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Wahlkampf im Saarland
"Europa" steht nicht auf Platz 1

Pendeln zwischen Deutschland, Luxemburg und Frankreich: Für die Menschen im Saarland ist Europa gelebte Normalität. Im Bundestagswahlkampf werden deswegen wohl andere Themen für die Saarländer entscheidend sein. Zum Beispiel die Renten- oder Flüchtlingspolitik.

Von Tonia Koch | 24.08.2017
    Kanzlerkandidat Martin Schulz im Gespräch mit französischen Besucherinnen in Saarbrücken am 24.03.2017
    Kanzlerkandidat Martin Schulz im Gespräch mit französischen Besucherinnen in Saarbrücken (imago/Werner Schmitt)
    Roter Löwe heißt das luxemburgische Passagierschiff, das in Perl an der Mosel vor Anker liegt. Die SPD hat es gechartert und etwa 100 ihrer Mitglieder zur Schiffstour geladen. Die meisten kommen aus den Ortschaften rund ums Dreiländereck. Diese gehören zum Wahlkreis 297, dem Wahlkreis von Bundesjustizminister Heiko Maas. Der hat - in Sichtweite von Schengen - Bundesaußenminister Sigmar Gabriel zu Gast.
    "Ich begrüße einen ganz besonders, hier am Dreiländereck, wo Europa gelebt wird, wie kaum an einer anderen Stelle, unseren Bundesaußenminister Sigmar Gabriel, schön dass Du da bist."
    Europa ist Alltag
    Die Genossen spenden höflich Applaus. Europa muss hier niemand mehr den Menschen erklären, es passiert jeden Tag, sagt Daniel Kiefer, der Bürgermeister von Mettlach.
    "Wir haben hier täglich zwischen 40 - und 60.000 Pendler aus unserer Großregion, die nach Luxemburg arbeiten gehen, von daher ist Europa für uns hier nicht mehr weg zu denken."
    Aber nach wenig ermutigenden Umfrageergebnissen für die SPD, kann es doch von Vorteil sein, den Genossen zu vermitteln, dass sie mit Martin Schulz auf den richtigen Kanzlerkandidaten gesetzt haben. Der Außenminister ist voll des Lobes.
    "Neben vielen anderen Gründen bin ich unter anderem für Martin, weil ich glaube, dass die Zukunft unseres Landes nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie in einem vereinigten und starken Europa stattfindet. Und niemand steht für dieses Europa in Deutschland so sehr wie Martin Schulz. Und auch wenn sich das im ersten Moment komisch anhört, ich glaube, die Bundestagswahl wird auch Weichen stellen, wie es mit Europa weiter geht."
    Europa gehört nicht zu den brennenden Fragen
    Phong Dip, ein waschechter Saarländer mit chinesischen Wurzeln nickt zustimmend.
    "Martin Schulz steht für ein geeintes Europa und für ein Europa das nach vorne geht."
    Nur ob Europa im Wahlkampf tatsächlich eine Rolle spielen wird, da ist so mancher skeptisch.
    "Europa spielt schon eine Rolle, aber bedeutender sind die brennenden sozialen Fragen. Also, wo ich hinkomme, sind Rente, prekäre Beschäftigung, familiengerechte Arbeitszeiten ein Thema. Ja, ich denke, eher Renten oder Flüchtlingspolitik interessiert die Leute mehr als Europa. Europa ist sowieso am Auseinanderbrechen. Ich denke, das wird schon ein Thema werden, denn nur in Europa kann Deutschland weiter blühen. Ja gut, mitten in Deutschland lebt man eben nicht an einer Grenzen, wir leben an der Grenze. Zumal hier in Perl, wo wir an zwei Grenzen stoßen, an Luxemburg und Frankreich. Die Luxemburger sind unsere Freunde, aber in Frankreich ist das nicht so, die Franzosen sind eher skeptisch gegenüber Deutschland."
    Deutschlands Ruf in Europa
    Skepsis, die, so fasst es der SPD-Außenminister zusammen, vom politischen Gegner aus dem Lager der CDU genährt worden sei.
    "Frau Merkel aber vor allem Herr Schäuble haben in den letzten Jahren in einer Weise den Ruf Deutschlands in anderen europäischen Ländern gefährdet, die man sich kaum vorstellen kann."
    So mancher mag die Analyse teilen. Trotzdem auf Platz 1 der Themenliste steht Europa bei den Wahlkämpfern an der Grenze bislang zumindest nicht.