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Wahl in Griechenland
Klarer Sieg für Linkspartei Syriza

Bei der Parlamentswahl in Griechenland ist die Linkspartei Syriza mit großem Abstand stärkste Kraft geworden. Erste Hochrechnungen sehen sie mit 36,5 Prozent der Stimmen um mehr als acht Punkte vor den regierenden Konservativen. Auch eine absolute Mehrheit im Parlament wäre möglich.

25.01.2015
    Syriza-Chef Alexis Tsipras am Wahlabend vor seinen Anhängern in Athen.
    Syriza-Chef Alexis Tsipras am Wahlabend vor seinen Anhängern in Athen (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Ersten Hochrechnungen zufolge kommt die Partei von Alexis Tsipras, das Bündnis der radikalen Linken (Syriza), auf 36,5 Prozent der Stimmen. Die bislang regierenden Konservativen unter Antonis Samaras erhielten demnach 27,7 Prozent. Dahinter liegt die rechtsradikale Goldene Morgenröte mit 6,3 Prozent. Die proeuropäische Partei der politischen Mitte, To Potami (Der Fluss), kommt demnach auf 5,9 Prozent. Die bislang mitregierenden Sozialisten landen mit großen Verlusten bei 4,8 Prozent.
    Syriza-Parteichef Alexis Tsipras sagte in Athen, mit der Wahl habe das Volk Geschichte geschrieben. Nun lasse Griechenland die Zeit der Einsparungen und der Erniedrigung hinter sich. Der scheidende Ministerpräsident Samaras, räumte seine Niederlage ein und gratulierte Syriza zum Wahlsieg. Samaras äußerte die Hoffnung, dass die künftige Regierung nicht die Mitgliedschaft Griechenlands in der Währungsunion gefährden werde.
    Jubel auf der Syriza-Wahlparty in Athen: Erste Hochrechnungen sehen das Linksbündnis knapp vor der absoluten Mehrheit. 
    Jubel auf der Syriza-Wahlparty in Athen: Erste Hochrechnungen sehen das Linksbündnis knapp vor der absoluten Mehrheit. (AFP PHOTO / DIMITAR DILKOFFLOUISA GOULIAMAKI)
    Erste Prognosen nach Schließung der Wahllokale sahen Syriza zwischen 35,5 bis 39,5 Prozent der Stimmen. Das entspricht 146 bis 158 der insgesamt 300 Sitze im Parlament. Die Mehrheit liegt bei 151 Sitzen. Zweitstärkste Kraft wurde den Prognosen zufolge die Nea Dimokratia des bisherigen Ministerpräsidenten Antonis Samaras, die 23 bis 27 Prozent der Stimmen erhält. Auch das Kopf-an-Kopf-Rennen um den dritten Platz zwischen den Rechtsradikalen und To Potami sowie die herben Verluste für die Sozialisten hatten sich in den Prognosen abgezeichnet.
    Eigenheiten des griechischen Wahlrechts
    Entscheidend ist jedoch die Sitzverteilung. Das griechische Wahlrecht hält einen Bonus für den Sieger bereit, mit dem die Chancen für die Bildung einer starken Regierung erhöht werden sollen. 250 der 300 Sitze werden in einfacher Verhältniswahl vergeben. Die stärkste Partei - also Syriza - erhält einen Zuschlag von 50 Sitzen. Für den Einzug ins Parlament gilt eine Drei-Prozent-Hürde.
    Laut Twittprognosis käme Syriza auf 153 Sitze und damit auf die absolute Mehrheit; Tsipras könnte als neuer Regierungschef alleine regieren. Die Nea Dimokratia kommt auf 69 Sitze, Pasok auf 13. Das bisherige Regierungsbündnis hat also keine Chance auf Fortsetzung. Die Goldene Morgenröte und To Potami erhalten jeweils 20 Sitze.
    Greece Exit Poll: Majority: 151 SYRIZA: 153 seats (+83) ND: 69 (-60) Potami: 20 (+19) XA: 20 (+4) KKE: 14 (+2) PASOK: 13 (-9) ANEL: 11 (-1— twittprognosis/eu (@twittprognosis) January 25, 2015
    Umstrittener Umgang Prognose
    Die konservative griechische Partei Nea Dimokratia hat gegen die Veröffentlichung von Wahlprognosen auf griechischen und internationalen Internetseiten protestiert. Die Veröffentlichung sei eine "noch nie dagewesene, miese Aktion", hieß es in einer Mitteilung der Partei. Ziel derjenigen, die diese Zahlen in die Welt setzten, sei es, den Willen der Wähler zu manipulieren. Die Partei von Ministerpräsident Antonis Samaras rief die Justiz des Landes auf, sofort zu intervenieren.
    Griechenlands Ministerpräsident Antonis Samaras am 07.11.2014 bei einer Pressekonferenz
    Griechenlands Ministerpräsident Antonis Samaras (dpa / picture-alliance / Katia Christodoulou)
    Tsipra will Schuldenerlass
    Tsipras will im Fall eines Wahlsieges das Sparprogramm lockern und bei den internationalen Gläubigern einen Schuldenerlass durchsetzen. Sollte es dabei zu keiner Einigung kommen, könnte Griechenland im äußersten Fall gezwungen werden, aus der Eurozone auszutreten. "Ein 'Grexit' wäre höchstens ein Unfall", sagte Volkswirt Thomas Mayer im Deutschlandfunk. Er glaubt nicht, dass Griechenland aus dem Euroraum austreten will. Um ein vollwertiges Mitglied zu sein, "muss Griechenland aber seine Wirtschaft reformieren", sagte Mayer . Ansonsten bleibe das Land ein Störfaktor.
    Die Euro-Finanzminister wollen am Montag über den weiteren möglichen Weg des Krisenlandes sprechen. Konkrete Beschlüsse sind noch nicht geplant; in Erwägung gezogen wird eine Verlängerung des griechischen Rettungsprogramms über den 28. Februar hinaus. Sollte Griechenland am 1. März ohne Programm dastehen, dürfte es in den folgenden Wochen und Monaten für Athen brenzlig werden. Die EU und der Internationale Währungsfonds haben dem Land bisher mit Darlehen in Höhe von rund 240 Milliarden Euro geholfen, die Staatspleite abzuwenden.
    "Neuanfang" vs. "europäischer Kurs"
    Tsipras zeigte sich am Wahltag zuversichtlich. "Heute entscheidet das griechische Volk, ob die harte Sparpolitik fortgesetzt wird oder ob das Land einen Neuanfang startet, damit die Menschen in Würde leben können", sagte er nach seiner Stimmabgabe in Athen. Der konservative Regierungschef Samaras ging bereits früh in der kleinen Touristen-Hafenstadt Pylos auf der Halbinsel Peloponnes wählen. Vom Ergebnis hänge es ab, ob das Land "seinen europäischen Kurs fortsetzt", sagte er. Viele unentschlossene Wähler würden seiner Nea Dimokratia ihre Stimme geben, zeigte sich Samaras zuversichtlich.
    Staatspräsident Karolos Papoulias warnte, Griechenland stünden harte Jahre bevor. Papoulias' Amtszeit endet Anfang März. Das neue Parlament muss auch einen neuen Staatspräsidenten wählen. Ende 2014 war der Regierungskandidat für das Präsidentenamt im Parlament gescheitert. Aus diesem Grund wurde die Parlamentsneuwahl notwendig.
    (sdö/tön)