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Wahl ohne Marine Le Pen?

Niederlage für Marine Le Pen: Die Kandidatin des rechtsradikalen Front National ist mit einer Beschwerde gegen das französische Wahlgesetz gescheitert. Das sieht vor: Jeder Kandidat braucht 500 politische Mandatsträger, die ihn öffentlich unterstützen.

Von Burkhard Birke | 22.02.2012
    Sie will Nicolas Sarkozy die rote Karte zeigen: Jetzt hat der Verfassungsrat zunächst ihr die rote Karte gezeigt:

    "Eine Niederlage für die Demokratie sei das, für all die Franzosen, die mit großer Mehrheit von 62 Prozent für die Anonymität der Unterstützer auf den Patenlisten seien."

    Empört reagierte Marine Le Pen, Kandidatin der rechtsradikalen Front National, auf das Urteil des Verfassungsrates. Der hatte entschieden: Die Namen der gewählten Volksvertreter, die einem Präsidentschaftskandidaten ihre Unterstützung geben, werden auch künftig publik gemacht. 500 solche Unterstützer oder Paten benötigt jeder, der bei der Präsidentschaftswahl im April antreten will. Bürgermeister, Abgeordnete, Regionalratsvorsitzende aus mindestens 30 verschiedenen Départements müssen einer Kandidatin oder einem Kandidaten schriftlich ihre Patenschaft zusichern. Der Verfassungsrat prüft anschließend und veröffentlicht die Listen und Kandidatennamen.

    Für Marine Le Pen, aber auch für andere Anwärter wie die Umweltaktivistin Corinne Lepage oder Ex-Premierminister Dominique de Villepin könnte es eng werden. Im Falle de Villepins könnte dies an mangelnder Popularität liegen. Marine Le Pen indes pendelte in den Meinungsumfragen zwischen 16 und gelegentlich 18, und sogar 20 Prozent, liegt momentan hinter dem Sozialisten Hollande und Amtsinhaber Sarkozy auf Platz 3 in der Meinungsgunst.

    Mit Stimmungs- und Angstmache, so unterstellt sie, würden Bürgermeister davon abgehalten, ihr, der Kandidatin von Millionen von Franzosen, ihre Unterstützung zu geben:

    "Das Ziel ist, mich zu verhindern, das haben einige aus der Regierungspartei UMP auch hinter vorgehaltener Hand zugegeben: 'Wir versuchen, sie politisch fertigzumachen.' Und ich kann deswegen meine Themen nicht mehr platzieren, wie die Arbeitslosigkeit etwa."

    Deshalb war Marine Le Pen vor den Verfassungsrat gezogen und hatte gefordert, die Unterstützer müssten anonym bleiben. Alles andere sei nicht pluralistisch, widerspräche der Meinungsfreiheit. Dieser auch von anderen Politikern wie der Christdemokratin Christine Boutin und von Corinne Lepage unterstützten Argumentationslinie ist der Verfassungsrat nicht gefolgt.

    Das Gremium, das sich aus Ex Präsidenten und früher gut etablierten Politikern zusammensetzt und von seinen Befugnissen nur sehr bedingt mit dem Bundesverfassungsgericht vergleichbar ist, sieht auch den Gleichheits- und Geheimhaltungsgrundsatz nicht verletzt, da es sich nicht um eine Wahl, sondern nur eine Kandidatenpräsentation handele.

    Natürlich gilt die nationalistisch, antieuropäisch und islamfeindlich agierende Le Pen als rotes Tuch – die rote Karte müssten ihr wohl aber die Wähler zeigen, glauben die meisten Kommentatoren und Politologen. Der Kandidat Sarkozy hat zwar beim großen Wahlkampfauftritt ins gleiche patriotische Horn gestoßen und ähnliche Töne wie die Rechtsradikale angestimmt. Eine politische Strömung mit Millionen Wähler müsste einen Präsidentschaftskandidaten haben, hatte der Präsident aber unlängst zu Protokoll gegeben.

    Der Sozialist Hollande denkt indes an eine Reform, nach der Wahl versteht sich. Denn jetzt haben wohl alle noch Angst vor einer Neuauflage des Gespenstes von 2002. Damals zog der rechtsradikale Jean Marie Le Pen, der Vater der heutigen Kandidatin, gegen den Konservativen Jacques Chirac in die Stichwahl. Jean-Marie Le Pen schaffte letztes Mal mit gerade einmal 507 Patenschaften denkbar knapp den Kandidatenstatus, seine Tochter liegt momentan erst bei 430 Zusagen:

    "Das ist Anarchie, Chaos. Niemand respektiert nichts mehr, zumindest bei den Eliten. Jetzt muss das Volk die Demokratie durchsetzen und im Volk sind die Bürgermeister: Sie haben es jetzt in der Hand, ob ich Kandidatin werde und Millionen Franzosen die Kandidatin ihrer Wahl bekommen."

    Mit der Kandidatur steht und fällt natürlich auch die Wahlkampffinanzierung. Einige Veranstaltungen und Reisen musste Marine Le Pen schon absagen. Der Countdown läuft: Am 16. März wird Bilanz bei den Patenschaften gezogen.