Donnerstag, 25. April 2024

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Wahl in Rumänien
"Johannis ist der Richtige"

Der neu gewählte Staatspräsident Klaus Johannis werde in Rumänien den Kampf gegen die Korruption vorantreiben, sagte sein Parteifreund Ovidiu Gant (Demokratisches Forum der Deutschen in Rumänien) im DLF. Gant betonte, dass die Erwartungen an den Siebenbürger Johannis in Rumänien sehr hoch seien.

Ovidiu Gant im Gespräch mit Jasper Barenberg | 18.11.2014
    Klaus Johannis, Siebenbürger Sachse, ist neuer rumänischer Staatspräsident.
    Klaus Johannis, Siebenbürger Sachse, ist neuer rumänischer Staatspräsident. (AFP/STR)
    "Die Leute erwarten eine andere Art der Politik. Weniger Reden, mehr tun", sagte Gant. Johannis werde verfassungsrechtliche Änderungen vornehmen, damit eine Regionalisierung Rumäniens stattfinden könne. Die Zentralstruktur des Landes sei hemmend, sagte Gant weiter. Johannis werde seine erfolgreiche Erfahrung als Bürgermeister von Hermannstadt (Sibiu) einbringen und ausländische Investoren auch für ganz Rumänien werben.
    "Er wird dafür sorgen, dass sich die Politik nicht in Angelegenheiten der Justiz einmischen wird", bekräftigte Gant. Die Gewaltenteilung sei in Rumänien auch in der Verfassung vorgeschrieben. "Staatsanwälte und Richter sollen ihre Arbeit machen können", sagte er weiter. Höchste Priorität hätten zudem die Bereiche Bildung und Gesundheit. Beide Bereiche hätten in den letzten 25 Jahren "sehr gelitten".
    Johannis tritt die Nachfolge von Traian Basescu an, der nach zwei Amtszeiten nicht wieder kandidieren durfte. Sein Gegenkandidat war der amtierende Premierminister Victor Ponta von den Sozialdemokraten. Als Präsident bestimmt Johannis die Außen- und Verteidigungspolitik des Landes, ernennt die wichtigsten Staatsanwälte und die Vorsitzenden der Geheimdienste. Der deutschstämmige Johannis, ein früherer Physiklehrer, hatte im Wahlkampf versprochen, die Korruption zu bekämpfen und die Unabhängigkeit der Justiz zu verbessern.

    Lesen Sie hier das vollständige Interview mit Ovidiu Gant:
    Jasper Barenberg: Als klarer Favorit ist Regierungschef Victor Ponta in die Stichwahl in Rumänien gegangen. Höhere Renten und Beamtengehälter versprach der telegene Sozialdemokrat und Hunderte neue Fußballplätze, und scheiterte doch gegen den nüchternen Physiker Klaus Johannis, der nach der blutigen Revolution 1989 in die Politik gegangen war, Bürgermeister im Städtchen Hermannstadt oder Sibiu wurde, seitdem dreimal wiedergewählt. Ein überraschender Triumpf auch, weil der Siebenbürger Sachse gleich zwei Minderheiten angehört: Rumäne mit deutschen Wurzeln und Angehöriger der Evangelisch-Lutherischen Kirche.
    Mitgehört hat Ovidiu Gant, Parlamentsabgeordneter für das Demokratische Forum der deutschen Minderheit. Guten Morgen nach Bukarest!
    Ovidiu Gant: Guten Morgen, Herr Barenberg! Guten Morgen Deutschland!
    Barenberg: In der ersten Runde lag Johannis ja noch zehn Punkte hinter Ponta. Haben Sie das selbst für möglich gehalten, dass er trotzdem gewinnen kann?
    Gant: Ich glaube, vor allem hat Klaus Johannis daran geglaubt. Natürlich ich auch als sein engster Vertrauter und Freund. Wir haben daran geglaubt, weil die Signale seitens der Bevölkerung in die andere Richtung gingen, Richtung Johannis und nicht Richtung Ponta.
    Barenberg: Johannis gilt ja nicht gerade als wortgewaltiger Charismatiker. Wenn man seine Auftritte beobachtet, dann wirkt das alles eher nüchtern, eher trocken, manche sagen sogar langweilig. Auf der anderen Seite gilt der Herausforderer ja als sehr telegen. Was hat den Ausschlag gegeben?
    Wir wählen keinen TV-Moderatoren in Rumänien
    Gant: Wir wählen hierzulande keinen Fernsehmoderator, sondern wir haben den Staatspräsidenten gewählt. Das bedeutet, nicht das Reden ist ausschlaggebend, sondern die Taten. Und ich glaube, Klaus Johannis hat in seiner Amtszeit als Bürgermeister in den letzten 14 Jahren bewiesen, was er kann, was er für die Bürger von Hermannstadt (Sibiu) machen konnte, und ich glaube, das war ausschlaggebend. Ansonsten finde ich seine Auftritte auch medial sehr gut und wieso muss man viel reden, wenn man auch in wenigen Worten das Richtige sagen kann. Das war ein Versuch der Gegenpropaganda, ihn schlecht zu sprechen und so, aber das hat nichts mit der Realität zu tun gehabt. Klaus spricht auch gut und wird das in Zukunft noch besser tun.
    Barenberg: Wenn es so ist, dass die Menschen kein Vertrauen mehr in die Politik haben, dass sie enttäuscht sind von Korruption, Vetternwirtschaft, von Wirtschaftskrisen und uneingelösten Versprechen, wie viel Erwartungsdruck lastet dann jetzt auf Klaus Johannis?
    Bildung und Gesundheitsreformen stehen an
    Gant: Die Erwartung ist in der Tat enorm. Die Leute erwarten, dass manche Sachen weitergehen, wie zum Beispiel der Kampf gegen die Korruption, der ja schon angefangen hat, seit Jahren hierzulande und mit manchen großen Erfolgen. Andererseits erwarten die Leute eine andere Art von Politik, eben mit wenig Reden, aber mehr Tun. Ich glaube, Klaus ist der Richtige dazu, weil er auch in seinem Programm einige Sachen angekündigt hat. Wir müssen hierzulande mit Sicherheit die Verfassung ändern, wir müssen den Rahmen ändern, sodass eine Dezentralisierung, womöglich eine Regionalisierung Rumäniens stattfinden kann, weil die zentralistische Verwaltung die Entwicklung des Landes hemmt. Klaus wird bemüht sein, mit uns zusammen weiterhin für ausländische Investoren zu werben, damit Arbeitsplätze zustande kommen.
    Das hat er ja in Hermannstadt bewiesen, wie es im Falle der deutschen Investoren funktionieren kann, die sich massenweise in Hermannstadt, Banat und Siebenbürgen allgemein niedergelassen haben. Er wird aber dafür sorgen, dass die Politik sich keineswegs in die Angelegenheiten der Justiz einmischen wird. Ganz im Gegenteil! Er wird dafür sorgen - Gewaltentrennung ist auch in Rumänien vorgeschrieben in der Verfassung - dass niemand sich einmischen kann und dass die Richter und die Staatsanwälte ihre Arbeit machen können, ungestört und ohne Einfluss seitens der Politik. Aber wahrscheinlich eine der wichtigsten Prioritäten werden Bildung und Gesundheit sein, weil diese beiden Systeme in den letzten 25 Jahren sehr darunter gelitten haben, dass sie von der Politik vernachlässigt worden sind.
    Zusammenspiel mit Regierung Ponta
    Barenberg: Wir haben gesprochen über den Kampf gegen Korruption, den sich Klaus Johannis ja auch auf die Fahnen schreibt. Nun wird er es mit dem geschlagenen Gegenspieler Victor Ponta ja möglicherweise weiter in Bukarest zu tun haben. Wie viel kann er da erreichen?
    Gant: Ja sicher! Aber der Premierminister ist ja für Verwaltung zuständig. Er hat sich nicht in Justiz einzumischen, wird er auch nicht tun wollen. Ponta ist ja nicht von gestern in der Politik, versteht auch, dass Rumänien nicht nur de jure, sondern auch de facto EU-Mitglied sein muss, und dementsprechend glaube ich, dass in dieser Frage nichts schieflaufen kann, auch seitens der Regierung nicht. Die Frage ist, wie lange die Regierung im Amt bleibt. Das ist eine andere Frage, aber eben eine politische, weil natürlich der Staatspräsident laut Verfassung in manchen Bereichen, wie schon eben gemeint, Bildung, Gesundheit, Soziales, Sonstiges, Verwaltung, selbst nichts unternehmen kann, sondern die Regierung zuständig ist.
    Hermannstadt Vorbild für andere rumänische Regionen
    Und natürlich ist es dann für den Staatspräsidenten einfacher, wenn die Regierung aus dem eigenen Lager kommt, als eine sogenannte Kohabitation, wie Sie das im Westen nennen, also eine Zusammenarbeit mit einer sozialdemokratischen Regierung. Aber das wird sich zeigen. Es ist letztendlich eine Entscheidung des Parlaments und dann womöglich der Bürger, wenn es zu einer Wahl kommen sollte.
    Barenberg: Sie haben es erwähnt: Klaus Johannis hat es in Sibiu, in Hermannstadt, geschafft, die Stadt zu einer Attraktion nicht nur für Touristen, sondern für Investoren vor allem aus Deutschland zu machen. Weckt das nicht auch falsche Hoffnungen? Viele Menschen werden sich das auch für ihre Region wünschen. Weckt das nicht falsche Hoffnungen auf einen vergleichbaren Aufschwung jetzt im ganzen Land?
    Gant: Die Menschen müssen selbst in diese Richtung arbeiten und müssen dafür sorgen, dass zum Beispiel in ihren Städten solche Verwaltungen ins Amt kommen, die auch etwas in diese Richtung tun. Natürlich wird der Staatspräsident das Beispiel Hermannstadt nicht auf andere Städte übertragen können. Das ist auch nicht seine Aufgabe.
    Aber viele Leute könnten sich das mal anschauen, wie das dort funktioniert hat, und versuchen, dasselbe zu tun. Es ist so, dass eine wichtige Bedingung für einen Wirtschaftsstandort aus meiner Erfahrung ist, dass die Verwaltung korrekt, unbürokratisch, nicht korrupt funktioniert. Und wenn das gegeben ist, auch in anderen Städten Rumäniens, wird es auch so kommen. Letztendlich ist ja Hermannstadt nicht die einzige Stadt in Rumänien, wo es gut aussieht. In meiner Heimatstadt Temeswar war es vor Hermannstadt so, dass sehr viele deutsche Investoren sich angesiedelt haben, weil auch dort eine Verwaltung richtig gehandelt hat. Das kann funktionieren und es wird funktionieren.
    Barenberg: Ovidiu Gant, Parlamentsabgeordneter in Bukarest, heute Morgen hier live im Deutschlandfunk. Vielen Dank für das Gespräch, Herr Gant.
    Gant: Ich danke Ihnen und alles Gute.
    Barenberg: Danke, Ihnen auch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.