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Vor Übernahme durch Bayer
Monsanto verteidigt Glyphosat

Der Chemiekonzern Bayer will den Saatguthersteller Monsanto übernehmen - und damit auch den umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat. Ein Problem sei, dass Gegner Kampagnen gegen Monsanto gefahren hätten, sagte Monsanto-Sprecher Alistair Hide in einem exklusiven ARD-Interview.

Von Karin Bensch | 03.04.2018
    Ein Traktor fährt bei Göttingen (Niedersachsen) Ende März über ein Feld und bringt mittels einer gezogenen Anhängespritze zur Saatbettbereinigung Glykosphat aus (undatierte Aufnahme). Glyphosat kommt in der Regel als Nacherntebehandlung bzw. vor der Aussaat zum Einsatz. Das Pestizid dient zur Unkrautbekämpfung in der Landwirtschaft. (ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und der vollständigen Nennung der Quelle) - Foto: Steven Lüdtke/Forum Moderne Landwirtschaft/dpa
    Die EU-Kommission hat die Zulassung von Glyphosat 2017 nun um fünf Jahre verlängert. (Steven Lüdtke/Forum Moderne Landwirtschaft/dpa)
    Noch in diesem Jahr könnte es eine Hochzeit der Giganten geben: Der Chemiekonzern Bayer will den US-Saatguthersteller Monsanto übernehmen. Die EU-Kommission hat dem Kauf unter Auflagen zugestimmt.
    "Es gab einen langen Prüfungsprozess, der nun zu einem positiven Ergebnis kam. Für uns bewegt sich das in die richtige Richtung", sagt Alistair Hide, der Leiter Coporate Affairs für Europa und den Nahen Osten bei Monsanto im Exklusivinterview mit dem Europastudio Brüssel.
    Für die Übernahme des US-Unternehmens Monsanto durch Bayer müssen auch noch die Behörden in den Vereinigten Staaten zustimmen. Umweltschützer befürchten große Nachteile für Landwirte und die Umwelt, wenn nur noch wenige große Konzerne den Markt für Saatgut und Unkrautvernichter beherrschen.
    "Das wird in Zukunft viele Veränderungen in der Landwirtschaft mit sich bringen, wenn nur noch die großen Chemiekonzerne bestimmen, was die Landwirte dann säen und welche Mittel sie verwenden", meint der Grünen-Europapolitiker Martin Häusling.
    Der Streit um Glyphosat
    Der bekannteste Unkrautvernichter, den Monsanto herstellt, basiert auf dem Wirkstoff Glyphosat. In der öffentlichen Meinung das derzeit wohl umstrittenste Totalherbizid.
    "Wenn es etwas gibt, an dem wir möglicherweise selbst schuld sind, dann ist es, das wir offenbar nicht genug kommuniziert haben", gesteht Alistair Hide von Monsanto ein. Ein Problem sei, dass Gegner sehr effektive Kampagnen gegen das Unternehmen gefahren hätten.
    Immer wieder geht es um die Frage, wie gefährlich Glyphosat tatsächlich ist. Die Europäische Chemikalienagentur ECHA kam vor einem Jahr in ihrer Neubewertung zu dem Ergebnis, dass Glyphosat nicht als krebserregend eingestuft werden kann, aber ernsthafte Schädigungen der Augen hervorrufen kann und giftig für Lebewesen im Wasser ist.
    "Wenn man sich die mehr als 800 Studien anschaut, die Regulierungsbehörden weltweit gesichtet haben, dann gibt es wirklich keine Bedenken mit Glyphosat", argumentiert Monsanto-Sprecher Alistair Hide. [*]
    Glyphosat sei effektiv, im Gebrauch vergleichsweise sicher und kostensparend für Landwirte. Selbst, wenn man Glyphosat vom Markt nehmen würde, müsse man die Frage beantworten, womit man den Wirkstoff ersetzen könne, meint der Monsanto-Sprecher. "Die Kontrolle von Unkraut ist wichtig, denn Unkraut konkurriert mit Saatgut um Wasser und Nährstoffe im Boden. Und am Ende müsste man wohl mehr Unkrautvernichter verwenden, um gleiche Erntemengen zu erzielen", sagt Alistair Hide.
    Optimistisch hinsichtlich einer Verlängerung der Glyphosat-Zulassung
    Umweltschützer fordern, dass Landwirte ihre Felder umpflügen, statt Unkrautvernichter zu versprühen. Doch gerade bei großen Ackerflächen ist das aufwendig und dadurch kostenintensiv.
    "Wir brauchen einen Umbruch in der konventionellen Landwirtschaft weg von der Chemie", fordert der Grünen-Politiker Martin Häusling: "Wir sollten darüber reden, ob eine Anwendung von einem Mittel, was alle grünen Pflanzen abtötet, noch in die Zeit passt."
    Die Zulassung von Glyphosat in Europa wurde im vergangenen Jahr um fünf Jahre verlängert - also bis 2022. Die notwendige Mehrheit bei der Abstimmung wurde durch den Alleingang von Ex-Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt erreicht.
    Alistair Hide von Monsanto geht davon aus, dass die Nutzung von Glyphosat auch danach in Europa erlaubt sein wird, weil sich seiner Ansicht nach die Sicherheitsbewertung des Wirkstoffs bis dahin nicht ändern werde.
    Bis dahin wird es den US-Saatguthersteller Monsanto voraussichtlich nicht mehr geben. Er wird dann wohl Teil des neuen Mega-Konzerns Bayer sein, der Saatgut und Unkrautvernichter aus einer Hand anbietet.

    [*] Anmerkung der Redaktion: An dieser Stelle wurde die Übersetzung des Zitats korrigiert.