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Wälder voller Nanoröhrchen

Raumfahrt. - Von einem Aufzug in den Weltraum träumen nicht nur Science-Fiction-Fans sondern auch Raumfahrtingenieure. Solch ein Transportmittel in den Weltraum würde genau das leisten, wozu heute Wegwerfraketen verwandet werden: Nachschub zu einer Raumstation befördern. Von den Kosten einmal ganz abgesehen, hapert es derzeit noch an der technischen Umsetzung. Gebraucht werden Seile, die extrem leicht und dabei extrem stabil sind. Im texanischen Dallas wird daran geforscht.

Von Guido Meyer | 03.05.2013
    Im Weltraum ist es leise, um nicht zu sagen: völlig still. Wer auf der Erde das Vakuum des Alls nachstellen will, dem gelingt dies nicht, ohne Krach zu machen.

    "Um unsere Messungen möglichst wirklichkeitsgetreu durchzuführen, experimentieren wir mit unseren Proben in einer Vakuum-Kammer. Den Krach, den wir hier hören, machen also unsere Pumpen, die die Luft aus der Kammer saugen."

    Nathaneal Myer arbeitet am NanoTech Institute, das zur Universität von Texas in Dallas gehört. "Nano" bedeutet so viel wie "klein", und das sind die Proben, mit denen es die Ingenieure hier zu tun haben: so genannte Kohlenstoffnanoröhrchen, nur wenige Nanometer lange Röhrchen aus Kohlenstoff.

    "Ein Nanometer verhält sich zu einem einen Meter-langen Stock so wie eine Murmel zur gesamten Erdkugel. Diese winzigen Kohlenstoffzylinder haben aber bemerkenswerte mechanische Eigenschaften. Sie sind zehnmal stärker als jedes Garn, das Menschen derzeit herstellen können. Wenn wir die einzelnen Röhrchen jedoch aneinanderfügen, verlieren wir leider mechanische Stärke. Wir arbeiten derzeit daran, die einzelnen Kohlenstoffnanoröhrchen stabiler zu machen, damit auch letztlich unser Garn stabiler wird."

    Ray Baughman ist der Chef des NanoTech Institutes. Derzeit erreichen individuelle Röhrchen eine Stärke von bis zu 50 Gigapascal. Das entspricht dem 500.000fachen Druck der Erdatmosphäre. Für jedes Kilogramm Garn müssen Milliarden individueller Kohlenstoffnanoröhrchen miteinander verbunden werden. Ray Baughman demonstriert im Labor eine der Möglichkeiten: Die Bausteine werden nicht einzeln herangezüchtet, sondern in einem regelrechten Wald, einem Wald aus Kohlenstoffnanoröhrchen.

    "Stellen Sie sich einen Bambus-Wald vor. Die Kohlenstoffnanoröhrchen sind die Bäume in diesem Wald. Dann ziehen wir einzelne Lagen dieser Röhrchen heraus und verdrehen sie so, dass daraus eine Art Garn wird. Millionen dieser Röhrchen sind in diesem Wald so angeordnet, dass sie aneinander hängen und sich selbst zu einem Garn fügen, wenn eine Lage herausgezogen wird. Dieses Garn können wir dann zu Fasern verdrillen."

    Für das Aneinanderhängen der einzelnen Röhrchen sorgt die van-der-Waals-Kraft, die auf den Anziehungskräften zwischen einzelnen Atomen dieser Kohlenstoffnanoröhrchen entsteht.

    "Wenn wir diese individuellen Röhrchen verflechten, nimmt die Gesamtstärke des Garns ab. Das liegt unter anderem daran, dass die Röhrchen sich gegeneinander verschieben. Außerdem dehnen sie sich bei Belastung nicht alle gleichförmig. Diejenigen, die zu viel Last tragen, brechen dann. Derzeit sind wir um einen Faktor zehn zu schwach, um daraus zum Beispiel ein stabiles Seil für einen Weltraumfahrstuhl zu bauen."

    Die Ergebnisse des NanoTech Institutes werden sehnsüchtig erwartet. Schon stehen Unternehmen wie die amerikanische Firma LiftPort bereit, um die Idee eines Aufzugs ins All umzusetzen

    Hinweis: Zu ungewöhnlichen Geschäftsideen für den Weltraum sendet der Deutschlandfunk am Sonntag, 5. Mai, 16:30 Uhr, in der Sendung "Wissenschaft im Brennpunkt" das Feature Zechen auf dem Mond.