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Wahlen in Luxemburg
Grüne im Aufwind

Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Luxemburg haben die Grünen bei Parlamentswahlen am Sonntag viele Stimmen dazugewonnen. Dahinter steht ein allgemeiner Trend für die Ökopartei – aber der Erfolg im Großherzogtum hat noch andere Gründe.

Von Tonia Koch | 16.10.2018
    Auf einem Schild ist das Logo der Grünen Partei in Luxemburg.
    Der Aufstieg der Luxemburger Grünen, der vor fünf Jahren mit dem Eintritt in die Regierung begann, kann weiter gehen (imago stock&people)
    Mit geschwellter Brust formulierten die Luxemburger Grünen noch in der Wahlnacht ihren Machtanspruch: "Wir gehören an die Regierung". Und dann schwappt eine La-Ola-Welle durchs Lokal.
    Der kleinste Koalitionspartner der luxemburgischen Dreierregierung aus Liberalen, Sozialdemokraten und eben den Grünen hat durch sein Wahlergebnis - plus fünf Prozentpunkte - und durch das gute Abschneiden seines Spitzenpersonals in den einzelnen Wahlbezirken dafür gesorgt, dass die Koalition für weitere fünf Jahre eine Perspektive hat: "Wir sind der eindeutige Gewinner dieser Wahl und also kann eine Regierungskoalition ohne die Grünen nicht stattfinden."
    Felix Braz ist Justizminister und Spitzenkandidat im heiß umkämpften Süden des Landes, der noch immer industriell geprägt ist. Hier haben die Grünen ein zusätzliches Mandat geholt und zwei weitere im Zentrum.
    Lebensqualität soll erhalten bleiben
    Die zusätzlichen Mandate in Luxemburg-Stadt waren sicher nicht eingeplant. Aber hier ist der gut situierte Bildungsbürger zu Hause, der Wert darauf legt, dass seine Lebensqualität erhalten bleibt. Dieser Aufgabe hätten sich die Grünen gestellt, sagt Maurice Molitor, Journalist beim öffentlich-rechtlichen Radiosender 100,7:
    "Das ist in Luxemburg eine recht große Bevölkerungsgruppe, die keine großen materiellen Sorgen hat und die vor allem möchte, dass die Landschaft rund ums Eigenheim möglichst grün und die Luft möglichst sauber bleibt. Und dafür haben sich grüne Minister eingesetzt in den letzten Jahren und auch Konflikte nicht gescheut, sogar koalitionsintern. Das wirkte schon sehr gewissenhaft und seriös."
    Eine Einstellung die nicht nur in der Stadt zu finden sei, resümiert der für nachhaltige Entwicklung und Infrastruktur zuständige grüne Minister, Francois Bausch: "Quer durchs Land sind wir im positiven Bereich, es ist eindeutig, die Leute haben es als positiv empfunden, was wir in den letzten fünf Jahren in der Regierung geleistet haben. Und es hat auch mit den Themen zu tun, Verantwortung zu übernehmen für den Klimaschutz. Ich glaube, die Leute wollen das, sie wollen das verstärkt haben, das ist heute klar geworden."
    Grüne seien glaubwürdig
    Wenn Bausch nicht gerade den Wahlerfolg seiner Partei auskostet, sieht man ihn mit Helm durch die Stadt radeln. Meist ist er auf dem Weg zu den zahlreichen Baustellen, die den ÖPNV im Land voranbringen sollen. Er geht mit gutem Beispiel voran in einem Land, wo es zum guten Ton gehört, dass gleich mehrere Premiumfahrzeuge in der Hauseinfahrt stehen. Die Bevölkerung verbinde Glaubwürdigkeit mit den Grünen, bestätigt Journalist Maurice Molitor.
    "Die Grünen haben sich bei ihrer ersten Regierungsbeteiligung auf ihre Kernbereiche fokussiert und fast nur Themen besetzt, bei denen ihre Kompetenz unumstritten ist. Wer für ÖPNV zuständig ist, erntet nur nicht nur Applaus, gleiches gilt für Klima- Umwelt- und Naturschutz, aber die grünen Minister haben es auf jeden Fall verstanden, sehr unaufgeregt in diesen Bereichen zu arbeiten und konnten das glaubhaft nach außen vermitteln. Das erklärt, denke ich, den großen Zuspruch, den sie bei Wahlen erfahren."
    Auch andere Themen übernehmen
    Das gilt auch für Umweltministerin Carole Dieschbourg. Die Müllerstochter hat in Paris für die EU das Klimaschutzabkommen mitverhandelt und hat sich so auch auf nationaler Ebene einen Namen gemacht: "Ich freue mich sehr. Ich danke den Wählerinnen und Wählern, dass sie unsere Arbeit so gut bewertet haben. Das heißt auch in Zukunft mehr Klimaschutz mehr Umweltschutz und eine bessere Mobilität."
    Der Aufstieg der Grünen, der vor fünf Jahren mit dem Eintritt in die Regierung begann, kann weiter gehen. Aber dann müssen sie auch bereit sein, Aufgaben zu übernehmen, die außerhalb ihres Themenkomplexes liegen: Rentenpolitik, Sozialpolitik, Arbeitsmarkt, Schulpolitik, um nur einige Beispiele zu nennen. Erst dann werden die Luxemburger wissen, ob der Vertrauensvorschuss, den sie den Grünen gewährt haben, in dieser deutlichen Form gerechtfertigt ist.