Nach der vereinbarten Waffenruhe in der Ostukraine ist es die erste Auslandsreise Putins. Offiziell ist er willkommen. Denn der ungarische Premier Viktor Orbán pflegt seit Beginn seiner Amtszeit 2010 ein enges Verhältnis zu Moskau. Anfang vergangenen Jahres war Orbán gern gesehener Gast im Kreml, nun kommt Putin auf Gegenbesuch. Für Orbán ein Balanceakt, außen- wie innenpolitisch:
    "Ungarn hat ernsthafte nationale Interessen, wenn es um Russland geht. Dafür brauchen wir geregelte, berechenbare und respektvolle Beziehungen. Es ist nicht leicht, mit Russland zu kooperieren, weil das die Gefühle vieler Ungarn berührt. Das müssen wir in den Griff bekommen."
    Verhandlungen über neuen Gasvertrag
    Wenig hilfreich ist dabei, dass der russische Präsident Wladimir Putin einen Kranz am sowjetischen Ehrenmal in Budapest niederlegen will. Auch am Grabstein für jene Sowjetsoldaten, die bei der brutalen Niederschlagung des ungarischen Volksaufstandes von 1956 umgekommen sind. Mit militärischer Gewalt setzte die damalige Sowjetunion der Revolution in Ungarn ein Ende und eine prorussische Regierung in Budapest ein. Dabei wurden tausende Ungarn getötet, Zehntausende verletzt und hunderttausende Menschen flohen in den Westen. Vordergründig geht es bei Putins Besuch an der Donau jedoch um Gaslieferungen. Rund 60 Prozent des Gasbedarfs deckt Ungarn mit russischem Gas. Der recht günstige russische Gasvertrag, der in den 1990er-Jahren ausgehandelt wurde, läuft aus. Ob ein neuer langfristiger Vertrag unterzeichnet werden kann, ist noch offen. Die Opposition befürchtet eine noch stärkere Abhängigkeit von Russland. Die Sozialisten, derzeit drittstärkste Kraft in Ungarn, sehen den Putin-Besuch in Budapest noch als Chance, wie Zoltan Gögös:
    "Ich hoffe, dass Putin kommt, um sich nach Europa zu öffnen. Unser Ministerpräsident könnte zwischen den Seiten vermitteln. Aber wenn wir missbraucht werden sollen, um den Kalten Krieg fortzusetzen, wäre das ein großer Fehler."
    Bisher hat das EU- und Nato-Mitglied Ungarn die Sanktionen gegen Russland ohne Murren mitgetragen. Für Kritiker, nicht nur in Ungarn, will Russlands Präsident Putin mit seinem Besuch die Bande zu seinem EU-"Vorzeigeschüler", Viktor Orbán, enger knüpfen. Der Ungar gilt als eifriger Nachahmer Putins. Beide, Putin wie Orbán, betreiben Demokratieabbau, nur nennen sie es anders, "gelenkte" beziehungsweise "illiberale" Demokratie.