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Wahl in Tunesien
Essebsi wird neuer Präsident

Der ehemalige tunesische Regierungschef Béji Caid Essebsi hatte sich schon vor Auszählung aller Stimmen zum Sieger der Stichwahl um das Präsidentenamt erklärt. Das Lager seines Gegners Moncef Marzouki widersprach umgehend, doch das offizielle Wahlergebnis bestätigt Essebsi.

22.12.2014
    Béji Caïd Essebsi
    Der langjährige Regierungspolitiker Béji Caïd Essebsi hat die ersten demokratischen Präsidentenwahlen in Tunesien gewonnen. (picture alliance / dpa )
    Der anti-islamistische Politikveteran Béji Caïd Essebsi ist Sieger der Präsidentschaftswahl in Tunesien. Wie die Wahlleitung am Montag bekannt gab, erhielt der 88-Jährige im zweiten Wahlgang am Sonntag 55,68 Prozent der Stimmen, der bisherige Übergangspräsident Moncef Marzouki kam auf 44,3 Prozent. Es war die erste freie Wahl eines Staatschefs seit der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1956. Die Wahlbeteiligung lag laut Wahlbehörde bei 59 Prozent.
    Essebsi hatte bereits unmittelbar nach Schließung der Wahllokale vor etwa 2000 Anhängern in Tunis erklärt, er habe die Wahl gewonnen. Er dankte seinen Wählern und würdigte seinen 69 Jahre alten Gegner Marzouki. "Tunesien braucht alle seine Kinder", sagte er. Der Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Tunesien, Joachim Paul, sagte im DLF, das entscheidende sei, dass keiner der beiden Kontrahenten das Ergebnis anzweifle - "jedenfalls bis jetzt". Marzoukis Wahlkampfleiter Adnen Manser sprach von einem "sehr engen Wettkampf". Der Unterschied zwischen den beiden Kontrahenten läge lediglich bei einigen Tausend Stimmen.
    Harter Wahlkampf
    Essebsi und Marzouki gelten als Erzfeinde. Der Wahlkampf war von gegenseitigen Vorwürfen geprägt. Marzouki präsentierte sich als Verteidiger der "Revolution" vom Frühjahr 2011 und sprach sich gegen eine Rückkehr des alten Regimes aus. Zudem kritisierte Marzouki das hohe Alter seines Kontrahenten Essebsi, der bereits unter Staatsgründer Habib Bourguiba diente. Essebsi wiederum warf Marzouki vor, ein "Extremist" und Vertreter der Islamisten zu sein, die das Land seit 2011 heruntergewirtschaftet hätten.
    Tunesien gilt als Musterbeispiel für die Demokratiebewegung in Nordafrika. Inzwischen gibt es eine neue Verfassung, ein neues Parlament wurde gewählt, und die Politik zeichnet sich durch Kompromisse zwischen den gesellschaftlichen Gruppen aus. Dagegen versinken andere Länder der Region wie Libyen und Ägypten nach den Umstürzen der vergangenen Jahre im Chaos.

    (pg/nin)