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Wachstum ja - Arbeitsplätze nein

Die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit OECD stellt fest: Die wirtschaftliche Lage hat sich gebessert - und das nicht nur in Deutschland. Doch bei den Arbeitsmarktzahlen macht sich die Wende weltweit noch nicht bemerkbar.

Von Anja Nehls | 22.05.2012
    Die Aussichten für die Wirtschaft in Deutschland sind gut. Auch weltweit hat sich die Lage verbessert, besonders weil sich viele Schwellenländer erholt haben und zum Beispiel in den Vereinigten Staaten die Wirtschaft deutlich expandiert. Aber: Das ganze System ist instabil: Grund dafür sind die Probleme in der Eurozone – insbesondere die hohen Schulden zum Beispiel von Spanien, Italien und Griechenland. Andreas Wörgötter von der OECD sieht darin eine große Gefahr:

    "Also das große Risiko in der Eurozone ist, dass es einen negativen Rückkoppelungsmechanismus zwischen Budgetkonsolidierung und Wirtschaftswachstum gibt, aufgrund eines misslungenen Versuchs, Vertrauen wieder herzustellen. Daher halten sich die Konsumenten zurück, die Unternehmen investieren nicht und es werden keine neuen Arbeitsplätze geschaffen."

    Gerade die Schaffung von Arbeitsplätzen wäre aber dringend nötig, um die Krise zu überwinden.

    "Im Grunde ist es ja relativ einfach. Sie können das Budget nur konsolidieren, wenn alle Menschen, die Arbeit suchen auch tatsächlich Arbeit finden. Das heißt also, wenn eben der Arbeitsmarkt im Wesentlichen immer für Vollbeschäftigung sorgt."

    Der Eurozone drohe sonst ein wirtschaftlicher Rückgang von bis zu zwei Prozent, meint die OECD. Damit die Krise nicht auf die Weltwirtschaft überschwappt, müssten Regierungen und die Europäische Zentralbank schnell Maßnahmen ergreifen:

    "Strukturreformen, die ein wachstumsfreundliches Umfeld schaffen – das kann in jedem Land anders ausschauen – Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte, das heißt nicht nur die Lasten verteilen in Form von Arbeitslosigkeit, das ist die ungerechteste Form von Krisenanpassung, die man sich vorstellen kann und neue Wachstumsimpulse sichern durch die Berücksichtigung von ökologischer Nachhaltigkeit, wodurch also neue Märkte geschaffen werden können, neue Produkte entstehen können und neue Beschäftigung möglich wird."

    In Deutschland haben entsprechende Maßnahmen seit dem Jahr 2000 Stück für Stück zum Erfolg geführt. Die Konsumenten haben wieder mehr Vertrauen in die Wirtschaft, sparen weniger und geben mehr Geld aus. Deutschland ist es gelungen, die Wettbewerbsfähigkeit im Export wiederherzustellen, aber die deutsche Wirtschaft sollte auf zwei Beinen stehen, meint Andreas Wörgötter:

    "Im Augenblick ist es etwas unbalanciert, weil Deutschland einer dualen Wirtschaft gleicht, mit einem sehr erfolgreichen Exportsektor, der ist innovativ, wettbewerbsfähig, produktiv, schafft Arbeitsplätze. Weniger dynamisch entwickelt sich die heimische Wirtschaft, der Dienstleistungssektor und daher hat Deutschland als Ganzes eine relativ niedrige Trendwachstumsrate,"

    Die Arbeitslosenquote in Deutschland ist dabei weiter gesunken, auf 5,2 Prozent, das ist ein historischer Tiefstand. Das Einkommen der privaten Haushalte ist gestiegen und das Haushaltsdefizit gesunken. Auch 2013 rechnet die OECD mit einem Wirtschaftswachstum in Deutschland von zwei Prozent.

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