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Wahlkampf in Rheinland-Pfalz
Streit um den Nationalpark Hunsrück-Hochwald

Um das Paradeprojekt Nationalpark Hunsrück-Hochwald entzündet sich in Rheinland-Pfalz ein Wahlkampfstreit. Zu teuer und zu schlecht organisiert sei der Park, bemängelt die CDU. Sie tritt für eine wirtschaftliche Nutzung ein. Andere Parteien befürchten deshalb beim Regierungswechsel das Anlegen der Axt am Nationalpark - im bildlichen und auch realen Sinn.

Von Anke Petermann | 10.03.2016
    Ein Hochmoor im Nationalpark Hunsrück-Hochwald bei Deuselbach (Rheinland-Pfalz).
    Hochmoor im Nationalpark Hunsrück-Hochwald: Wahlkämpfer haben unterschiedliche Meinungen zu dem Prestrigeprojekt. (picture alliance / dpa / Thomas Frey)
    Sogar ein Waldspaziergang auf dem Saar-Hunsrück-Steig verliert im Wahlkampf seine politische Unschuld. Totes Holz, das auf wachsenden Flächen unaufgeräumter Buchenwälder liegen bleibt: neuerdings auch das ein Politikum.
    "Wir haben hier einen Entwicklungs-Nationalpark", erklärt dessen Leiter Harald Egidi, "weil wir halt nicht überall schon diese Naturwaldsituation haben. Nach spätestens 30 Jahren auf dann mindestens 75 Prozent der Fläche Nutzungsfreiheit haben."
    Zunehmend auf Holzernte zu verzichten, ist bestimmendes Merkmal für diese Art von Schutzgebiet, das auch auf nationaler Ebene dazu beitragen soll, die abnehmende biologische Vielfalt zurückzugewinnen. Sich beim Bewirtschaften zu beschränken, ist allerdings umstritten.
    CDU kündigt Veränderung an
    Die rheinland-pfälzischen Christdemokraten bekennen sich zwar zum Nationalpark. Doch Philipp Franz zu Guttenberg, Bruder des ehemaligen Bundesverteidigungsministers und Umweltexperte im Schattenkabinett von CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner, kündigt für den Fall eines Regierungswechsels an:
    "Wir werden darauf achten, dass wir keine weiteren Stilllegungsflächen bekommen. Also, hier ist eine ganz klare Absage, dass wir sagen: Wir schützen durch Nützen. Und wir müssen diesen Rohstoff nachhaltig nutzen und nicht verrotten lassen oder antiquierte Schutzszenarien im Land haben. Das können wir uns für den ländlichen Raum nicht leisten."
    Meint der parteilose Forstunternehmer und Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände. Wie aber wäre das vereinbar mit einem Entwicklungsnationalpark? Mit mehr Raum für seltene Arten wie Wildkatze und Schwarzstorch? Die mitregierenden rheinland-pfälzischen Grünen schlagen Alarm.
    "Frau Klöckner hat den Holzfäller der Nation berufen. Herr zu Guttenberg ist ja nicht umsonst von den Naturschutzverbänden zum Dinosaurier des Jahres erklärt worden."
    Zu Guttenberg und die CDU wollten die Axt an das Naturschutzprojekt legen, glaubt Grünen-Spitzenkandidat Daniel Köbler. Zumal Julia Klöckner angekündigt hatte, die Mittel für den Nationalpark eindampfen zu wollen.
    Finanzierung des Nationalparks soll geprüft werden
    Nach Protesten von Kommunalpolitikern aus der Region ist das nun wieder offen. Entscheiden, wie das Projekt künftig auszustatten ist, könne man erst nach einem Kassensturz, meint Alexander Licht, CDU-Fraktionsvize im Mainzer Landtag:
    "Wenn ein Land sich bei fast 40 Milliarden Euro Schulden befindet, muss es Prioritäten setzen."
    Klöckner: "Es macht wenig Sinn, Geld in irgendeine Kasse zu geben, die auf keinem Konzept beruht. Und deshalb haben wir gesagt, die einzelnen Versprechungen für dieses Konzept haben wir dann budgetiert. Und das heißt, wir haben Gelder in eine Hunsrück-Spange gegeben, das ist eine Straße, die dann zum Nationalpark, vor allen Dingen in die Region, führt."
    Ergänzt Julia Klöckner. Im Nationalpark wird indes weiter renaturiert: Entwässerungsgräben zuschütten und Wege so umbauen, dass Wasser drunter herfließen kann, all das, um seltene Hangmoore mit Sonnentau und Moosbeere zurückzugewinnen. Langer Atem ist gefragt, so Harald Egidi.
    "Also, ein Moor wächst einen Millimeter im Jahr. Das heißt, bis das wieder mehrere Meter mächtig ist, vergehen ein paar Tage. Aber die Entwicklung von Mooren ist auch ein aktiver Beitrag zum Hochwasserrückhalt auf der Fläche. Das heißt, wir wollen in den Entstehungsgebieten das Wasser zurückhalten, dass es gar nicht erst in großer Menge oder sehr hohen Spitzen in die Täler hinunterrauscht."
    Da jedenfalls ist der konkrete Nutzen für die Region offensichtlich - mag auf Landesebene auch weiter um die Rolle des Naturschutzes gestritten werden.