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Waldbränden vorbeugen
Der Kampf der Förster und Feuerwehren

In den vergangenen beiden Jahren sind in Deutschland mehr als 5.000 Hektar Wald verbrannt. Das soll nicht wieder passieren – auch dann nicht, wenn die Sommer hierzulande heißer und trockener werden. Förster und Feuerwehren haben Ideen.

Von Monika Dittrich | 01.07.2020
Löschfahrzeuge fahren durch ein abgebranntes Waldstück bei Gummersbach
2020 hat es bereits mehrere Waldbrände in Nordrhein-Westfalen gegeben - so wie bei Gummersbach (dpa / picture alliance / Markus Klümper)
Diese Sendung über Waldbrand beginnt mit Nieselregen. "Das Försterherz freut sich natürlich, wenn es jetzt nass wird, und am besten muss es sechs Wochen regnen, richtig Landregen, aber zur Zeit dieser Nieselregen, der nutzt wenig."
Ein Vormittag im Juni. Bertram Leder begutachtet ein Waldstück in der Nähe von Arnsberg im Sauerland. Der promovierte Forstwissenschaftler leitet das Zentrum für Wald und Holzwirtschaft in Nordrhein-Westfalen, eine relativ neue Institution des Landes, in der unter anderem angewandte Waldforschung mit der Beratung für Waldbesitzer verbunden wird.
Bertram Leder begutachtet abgestorbene Fichten
Bertram Leder vom Zentrum für Wald und Holzwirtschaft in Nordrhein-Westfalen begutachtet abgestorbene Fichten (Deutschlandradio / Monika Dittrich )
Bertram Leder schaut in die Kronen der Bäume, dann auf den Boden. Das bisschen Regen, sagt er, reiche nicht. "Auch wenn man hier mal so ein bisschen am Boden kratzt, fünf Zentimeter tiefer ist wieder alles knochentrocken. Das ist nur oberflächlich, es müsste jetzt mal längere Zeit regnen, damit der Wasserhaushalt wieder aufgefüllt wird."
Leder geht etwas tiefer in den Wald hinein. Er spricht von stressgeschädigten Bäumen und einer negativen Wirkungskette. Da waren zum Beispiel die schweren Stürme, wie "Friederike" Anfang 2018. Dann kamen zwei Dürresommer 2018 und 2019 mit viel Sonne und großer Hitze. Beste Voraussetzungen für einen gefürchteten Schädling: den Borkenkäfer.
Trockenstress im Wald
Bertram Leder ist jetzt angekommen in einem reinen Fichtenwald. Die Fichten sind abgestorben. Sie seien zu trocken gewesen, um dem Borkenkäfer etwas entgegenzusetzen.
"Das merken wir dann, wenn wir den Stamm hochschauen und da sind lauter weiße Pünktchen da. Das ist dann eine Reaktion der Fichte, die reagiert dann mit Harzfluss. Aber in der Trockenstress-Situation kann die Fichte kein Harz mehr bilden, man sieht nur noch braunes Bohrmehl, und von daher sieht man die abgestorbenen Fichten und man sieht schnell, dass die Krone trocken wird und die Nadeln fallen ab."
Waldbrand in Jakutien Anfang Juni 2020.
Klimawandel - "Das Risiko von Waldbränden steigt"
Nur einige trockene Tage reichten, um die ausgetrocknete und abgestorbene Altvegetation vom Vorjahr in Brand zu setzen, sagt Waldbrand-Spezialist Johann Goldammer im Dlf.
Die Nadeln fallen ab – und das könnten schon mal zehn Tonnen pro Hektar sein, sagt der Forstwissenschaftler. Ein Problem für den Wald: "Die brennen besonders schlimm, einmal wegen der großen Oberfläche, aber wegen der auch ätherischen Öle, Harze. Wenn man die ins Feuer wirft, riechen die gut, knistern aber auch sofort, das heißt, das ist Zündstoff."
Jede Menge Zündstoff – so wie auch Totholz und Reisig. Nordrhein-Westfalen ist eigentlich kein typisches Waldbrandgebiet. Doch in diesem Frühjahr gab es bereits mehrere Brände.
Bertram Leder jedenfalls stellt sich auf Veränderungen ein: "Vor drei oder vier Jahren hätte ich nie gedacht, dass das Thema Waldbrand mal so wichtig wird. Da müssen wir uns schon konzentriert Gedanken machen, wie wir den Wald vor Waldbrand schützen können."
Waldbrände sind in Deutschland üblicherweise keine Naturereignisse – Blitzeinschläge sind nur für einen winzigen Teil der Brände verantwortlich. Fast immer ist es der Mensch, der das Feuer entfacht: zum Beispiel durch achtlos weggeworfene Zigarettenkippen oder Grill- und Lagerfeuer. Natürlich gibt es auch Brandstiftung. Außerdem kann es in Maschinen und Fahrzeugen für die Landwirtschaft zu Funkenbildung kommen, oder bei der Bahn zu den sogenannten Abrissfunken. Durch solche Zündquellen können Waldbrände entstehen.
Böden voller Munition
Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung veröffentlicht die jährliche Waldbrandstatistik. Ihr zufolge verbrannten 2018 bundesweit 2.349 Hektar Wald, so viel, wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr. Im vergangenen Jahr waren es sogar mehr als 2.700 Hektar, eine Fläche, größer als der Berliner Wannsee. Fast 1.000 Hektar Wald brannten allein in der Lübtheener Heide in Mecklenburg-Vorpommern. Das war vor einem Jahr.
Mehrere Dörfer mussten evakuiert werden. Tausende Einsatzkräfte brauchten Tage, um das Feuer unter Kontrolle zu bringen. In Mecklenburg-Vorpommern und auch in Brandenburg ist die Brandgefahr seit jeher besonders hoch. Hier gibt es ausgedehnte Kiefernwälder mit einem trockenen Waldinnenklima und leicht brennbarer Bodenvegetation. Hinzu kommt, dass die Böden vielerorts voller Munition stecken.
Grafik zeigt Waldbrände und deren Ursachen 
Waldbrände in Deutschland nehmen zu (Globus)
"Die kampfmittelbelasteten Standorte stellen hier in unserer Region ein sehr großes Problem dar", sagt Jörg Schröder, der das Forstamt Kaliß in Mecklenburg-Vorpommern leitet.
"Wir haben vielerlei Arten von Munition hier in den Wäldern liegen, die resultieren aus den Wirren der letzten Kriegstage und der Zeit unmittelbar nach dem letzten Weltkrieg, weil vielerorts Munition im Wald verklappt worden ist, ist in Vergessenheit geraten, teilweise übererdet worden oder durch Humus begraben worden, aber sie ist immer noch vorhanden. Und das konnte man bei dem Waldbrand in Lübtheen sehr eindrucksvoll erfahren, wo wir es permanent mit schwersten Detonationen zu tun hatten."
Millionen aus dem Waldklimafonds
Die Waldbrände der vergangenen beiden Jahre, teilweise auf munitionsbelasteten Böden, die heißen Sommer - und Wälder, deren Zustand sich zuletzt weiter verschlechtert hat: All das sind Gründe, warum das Thema Waldbrand auch in der Politik mehr Aufmerksamkeit bekommt.
So haben das Bundesumweltministerium und das Landwirtschaftsministerium gemeinsam 22 neue Forschungs- und Modellvorhaben bewilligt, die mit 11,3 Millionen Euro aus dem Waldklimafonds finanziert werden. Die Projekte wurden im Mai gestartet. Eines davon heißt THOR, benannt nach dem germanischen Wettergott. Der gerade gehörte Jörg Schröder vom Landesforst Mecklenburg-Vorpommern steuert den praktischen Teil des Vorhabens, der wissenschaftliche Teil wird an der Technischen Universität Dresden verantwortet; Michael Müller leitet den dortigen Lehrstuhl für Waldschutz.
Vier Feuerwehrleute halten auf einer Lichtung einen langen Schlauch. Im Hintergrund sieht man Rauch und hohe Flammen im Gehölz.
Ökologe über Waldbrandgefahr: "Reales Risiko, dass Wälder ersetzt werden durch Graslandschaften"
Ökologe Pierre Ibisch erklärt im Dlf, dass nicht nur um einzelne Baumarten, sondern um das Ökosystem insgesamt bei der Waldbrandbekämpfung gehe.
Dass Forschungsprojekte wie THOR finanziell gefördert werden, sei ein wichtiger Schritt, sagt Müller: "Das muss man allerdings sagen: Das ist in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt worden. Einige der Brandausbreitungen, die wir erlebt haben, das hätte nicht sein müssen, wenn die Waldbrand-Vorbeugungsstrukturen vorhanden gewesen wären."
Müller neigt nicht zur Panikmache. Im Gegenteil. Er hat die Waldbrand-Statistiken der vergangenen Jahrzehnte ausgewertet und festgestellt: Phasen mit größeren Waldbränden wie zuletzt kommen regelmäßig vor. "Wenn man diese Perioden anschaut, dann finden sich alle 10 bis 15 Jahre wärmere Jahre, auch mal doppelte Wärmejahre, wo es natürlich Waldbrand-Höhepunkte gibt und auch größere Waldbrandflächen. Wenn man aber die Tendenz anschaut über die Jahrzehnte, dann nimmt die Waldbrandanzahl und auch die Waldbrandfläche ab."
Waldbrandriegel und Wundstreifen
Eine abnehmende Tendenz: Das ist eine gute Nachricht. Allerdings sagt auch Müller: Wir haben Probleme auf munitionsbelasteten Böden und durch den Klimawandel wird es vermutlich trockener und wärmer – dadurch gibt es im Wald mehr leicht entzündliches und brennbares Material.
Wie man Waldbrände von Anfang an verhindert, das ist eine zentrale Fragestellung im THOR-Projekt, es sollen bundeseinheitliche Standards für einen besseren Waldbrandschutz entwickelt werden. Aufklärung der Öffentlichkeit gehört dazu, weil eben Waldbrände meistens von Menschen verursacht werden. Doch auch die Struktur der Wälder spielt eine Rolle.
"Es geht gar nicht darum, alles neu zu erfinden. Sondern in großen Teilen es geht darum, die bestehenden Erkenntnisse weiterzuentwickeln und für solche Situationen anwendbar zu machen", sagt Michael Müller.
Hightech-Kameras halten nach Waldbränden Ausschau
Um Waldbrände schnell löschen zu können, ist entscheidend, sie frühzeitig aufzuspüren. Kameratechnik aus der Raumfahrt hilft dabei.
Dass sogenannte "Waldbrandriegel" oder "Wundstreifen" ein Feuer aufhalten können, ist bekannt. Doch müssen sie gepflegt und konsequent ausgebaut werden. Noch einmal Jörg Schröder vom Forstamt Kaliß: "Ein Wundstreifen ist ein von jeglicher Vegetation und Reisig freigehaltener Streifen, an dem ein Bodenfeuer stoppen soll, weil kein brennbares Material da ist. Und diese Wundstreifen werden parallel zu viel befahrenen Straßen oder auch Bahnlinien angelegt, damit achtlos weggeworfene Zigarettenkippen nicht dazu führen können, dass sich ein Bodenfeuer und ein Waldbrand entwickeln kann."
Schutzstreifen, an denen Bodenfeuer aufgehalten werden können, sind insbesondere in munitionsbelasteten Wäldern wichtig. Denn dort muss die Feuerwehr aus Sicherheitsgründen bis zu 1.000 Meter Abstand von der Feuerfront halten – und zwar in alle Himmelsrichtungen. Selbst aus der Luft dürfen die Einsatzkräfte nicht näher heran, weil es jederzeit Detonationen geben kann.
"Und das ist ein Fakt, der bedingt, dass man diese Waldbrände in dieser Fläche nicht bekämpfen kann. Weil kein Bekämpfungssystem existiert, wo man da effektiv rankommt."
Löschen per Fernsteuerung
Waldschutz-Professor Michael Müller setzt allerdings auf die Entwicklung neuer Löschtechnik: Das könnten Wasserwerfer sein, die vor Ort abgesetzt und per Fernsteuerung bedient werden, autonom fahrende Fahrzeuge oder auch Schaumbarrieren, die ein Bodenfeuer aufhalten.
Im THOR-Projekt geht es auch um die Frage, wie die Feuerwehr an Löschwasser kommt – vor allem wenn in heißen Sommern der Wasserspiegel in Teichen sinkt. Tiefbrunnen oder Zisternen wären dann hilfreich. Von den Forschungs- und Modellprojekten, die Umwelt- und Landwirtschaftsministerium nun fördern, sollen auch die Feuerwehren profitieren, die immer dann gefragt sind, wenn der Wald tatsächlich brennt.
Die Zentrale Feuerwache in Düsseldorf. Über einen Hof voller Lösch- und Einsatzwagen geht es in ein Bürogebäude und zu einem Feuerwehrmann, der sich wie wohl nur wenige seiner Kollegen mit Vegetations- und Waldbränden auskennt: "Mein Name ist Ulrich Cimolino, ich bin Branddirektor bei der Düsseldorfer Feuerwehr mit dem Schwerpunkt klimawandelbedingter Katastrophenschutz und Zusammenarbeit mit den Wissenschaften."
Ulrich Cimolino ist Branddirektor bei der Düsseldorfer Feuerwehr
Ulrich Cimolino ist Branddirektor bei der Düsseldorfer Feuerwehr (Deutschlandradio / Monika Dittrich)
Cimolino kommt aus Niederbayern, hat mehrere Bücher über Vegetations- und Waldbrände geschrieben, darunter eine Doktorarbeit. Beim Deutschen Feuerwehrverband leitet Cimolino den Arbeitskreis Waldbrand. Sein größtes Anliegen: dass das Thema endlich Eingang findet in die Ausbildung der Feuerwehrleute. "Also im Augenblick ist es so, dass es in keiner einzigen deutschen Feuerwehrdienstvorschrift und in keiner einzigen Laufbahnausbildung für die Berufsfeuerwehr auch nur eine Stunde geplanten Unterricht für die Vegetationsbrandbekämpfung gibt. Nichts. Gar nichts. Nada."
Schwitzen im Schutzanzug
Ulrich Cimolino kritisiert das, weil Brände im Freien eben völlig anders zu bekämpfen seien als etwa in Gebäuden: "Wir reden ja nicht von 100 Stunden Ausbildung! Sondern es geht darum, innerhalb der normalen Ausbildung ein paar Schwerpunkte zum Thema Vegetationsbrand zu vermitteln. Das geht damit los, welche Kleidung ziehe ich an."
Viele Feuerwehrleute in Deutschland hätten nur eine Art von Schutzanzug – der sei gemacht für Gebäudebrände und um darin auch eine sogenannte Durchzündung zu überleben. Dickes, schweres Material – nicht das richtige für körperliche Anstrengungen im Freien.
"Es ist falsch, mit der Kleidung für einen Innenangriff bei 35 Grad im Hochsommer vier Stunden zu arbeiten. Das wird auch nicht lange gut gehen. Es ist genauso falsch, die Jacke auszuziehen und im T-Shirt rumzulaufen."
Außerdem gelte es, die Gesetzmäßigkeiten von Waldbränden zu beachten, vom Einfluss der Sonne über die Windrichtung bis hin zur Sicherung eines Rettungsweges für die Brandbekämpfer. Bei einem Gebäudebrand könne die Feuerwehr nah an den Einsatzort heranfahren, zügig Schläuche verlegen, und im Normalfall, sagt Ulrich Cimolino, sind solche Feuer nach ein paar Stunden gelöscht. Ganz anders sei es, wenn die Feuerwehr zu einem Wald- oder Feldbrand ausrückt.
"Sie sitzen dann in dieser Kleidung im Auto, fahren zu einem Feldbrand, im Sommer bei 35 Grad, steigen aus dem Auto und stellen fest, mein Löschfahrzeug steht jetzt am Feldweg und kommt nicht in dieses Feld rein, weil hat kein Allrad-Antrieb, hat die falsche Bereifung, ich kann da nicht hinfahren, wo es brennt. Ich muss jetzt einen Schlauch verlegen, nicht über 20 Meter und ein paar kurze Schläuche, sondern über ein paar hundert Meter, durchs Feld, vielleicht einen Hang hinauf. Und dann bin ich am Feuer, dann muss ich arbeiten, das Feuer bekämpfen, ich muss vielleicht mit einer Hacke oder einer Schaufel die Glutnester bearbeiten. Und dann werden Sie sehr schnell erleben, dass Sie körperlich an Grenzen kommen, die sie so noch nicht erlebt haben."
Digitaler Waldbrandatlas
Der Deutsche Feuerwehrverband hat dieser Tage eine neue Rahmenempfehlung für Wald- und Vegetationsbrände veröffentlicht, mit Hinweisen für Einsatzkräfte zu Taktik und Sicherheit. Ulrich Cimolino hat das Papier mitverfasst. Es seien vor allem die Erfahrungen der vergangenen beiden Waldbrand-Jahre eingeflossen, sagt er.
Ein wichtiges Thema darin ist auch die Zusammenarbeit mit Einsatzkräften aus der Luft, etwa mit Hubschraubern der Polizei oder Bundeswehr: "Aber die Zahl der verfügbaren Hubschrauber war in der letzten Zeit nicht so, wie es sich die Feuerwehr gewünscht hat. Das hat man in den letzten Jahren gesehen, wo an vielen Stellen zu wenig Fluggeräte verfügbar waren. Das wird jetzt langsam besser."
Bessere Ausrüstung, dem Einsatz angepasste Schutzkleidung und natürlich die Ausbildung – das sind einige Aspekte, die Cimolino beim Thema Waldbrandbekämpfung anspricht.
Ebenso wichtig für die Feuerwehren sind aber Informationen: Wo genau brennt es? Gibt es Waldwege, die mit schweren Feuerwehrautos befahrbar sind? Wie steht der Wind, wann wird es regnen und – wo gibt es Löschwasser?
Solche Informationen in einem digitalen Waldbrandatlas bereitzustellen: Diese Idee hatte Paul Becker, der Präsident beim Bundesamt für Kartographie und Geodäsie. "Und da kommt einem ja die heutige Technik sehr entgegen, weil ein Atlas früher, den kennt jeder aus der Schule, da blättert man Seite für Seite. Aber heute kann man die verschiedenen Informationen, die man früher auf den einzelnen Seiten sah, sehr gut elektronisch zusammenfügen. Es sind Schichten, die man übereinanderlegt."
Beobachtung per Satellit
Becker ist seit gut einem Jahr Präsident des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie, kurz BKG. Die Behörde in Frankfurt am Main gehört zum Bundesinnenministerium und erstellt nicht nur Karten und Pläne, sondern sammelt auch Daten zur Erdoberfläche in Deutschland: Geodäsie ist die Wissenschaft von der Vermessung der Erde.
Becker ist Meteorologe und war jahrelang beim Deutschen Wetterdienst – wo es bereits den Waldbrandgefahrenindex gibt, eine digitale Karte, die das Risiko für Waldbrände anzeigt. "Aber das ist natürlich nur ein Teil der Information. Und als ich hier zum BKG kam, gab es noch eine ganze Reihe anderer Informationen, die brauchbar sind für die Waldbrandbekämpfung. Zunächst einmal: Wo brennt es tatsächlich, das kann man heute mit Satelliten sehr gut beobachten. Und dann will man natürlich eine Wettervorhersage haben, also man will wissen, wo es Niederschlag gibt, wie die Windverhältnisse sind, wie die Windrichtungen sind. Dann will man auch wissen, wo sind die Standorte der Berufsfeuerwehr, wo liegen genau die Straßen, wo ist Eisenbahngelände, wichtig sind auch Militärgelände, also Truppenübungsplätze."
Der Waldbrandatlas ist noch in der Testphase – rund 40 Nutzer sollen ihn ausprobieren und ihre Erfahrungen dokumentieren. Bisher seien die Rückmeldungen sehr positiv, berichtet Becker.
Im kommenden Jahr soll das Angebot dann einer größeren Zielgruppe zur Verfügung gestellt werden; es richtet sich vor allem an diejenigen, die mit Waldbränden zu tun haben: Förster und Waldbesitzer, Krisenstäbe in Ländern und Kommunen, und natürlich die Feuerwehren.
Paul Becker: "Im Großen und Ganzen erkennt man schon den Bedarf an so einem Tool, weil die Leute wollen schnell wissen, was los ist und viele Informationen miteinander koppeln. Und das kann man damit. Man kann sich sehr schnell einen Überblick verschaffen."
Wald der Zukunft
Im Wald bei Arnsberg im Sauerland hat es mittlerweile aufgehört zu regnen. Bertram Leder, der Forstwissenschaftler und Leiter des Zentrums für Wald und Holzwirtschaft in Nordrhein-Westfalen zeigt jetzt ein Waldstück, das für einen heißen Sommer ohne Regen gut gewappnet ist: "Ja, hier stehen wir also vor einem Mischbestand aus Douglasie, Buche, Eiche, Ahorn, Hainbuche, Linde. Hier haben wir kleine Bäume neben großen Bäumen, dicke Bäume, dünne Bäume, all das sind eben Kriterien im naturnahen Waldbau, von denen wir denken: Das ist der Wald der Zukunft."
Waldumbau lautet diese Strategie: Weg von Reinbeständen mit nur einer Baumart und hin zu Mischwäldern mit einer möglichst großen Vielfalt. Das sei auch eine gute Vorbeugung gegen Waldbrand – denn solche Wälder fingen erst gar nicht an zu brennen, sagt Leder.
Weil Laubbäume ohnehin weniger feuergefährdet seien als Nadelbäume und insgesamt in diesem Wald ein feuchteres Innenklima herrsche. "Das heißt, die Extreme werden hier abgeschwächt. Und das tut dem Wald natürlich gut. Und dem Menschen auch."