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Vorerst gerettet

Das Ergebnis war mit Spannung erwartet worden. Am Ende stand fest: Die Gegner der Euro-Rettung sind gescheitert. Dennoch dürfte die noch knapp zwei Jahre dauernde Legislaturperiode für die FDP keine leichte Zeit werden. In der Wählergunst liegt sie laut Umfragen derzeit nur bei vier Prozent. Die Regierungsverantwortung hat ihr nicht gut getan.

Von Stefan Maas, Christiane Wirtz und André Zantow | 16.12.2011
    Als Philipp Rösler am Mittag im Thomas-Dehler-Haus vor die Presse tritt, erschlägt er die anwesenden Journalisten zunächst einmal mit Zahlen.

    "Es wurden 64.508 Mitglieder befragt, das notwendige für das Quorum zu erreichenden Zahl der Stimmen waren 21.503 Stimmen, also 33,3 Prozent wären notwendig gewesen für das Quorum."

    Am Ende aber steht das Ergebnis fest: Die liberalen Gegner der Euro-Rettung sind gescheitert. Bei dem Mitgliederentscheid der FDP hat mehr als die Hälfte der Teilnehmer für den Antrag von Parteichef Philipp Rösler gestimmt.

    "Die FDP ist und bleibt eine Partei, klar ausgerichtet pro-europäisch mit der notwendigen ordnungspolitischen Vernunft."

    Der Tag hätte für Philipp Rösler auch ganz anders enden können. Denn auch er wird sich an jenen Nachmittag vor fast genau 16 Jahren erinnern. Damals hatte die FDP ihre Mitglieder schon einmal abstimmen lassen, der Große Lauschangriff stand zur Diskussion. An jenem 14. Dezember 1995 verkündete der amtierende Generalsekretär Guido Westerwelle das Ergebnis: Die Basis wollte den Lauschangriff. Und stellte sich damit gegen die Parteispitze. Denn schon mehrere Parteitage hatten sich zuvor gegen dieses Fahndungsinstrument ausgesprochen. Was daraus folgte, war ein Rücktritt aus Überzeugung:

    "Damit hat die FDP-Basis der FDP-Bundestagsfraktion und dem federführenden Justizministerium den Auftrag erteilt, über die Einführung des großen Lauschangriffs mit dem Koalitionspartner CDU/CSU Verhandlungen zu führen. Da ich aus Überzeugung diese Änderung der bisherigen liberalen Rechtspolitik ablehne, kann ich die von den Mitgliedern mehrheitlich getroffene Entscheidung nicht im Interesse der FDP glaubwürdig vertreten und umsetzen."

    Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zog sich zurück und kämpfte später vor dem Bundesverfassungsgericht für die – ihren Maßstäben genügende - liberale Justizpolitik. Gemeinsam mit Burkhard Hirsch und Gerhart Baum reichte sie gegen den Großen Lauschangriff Verfassungsbeschwerde ein, der zumindest teilweise stattgegeben wurde. Für den liberalen Rechtspolitiker Burkhard Hirsch eine späte Genugtuung.

    "Damals wurde dieser Entscheid zum Lauschangriff eingeführt, um meine damalige Position, die Ablehnung des Lauschangriffs, zu unterminieren und das hat Erfolg gehabt. Heute war ja der Antrag A, den Schäffler, ich und andere unterstützt haben, der war ja gegen die bisherige Linie des Bundesvorstandes gerichtet. Und das ist, glaube ich, zum ersten Mal in dieser Form gemacht worden. Und da muss ich sagen, hat das Verfahren nach meinem Eindruck an manchen Unvollkommenheiten gelitten. Das war in Teilen nicht fair."

    Burkhard Hirsch ist einer derjenigen FDP-Politiker, die den jüngsten Mitgliederentscheid auf den Weg gebracht haben. Nicht fair sei es gewesen, so sagt er, dass der Parteivorstand für den eigenen Antrag – also den Antrag B – warb und dafür die Adressverzeichnisse der Partei nutzte. Den Gegnern der Euro-Rettung blieben diese Verzeichnisse verwehrt. In die Kategorie "unfair" falle auch die voreilige Äußerung des FDP-Parteichefs zum Ausgang des Mitgliederentscheids. Denn Philipp Rösler hatte schon am vergangenen Wochenende gegenüber der "Bild am Sonntag" erklärt, dass der Mitgliederentscheid scheitern werde – im Zweifel am Quorum. Als aber der Mitgliederentscheid entschieden ist, geben sich die Euro-Rebellen als faire Verlierer. Es sei nun an der Zeit, sagte Frank Schäffler heute Nachmittag, dass sich die FDP nicht weiter mit sich selbst, sondern mit dem politischen Gegner auseinandersetze. Dazu wolle er "ausdrücklich" seinen Beitrag leisten. Und auch Burkhard Hirsch zeigt, dass er verlieren kann.

    "Ich will keinen neuen Mitgliederentscheid, obwohl ich, wie gesagt, an Manchem etwas auszusetzen habe. Ich möchte, dass die abgegebenen Stimmen korrekt ausgewertet worden sind und dann ist es für dieses Mal genug. Ich möchte allerdings, dass dann für die Zukunft ein Verfahren so festgeschrieben wird, wie es einer liberalen Partei würdig ist."

    Und dazu müsse das Verfahren vereinfacht werden, sagt Burkhard Hirsch. Wer sich an diesem jüngsten Entscheid beteiligen wollte, brauchte ein Exemplar der Zeitschrift "elde". Diese Zeitschrift bekommen Mitglieder der FDP in der Regel zugeschickt. In zehn Schritten ist auf der FDP-Seite im Internet erklärt, wie der Stimmzettel auszufüllen und einzutüten ist. Nicht zu vergessen: die separat abzugebende Versicherung, dass der Absender FDP-Mitglied ist. Eben diese Erklärung aber hatte in vielen Briefen gefehlt – wodurch viele abgegebenen Stimmen ungültig wurden.

    "Aber das Ergebnis ist ja doch klar. Wenn eine so hohe Zahl von Mitgliedern ungültige Stimmen abgegeben haben, dann kann ja an der Darstellung etwas nicht in Ordnung gewesen sein, oder?"

    Diese Abstimmung mag für die Gegner der Euro-Rettung verloren sein. Burkhard Hirsch aber hält daran fest, dass es richtig war, die Basis nach ihrer Meinung zu fragen. Er, der schon seit Jahrzehnten für die liberale Rechtspolitik der FDP steht, hält die geringe Beteiligung an der Abstimmung für alarmierend. Denn damit offenbare sich ein Demokratiedefizit – nicht nur in der FDP.

    "Ich glaube, dass die politische Führung dieses Landes den Kontakt mit ihrer eigenen Basis doch zu sehr vernachlässigt hat. Wenn Sie sich daran erinnern, dass alle europapolitischen Entscheidungen der letzten Jahre, die ja tief greifende Veränderungen unserer Verfassung bedeutet haben, unseres Rechts- und Finanzwesens, dass die alle ohne unmittelbare Beteiligung der Bevölkerung durchgezogen worden sind. Man hat ja Volksabstimmungen gerade zu gemieden, wie der Teufel das Weihwasser."

    Volksabstimmungen sparen sich deutsche Politiker bislang. Denn es reicht ihnen schon, ihre Wähler vor Bundes- oder Landtagswahlen von ihren Argumenten zu überzeugen.

    "Wir brauchen faire Steuern, damit sich Leistung in Deutschland wieder lohnt."

    Fast gebetsmühlenartig wiederholt der damalige FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle diesen Satz bei jeder sich bietenden Gelegenheit. In der Opposition als Kritik an der Finanzpolitik der rot-grünen Bundesregierung, später dann auch an der der Großen Koalition. Im Wahlkampf 2009 ist sein "Leistung muss sich wieder lohnen"-Satz das große Versprechen, mit dem die Liberalen die Wähler anlocken wollen, die genug davon haben, immer mehr zu zahlen an einen Staat, der Banken stützt und die ersten riesigen Konjunkturpakete schnürt.

    Die Wähler kommen bei der Bundestagswahl Ende September 2009 in Scharen und bescheren der FDP das beste Ergebnis in der Parteigeschichte: 14,6 Prozent. Die Liberalen sind dort, wo sie wieder hinwollten, - zurück an der Macht. In der schwarz-gelben Regierung von Angela Merkel stellen sie fünf Minister. Die FDP im September 2009 ist erfolgreich und selbstbewusst. Nun sieht sie die Zeit gekommen, endlich das große Versprechen einzulösen, dass der frisch ernannte Vizekanzler und Außenminister seit Jahren gegeben hat: runter mit den Steuern, damit sich Leistung wieder lohnt.

    "und zwar für alle, die diesen Karren in dieser Republik auch ziehen."

    Wäre da nur nicht jene kleine Formulierung, die der ebenfalls neue Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in den schwarz-gelben Koalitionsvertrag hinein verhandelt hat: "Alle Maßnahmen stehen unter Finanzierungsvorbehalt." Und plötzlich gibt es das erste Fragezeichen hinter dem großen liberalen Versprechen. Der erste Streit in der als Liebeshochzeit angekündigten Koalition aus CDU/CSU und FDP bricht vom Zaun, es soll nicht der letzte bleiben. Meistens geht es dabei um das Thema Steuersenkungen.

    Kaum ist das erste große gemeinsame Projekt beschlossen – das Wachstumsbeschleunigungsgesetz - da wird im Januar 2010 die Kritik immer lauter. Wegen der im Gesetz vorgesehenen Steuersenkungen, von denen die Hotelbranche profitiert. Eigentlich eine Idee der CSU für die heimischen Hoteliers, und doch bleibt der Vorwurf der Klientelpolitik wieder einmal an der Freien Demokratischen Partei hängen, auch wenn viele - auch an der Parteibasis - die Mehrwehrsteuersenkung selber kritisch sehen.

    Dieser Schreck ist noch nicht überwunden, da sorgt Parteichef Guido Westerwelle für den nächsten Ärger. Noch immer mit dem Schwung der Oppositionsrhetorik sagt er in der Debatte um den Bezug von Hartz-IV-Leistungen: Zitat "Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein." Birgit Homburger, damals Fraktionschefin im Bundestag, verteidigt im Deutschlandfunk ihren Parteichef:

    "Man muss in diesem Land auch noch mal sagen dürfen, dass Wohlstand nicht nur verteilt werden kann. Sondern, dass er zunächst einmal hart erarbeitet werden muss, und zwar von denen, die einer Arbeit nachgehen und Steuern bezahlen."

    Westerwelle selbst reagiert gewohnt kämpferisch:

    "Ihr kauft mir den Schneid nicht ab."

    Die Kanzlerin aber rügt ihren Vize öffentlich, die Kritik in den eigenen Reihen am Parteichef wird immer lauter. Denn Westerwelle findet sich nur schwer in seine neue Rolle als Außenminister. In einer Wikileaks-Veröffentlichung aus der US-Botschaft wird später zu lesen sein, Westerwelle sei als Außenminister inkompetent.

    "Dr. Westerwelle. James Morrisey from the BBC. If I may ask a question in English and you would be so kind as to answer in English…"
    "Wenn Sie bitte so freundlich wären, weil das eine Pressekonferenz in Deutschland ist.”"

    Auch die versprochenen Steuersenkungen lassen noch immer auf sich warten. Denn die schwarz-gelbe Koalition hat viele Reformen mit Blick auf die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen verschoben. Die Umfragewerte – es verwundert nicht - sinken beständig. Als im Mai des vergangenen Jahres dann die NRW-Wahl für Schwarz-Gelb verloren geht, und damit auch die Mehrheit im Bundesrat weg ist, verkündet die Kanzlerin: Jetzt wird es nichts mehr mit den Steuersenkungen. Für Westerwelle und Co. ein Schock: Denn den Liberalen kommt das einzige Thema abhanden, mit dem sie in der Öffentlichkeit noch identifiziert werden.

    Erste Forderungen werden öffentlich, Westerwelle solle wegen der Doppelbelastung als Parteichef zurücktreten. Doch es sind erst die schweren Verluste bei den Landtagswahlen im Frühjahr 2011, die Guido Westerwelle nach zehn Jahren als Parteivorsitzender politisch das Genick brechen: In Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz scheitert die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde, in Baden-Württemberg, dem liberalen Stammland, halbiert sie ihr Ergebnis und schafft es mit 5,3 Prozent nur knapp wieder ins Parlament. Jetzt ist es Zeit, zu handeln.

    Die Jungen müssen übernehmen. Die sogenannte Boygroup - Generalssekretär Christian Lindner, Gesundheitsminister Philipp Rösler und der NRW-Vorsitzende Daniel Bahr - bewegt ihren Mentor Westerwelle im April zum Rückzug:

    ""Ich kann ihnen sagen, dass mir diese Entscheidung einerseits sehr schwer, andererseits aber auch leicht fällt, weil eine ganze Anzahl auch von jungen Persönlichkeiten bereitsteht, auch in die Führung der Partei aufzurücken und die Führung der FDP zu übernehmen."

    Für diesen recht glatten Abgang darf Westerwelle Außenminister bleiben, auch wenn manche in der Partei gerne ganz ohne ihn weiter gemacht hätten. Das ist aber nicht die einzige Personalie: Daniel Bahr wird neuer Gesundheitsminister. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle folgt Birgit Homburger als Fraktionschef im Bundestag. Philipp Rösler wird Wirtschaftsminister und wird im Mai auf dem Parteitag in Rostock zum neuen Vorsitzenden gewählt:

    "Die Menschen wollen von uns vor allem Ergebnisse – liberale Ergebnisse. Ich füge hinzu: und das zu Recht. Liebe Wählerinnen und Wähler, ab heute wird die FDP liefern."

    Und dann kommt es wieder: das große Versprechen - Steuersenkungen. Liefern wird die Partei in den kommenden Monaten aber nur eins: drei weitere schwere Wahlniederlagen, drei Mal Abschied aus den Landesparlamenten in Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Bremen. Der Stuhl des neuen Hoffnungsträgers wackelt, bevor er ihn richtig warm gesessen hat. Zu allem Überfluss kündigt die Gruppe um den euro-kritischen Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler im Oktober ihren Mitgliederentscheid an. Der macht der Partei, die in den Umfragen rund zwei Jahre nach der erfolgreichen Bundestagswahl, konstant unter fünf Prozent liegt, schwer zu schaffen. Denn allen ist klar. Verliert die Parteiführung, verliert die Partei den nächsten Vorsitzenden. Zunächst aber verliert sie ein anderes junges Talent. Am Mittwoch tritt Generalsekretär Christian Lindner überraschend zurück:

    "Es gibt den Moment, in dem man seinen Platz freimachen muss, um eine neue Dynamik zu ermöglichen. Die Ereignisse der letzten Tage und Wochen haben mich in dieser Einschätzung bestärkt."

    Er entschuldigt sich für nichts, übernimmt keine Verantwortung, geht einfach mit einem "Auf Wiedersehen". Es war wohl nicht nur die Kritik an der schlechten Organisation des Mitgliederentscheids, die Lindner auf den Tag genau zwei Jahre nach Amtsantritt gehen lässt. Immer wieder ist zu hören, dass es Philipp Rösler nie gelungen ist, aus der sogenannten Boygroup ein richtiges Team zu schmieden.

    Knapp zwei Jahre dauert die Legislaturperiode noch. Für die FDP dürfte das keine leichte Zeit werden. Laut ZDF-Politbarometer liegt sie in der Wählergunst, wie die Piratenpartei, bei vier Prozent. Der Einzug in den nächsten Bundestag ist äußerst fraglich. Die Regierungsverantwortung hat ihr nicht gut getan. Im Gegensatz zur Union. Sie rangiert konstant bei 34 Prozent und braucht daher nach wie vor einen Mehrheitsbeschaffer. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt setzt deshalb auch weiterhin auf die Liberalen.

    "Selbstverständlich ist die FDP ein verlässlicher Partner. Sie ist unser natürlicher Partner im bürgerlichen Lager. Da wird sich auch nichts daran ändern. Und die haben jetzt die besten Chancen, sich auch mit einem neuen Generalsekretär wirklich gut aufzustellen. Da braucht es auch ein paar neue Inhalte. Das ist wahr. Da muss es auch Diskussionen geben."

    Diskutiert hat die FDP in den letzten Monaten ausreichend. Nur haben die Gespräche scheinbar nicht gefruchtet. Nur 54 Prozent der abgegebenen Stimmen unterstützen den europapolitischen Kurs der Parteiführung. Das ist auch ein Nackenschlag für die Bundesregierung. In der CDU hat Angela Merkel die Mitglieder ohne Befragung auf Linie gebracht. Es gab kein Murren, nur wenig Kritik. Das habe die FDP-Spitze nicht geschafft, sagte Michael Meister im rbb. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion sieht darin auch eine Beschädigung der Koalition.

    "Ich hätte mir schon gewünscht, dass in den letzten drei Monaten, bei dem Mitgliederentscheid, die Parteiführung etwas engagierter um ihren Kurs gekämpft hätte, und deutlich gemacht hätte, dass es auch ihr um eine inhaltlich klare Position geht. Und ich glaub' die FDP-Führung und die FDP muss einfach auch deutlich in der Öffentlichkeit um die Position, die diese bürgerliche Regierung vertritt, kämpfen."

    Die Beteiligung an der Abstimmung war gering, und so stimmten letztlich nur 17 Prozent aller FDP-Mitglieder für den Antrag der Parteiführung. Eine breite Unterstützung sieht anders aus. FDP-intern könnte ein Sonderparteitag im kommenden Jahr alle Probleme des Mitgliederentscheides aufarbeiten. So hieß es heute in der Sitzung des FDP-Bundesvorstandes.

    Mit einem blauen Auge geht die Regierung aus diesem FDP-Mitgliederentscheid. Es hätte schlimmer kommen können. Die Euro-Skeptiker um Frank Schäffler hätten die Mehrheit erringen können. Dann wäre der FDP-Vorsitzende Rösler wohl nicht mehr zu halten gewesen. Neuwahlen forderte die Opposition für diesen Fall.

    Nun hätten sich die "Hoffnungen der rot-rot-grünen Opposition eindrucksvoll zerschlagen", freute sich am Nachmittag CSU-Politiker Hans Michelbach. Das Vorstandsmitglied der Unionsfraktion betonte, die "Linie der Vernunft" hätte sich durchgesetzt. Die bürgerliche Koalition sei weiterhin handlungsfähig und müsse nun die Vorhaben des Brüsseler EU-Gipfels zügig umsetzen.

    Die Opposition will den FDP-Mitgliederentscheid nicht so schnell zu den Akten legen. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles verweist auf die knappe Mehrheit von 54 Prozent für den Antrag der Parteiführung.

    "Der Mitgliederentscheid der FDP zeigt, die FDP ist in einer zentralen Frage tief gespalten. Und damit steht auch die gesamte Europapolitik der Bundeskanzlerin und der Bundesregierung auf tönernen Füßen."

    Andrea Nahles prophezeit den Liberalen weitere Chaostage. Auch Jürgen Trittin legt den Finger in die Wunde und betont die fehlende Zustimmung für die Führung in der FDP. Dem Fraktions-Vorsitzenden der Grünen sind elftausend Unterstützer von 65 Tausend FDP-Mitgliedern zu wenig.

    "Wenn Rösler und Co gerade mal ein Sechstel der Partei für ihre Position mobilisieren konnten, dann ist das blamabel."

    Die Führungskrise der Partei ist seiner Ansicht nach nicht behoben, sondern verschoben. Das wirke sich auch auf die Arbeit der Regierung aus.

    "Das Abstimmungsergebnis heißt aber vor allem: Fast die Hälfte der noch aktiven FDP-Mitglieder lehnt die Europapolitik der Bundeskanzlerin ab. Damit ist die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung in dieser zentralen Frage, tatsächlich infrage gestellt."

    Peter Altmaier sieht das anders. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion zeigt sich erleichtert. Nach der Ergebnis-Verkündung sagte Altmaier der "Saarbrücker Zeitung", die FDP bleibe eine pro-europäische Partei.

    Damit läge sie weiterhin auf dem Kurs der Union und auch der deutschen Bevölkerung. Denn nach den Ergebnissen des heutigen ZDF-Politbarometers unterstützen 91 Prozent der Befragten die EU-Gipfel-Beschlüsse und damit den Kurs der Regierung. Wenn die FDP der Union in diesem Punkt folgt, steuert sie somit weiter in die Mitte der Gesellschaft. Ein klares Profil dürfte dabei aber auf der Strecke bleiben. Wer wählt die kleine Kopie, wenn er das große Original haben kann?

    Auch in der Regierungs-Verantwortung gilt es nun für die FDP Themen zu finden, die sie klar von der Union abgrenzen. Nur das kann die Freien Demokraten im kommenden Jahr aus der Krise führen. Der Kurs von Frank Schäffler hätte die Möglichkeit der Abgrenzung zwar geboten. Aber nur in der Opposition.