Wahl des neuen CDU-VorsitzendenWarum Laschet gewinnt - normalerweise
Wenn gilt, was jahrzehntelang galt, wird Armin Laschet zum neuen Vorsitzenden der CDU gewählt, kommentiert Stephan Detjen. Die Delegierten auf Parteitagen hätten ihr Kreuz stets hinter dem Namen gemacht, der am ehesten für Regierungserfahrung und Machterhalt stehe. Doch inzwischen sei alles möglich.
Hören Sie unsere Beiträge in der Dlf Audiothek- Die drei Kandidaten für den Bundesvorsitz der CDU: Armin Laschet, (r-l) Friedrich Merz und Norbert Röttgen (picture alliance/dpa/dpa-pool/Michael Kappeler)
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Wenn gilt, was jahrzehntelang galt, wenn die CDU noch so tickt, wie sie seit den Zeiten Konrad Adenauers getickt hat – dann wird Armin Laschet morgen Vormittag zum neuen Vorsitzenden der Partei gewählt. Dann klickt am Ende eine eher breite als schmale Mehrheit der Delegierten an ihren Bildschirmen auf den Namen desjenigen, der sich als Ministerpräsident und Vorsitzender des größten Landesverbandes bewährt hat. So haben die Delegierten bei früheren Parteitagen ihr Kreuz zuverlässig hinter dem Namen gemacht, der am ehesten für Machterhalt, Regierungserfahrung und innerparteiliche Integrationskraft stand.
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Am 16. Januar entscheidet die CDU bei einem digitalen Parteitag über einen neuen Parteivorsitzenden. Zur Wahl stehen Norbert Röttgen, Friedrich Merz und Armin Laschet, der zusammen mit Jens Spahn antritt.
Vertrauen aus Merkels Kanzlerschaft erhalten
Die Gegenrechnung wird nicht so einfach aufgehen, wie Friedrich Merz sich das erhofft: Vor zwei Jahren verpasste er den Sieg gegen Annegret Kramp-Karrenbauer nach einer schwachen Bewerbungsrede nur um knappe zwei Prozentpunkte. Ein aggressiverer Auftritt - und im zweiten Anlauf wird es klappen, glaubt Merz. Aber der Wiedergänger aus einer anderen politische Epoche funktioniert nicht mehr so wie nach seinem ersten Comeback als Projektionsfläche für die unerfüllten Hoffnungen und Sehnsüchte der Partei. Seine Attacken gegen das Establishment, zu dem bei der CDU auch die meisten Parteitagsdelegierten gehören, sein oft hochmütig wirkendes Auftreten haben viele seiner einstigen Anhänger ernüchtert.
Nach dem Corona-Jahr geht es auch nicht mehr darum, die Partei aus einem existenzbedrohenden Umfragetief zu führen. Der neue Vorsitzende wird daran gemessen werden, ob er zunächst das Vertrauen erhalten kann, dass der CDU unter Merkels Kanzlerschaft im letzten Jahr noch einmal zugewachsen ist. Es wäre deshalb nicht überraschend, wenn Merz dieses Mal deutlicher scheitert als 2018 in Hamburg.
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Eingeschränkte Experimentierfreude
Fast noch eher möglich erschien es zuletzt, dass sich im ersten Wahlgang Norbert Röttgen gegen Laschet durchsetzt und dann in der Stichwahl die Anhänger des NRW-Ministerpräsidenten hinter sich versammelt. Mehr als seine beiden Mitbewerber profitierte Röttgen von der Verschiebung des Parteitages und avancierte im digitalen Wahlkampf vom Außenseiter zum ernst genommenen Kandidaten. Aber Äußerungen, die als Absage an eine mögliche Koalition mit der FDP verstanden wurden, dürften Röttgen am Ende noch einmal Stimmen gekostet haben.
Auch für ihn gilt: Die Delegierten der CDU entscheiden anders als die breite Basis fühlt. Abgeordnete, Bürgermeister und Funktionsträger in Parteigremien, die morgen wählen, werden dabei an die eigenen Aussichten denken und fragen, wer am Ende das eigene Amt oder Mandat am ehesten sichert. Da hört die Experimentierfreude bei der CDU normalerweise auf. Das war jedenfalls immer so. Es galt so sicher, wie es einst als sicher erschien, dass die Briten nicht für den Brexit und die Amerikaner nicht für Trump stimmen. Die Zeiten solcher Gewissheiten sind vorbei. Die Grenzen des Möglichen sind verschoben. Auch bei der CDU ist deshalb morgen alles möglich.
Stephan Detjen (Deutschlandradio / Bettina Straub)Stephan Detjen, Chefkorrespondent von Deutschlandradio. Studierte Geschichtswissenschaft und Jura an den Universitäten München, Aix-en-Provence sowie an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer. Rechtsreferendariat in Bayern und Redakteur beim Bayerischen Rundfunk. Seit 1997 beim Deutschlandradio, zunächst als rechtspolitischer Korrespondent in Karlsruhe. Ab 1999 zunächst politischer Korrespondent in Berlin, dann Abteilungsleiter bei Deutschlandradio Kultur. 2008 bis 2012 Chefredakteur des Deutschlandfunk in Köln. Seitdem Leiter des Hauptstadtstudios Berlin sowie des Studios Brüssel.