Dienstag, 16. April 2024

Archiv

Wagenpark des Vatikans
Die mobilen Päpste

Papst Franziskus fährt Kleinwagen, Papst Pius XI. hingegen möchte schnelle und elegante Autos. Früher war das anders: Da waren Päpste in Kutschen und Sänften unterwegs. Im Vatikan erzählt ein eigenes Museum die Geschichte päpstlicher Mobilität.

Von Thomas Migge | 07.08.2017
    Papst Franziskus wird von den Menschen in Havanna bejubelt
    Das heutige Papamobil hat viele Vorgängermodelle (picture-alliance / dpa / Ernesto Mastrascusa)
    Dunkelrot, mit einem Stich ins Bräunliche, und ungemein elegant. So präsentiert sich der Citroën Lictoria C6 aus dem Jahr 1930. Eine Luxuslimousine. Der offizielle Dienstwagen von Papst Pius XI., geboren als Achille Ambrogio Damiano Ratti. Er mochte Autos, vor allem schnelle und elegante Autos. Von außen verweisen nur die Türklinken auf den ganz besonderen Fahrgast: Sie zeigen, vergoldet natürlich, die Schlüssel von Sankt Peter - das Symbol des Kirchenstaates. Ganz anders als das moderne Außen ist dieses Auto innen gestaltet: mit vergoldeten Schnörkeln überall und einem überaus reich verzierten Sessel, der eher einem mobilen Thron gleicht.
    Prächtige Karossen für den Papst
    Repräsentation und Mobilität - die doppelte Bestimmung der Papamobile (Jan-Christoph Kitzler)
    Das "Papamobil" von Papst Pius XI. steht im Mittelgang des "Padiglione delle Carrozze", ein Ort der Vatikanischen Museen, der - unbegreiflicherweise - nur selten besucht wird. Der Kunsthistoriker Sandro Barbagallo, innerhalb der Vatikanischen Museen für die historischen Sammlungen verantwortlich, kümmert sich auch um den musealen Wagenpark:
    "Das hier ist ein recht ungewöhnlicher Ort. Wir zeigen, wie sich die verschiedenen Fortbewegungsmittel der Päpste entwickelt haben. Ausgehend von päpstlichen Sänften und Prachtsatteln, über Kutschen bis hin zu modernen Autos"
    "Sogar alte Päpste sind geritten"
    Am Eingang in das Museum fallen zahlreiche Prunksattel auf: mit Goldverzierungen und Papstwappen. Die frühen Päpste, die mittelalterlichen und auch die Renaissance- und Barockpäpste, waren vor allem Reiter, sagt Sandro Barbagallo:
    "In jenen Epochen sind sogar alte Päpste auf Pferden und Eseln geritten. Benedikt XIII. beispielsweise, aus dem römischen Geschlecht der Orsini, wurde mit 74 Jahren Papst. Er benutzte regelmäßig ein Pferd. Wenn Päpste das Pferd der bequemeren Kutsche vorzogen, taten sie das vor allem aus religiösen Gründen. Wie etwa Pius IV. im späten 16. Jahrhundert. Er verbot sogar allen Kardinälen das Benutzen von Kutschen. Fortan war als Transportmittel nur das Pferd erlaubt."
    Papamobil
    Die vatikanischen Kutschen wurden bei Stararchitekten der Zeit in Auftrag gegeben (Jan-Christoph Kitzler)
    Andere Päpste sahen das anders und änderten diese strenge Vorschrift. Viele von ihnen gaben bei Stararchitekten Kutschen in Auftrag. Die prächtigste dieser Papstkutschen ließ sich 1826 Papst Leo XII. bauen - in einer Zeit, in der das Reiten für Päpste als unschicklich galt. Gregor XVI. ließ diese Kutsche mit weiteren Golddekorationen verzieren, so dass sie heute das Prachtstück des "Padiglione delle Carrozze" ist. Ausgestellt werden auch bescheidenere Kutschenmodelle, die von den Päpsten des 19. Jahrhunderts genutzt wurden: ganz in schwarz gehaltene Kutschen.
    Mit dem Papamobil aus der Isolation
    1870 endete die Bewegungsfreiheit der Päpste: Rom wurde Hauptstadt des geeinten Italien. Die Päpste lebten fortan im freiwilligen Exil auf dem eher kleinen Territorium des Vatikanstaats. Diese Isolation endete 1929, nach den Lateranverträgen zwischen dem faschistischen Staat und dem Heiligen Stuhl. Sandro Barbagallo von den Vatikanischen Museen:
    "Der erste Papst, der den Vatikan wieder verließ, Papst Pius XI., um in der Johannesbasilika sein 50. Priesterjubiläum zu feiern, machte sich mit einem Automobil auf den Weg."
    Papst Johannes Paul II. fährt am 13. Mai 1981 in einem offenen Fahrzeug an einer Menschenmenge auf dem Petersplatz in Vatikanstaat vorbei und hält ein kleines Kind auf dem Arm. Wenige Augenblicke später wurde er bei einem Attentat durch mehrere Schüsse schwer verletzt. Der Attentäter, der Türke Mehmet Ali Agca, konnte kurz Zeit danach verhaftet werden. (Bild: imago stock&people / ANSA)
    Der Fiat Campagnola, in dem Johannes Paul II. unterwegs war, kurz bevor er Opfer eines Anschlags wurde, wird heute ausgestellt. Fast wie eine Reliquie (imago stock&people / ANSA)
    Fortan fuhren die Päpste mit dem Wagen. Oder genauer: ließen sich fahren, denn einige von ihnen besaßen keinen Führerschein. Die Papstautos brauchte der Vatikanstaat nicht etwa zu kaufen: Sie alle waren und sind Geschenke an die Päpste. Und so besitzt das Wagenparkmuseum viele - und auch kuriose - Modelle. Das erste Auto kam zu Beginn des Pontifikats von Pius XI. in den Vatikan, in den frühen 1920er-Jahren. Es war ein Bianchi Tipo 5 - ein Geschenk der Vereinigung katholischer Frauen der Diözese Mailand. Später kam aus den USA ein Graham Paige 837 dazu. Der erste Mercedes, eine 460 Nürnberg Limousine - entworfen von Ferdinand Porsche - war von 1930 an im Einsatz. Johannes Paul II. hingegen fuhr einen Mercedes und einen Fiat. Dieser Fiat Campagnola, ein weißes Papamobil für den Petersplatz, wird im Museum wie eine Reliquie ausgestellt: Der Papst aus Polen stand auf diesem Fahrzeug, als er 1981 Opfer eines Attentates wurde.
    Wenn das Christus sehen würde
    Am Ende des langen und breiten Korridors, in dem die Fortbewegungsmittel der Päpste ausgestellt werden, erhebt sich, auf einer Rampe unter dem Vatikansymbol mit den Schlüsseln von Sankt Peter, ein Volkswagen Käfer. Sandro Barbagallo:
    "Dieser Käfer ist ein Geschenk, 2004, an Johannes Paul II.. Er nutzte diesen Wagen nie, deshalb hat dieses Auto auch kein Nummernschild. Ein Geschenk des damaligen Präsidenten von Mexiko."
    Ein Käfer, der der letzte war, den Volkswagen in diesem Land produzierte.
    A propos Nummernschilder: Die zeigen im Kirchenstaat im Fall von Staatskarossen drei Buchstaben: SCV - abgeleitet von "Status Civitatis Vaticanae", auf Deutsch: Stadtstaat Vatikan. Die Römer übersetzen das SCV aber auch auf ihre typisch und traditionell kirchenkritische Weise als "se Cristo vedesse!" - Wenn das Christus sehen würde!