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Wahlen in Montenegro
Pro-Westliche Partei liegt vorn

In Montenegro steht nach der Parlamentswahl eine schwierige Regierungsbildung bevor. Die Partei DPS von Dauer-Regierungschef Milo Djukanovic hat zwar gewonnen, ist aber auf Koalitionspartner angewiesen. Djukanovic ist daran gelegen, den Pro-EU und Pro-NATO-Kurs beizubehalten.

Von Ralf Borchard | 17.10.2016
    Mentenegros Regierungschef Milo Djukanovic nach den Parlamentswahlen am 17. oktober 2016.
    Mentenegros Regierungschef Milo Djukanovic (dpa / picture-alliance / Boris Pejovic)
    Die Partei von Dauer-Regierungschef Milo Djukanovic hat die Wahl zwar mit rund 41 Prozent der Stimmen gewonnen, aber sie ist auf Koalitionspartner angewiesen. In Montenegro steht eine schwierige Regierungsbildung bevor. Erst nach Mitternacht trat Djukanovic vor seine Anhänger:
    "Ihr freut Euch zu Recht, die Demokratische Partei der Sozialisten hat wieder bei einer Wahl gesiegt", so der 54jährige.
    Ob Djukanovic Regierungschef bleibt, gilt als offen. Doch selbst wenn er Platz macht, bedeutet das keinen Politikwechsel, sagt Vanja Calovic, die den Dachverband der Bürgerinitiativen in Montenegro MANS leitet:
    "Die Frage, ob er geht, ist eine andere als die Frage, ob sich die DPS ändert. Denn Djukanovic ist schon zweimal gegangen, aber nur oberflächlich, er hat beide Male als Regierungschef Platz gemacht, aber beide Male hieß das nicht, dass er nicht mehr die Entscheidungen trifft."
    Zerstrittene Opposition
    Theoretisch könnten alle Oppositionsparteien zusammen Djukanovics DPS die Regierungsbildung streitig machen. Doch die Oppositionskräfte sind zu zerstritten, betont der Politikwissenschaftler Zlatko Vujovic, der das Wahlbeobachtungszentrum CEMI leitet:
    "Dass sie eine Regierung bilden könnten, heißt nicht, dass sie es auch tun werden", sagt Vujovic und fügt hinzu: "Das wichtigste Thema dabei ist die NATO."
    Das größte Oppositionsbündnis, die Demokratische Front, die auf rund 20 Prozent der Stimmen kam, ist pro-russisch und strikt gegen den Nato-Beitritt. Das zweitgrößte Oppositionsbündnis, "Schlüssel", das auf gut 10 Prozent kam, ist grundsätzlich pro-westlich orientiert. Dazu kommen mehrere kleinere Parteien, die zu Zünglein an der Waage werden könnten. Djukanovics DPS muss nun versuchen, möglichst viele von ihnen auf ihren Pro-EU- und Pro-NATO-Kurs zu verpflichten. Die Beitrittsverhandlungen mit der EU werden sich voraussichtlich noch viele Jahre hinziehen, der NATO-Beitritt Montenegros aber ist schon für kommendes Jahr geplant.
    Festnahme von serbischen Paramilitärs
    Überschattet war die Wahl von der Festnahme von 20 serbischen Paramilitärs, die nach Angaben der montenegrinischen Polizei Anschläge verüben wollten. Der serbische Regierungschef Aleksandar Vucic deutete in einer Stellungnahme in Belgrad an, dass er die Festnahme-Aktion für inszeniert hält.
    "Der Tag, an dem das passiert ist, kommt mir merkwürdig vor", so Vucic. "Das ist alles, was ich dazu sagen will."
    Auch die Opposition in Montenegro sprach von einem Propaganda-Coup der Regierung. Regierungsunabhängige Organisationen dokumentierten auch bei dieser Wahl zahlreiche Betrugsversuche, vor allem Stimmenkauf und Einschüchterungen vor den Wahllokalen. In den amtlichen Wählerlisten sollen auch zahlreiche Verstorbene registriert geblieben sein. In der Vergangenheit wurden solche Schein-Stimmen nach Oppositionsangaben der Regierungspartei DPS zugeschlagen.
    EU und NATO können nach diesem Wahlergebnis zwar davon ausgehen, dass Montenegro auf pro-westlichem Annäherungskurs bleibt, doch langwierige Regierungsverhandlungen könnten auch zu einer Phase der Instabilität in Montenegro führen. Korruption und organisierte Kriminalität anzugehen, bleibt in dem kleinen Balkan-Land ohnehin eine Langzeitaufgabe.