Freitag, 19. April 2024

Archiv

Wasserball
Letzte Chance auf Rio

In der kommenden Woche geht es für die Wasserballnationalmannschaft der Männer beim Turnier in Triest um das Olympia-Ticket für Rio. Daran war vor einem Jahr noch überhaupt nicht einmal zu denken.

Von Andrea Schültke | 26.03.2016
     Drei Spieler der deutschen Wasserball-Nationalmannschaft. (v.l.n.r) Moritz Schenkel, Julian Real, Dennis Eidner
    Drei Spieler der deutschen Wasserball-Nationalmannschaft. (v.l.n.r) Moritz Schenkel, Julian Real, Dennis Eidner (Deutschlandradio / Andrea Schültke)
    Der Traum von Rio war in Gefahr. So die Situation Ende 2014 aus Sicht der deutschen Wasserballnationalmannschaft. Die Folge - eine Trennung - schildert Nationaltorwart Moritz Schenkel: "Wir haben uns damals ja entschlossen als Mannschaft gegen den Trainer entschieden. Das hatte persönliche Gründe und ja auch auf Empathie-Ebene hat es nicht mehr wirklich gestimmt zwischen Mannschaft und Trainer."
    Von einem zerrütteten Verhältnis war die Rede zwischen dem Serben Nebojsa Novoselac und der Mannschaft. Das hatte das Team nach eigener Aussage im Dezember 2014 dem Deutschen Schwimmverband schriftlich mitgeteilt. Anfang Januar 2015 war dann die Trennung vollzogen. Der Trainer bekam andere Aufgaben im DSV da sein Vertrag noch bis zum Sommer läuft.
    Hängepartie mit Interimstrainern
    Für die Mannschaft folgte eine Hängepartie. Nicht nur Center Dennis Eidner fühlte sich... "Erst mal ein bisschen im Stich gelassen dadurch, dass wir überhaupt keine Information hatten. Wir hatten Lehrgänge in der Zeit, die von Co-Trainern oder Interimstrainern begleitet wurden, wo keiner was wusste und wie man sich über Wasser gehalten hat war, dass man an die Spiele gedacht hat."
    Trotz allem. Denn vier Monate später war immer noch kein neuer Trainer gefunden. Kollegen aus der Bundesliga teilten sich den Trainer-Job. Ein Behelf, und zusätzlich machte auch der Deutsche Olympische Sportbund den Wasserballern keine Hoffnungen mehr auf Rio.

    DOSB fordert Fokus auf Olympia 2020
    Es gab ein Gespräch zwischen DOSB und den Wasserballvertretern des Deutschen Schwimmverbandes. Auf die Frage nach dem Ergebnis schrieb der DOSB er habe...
    "... in dem Gespräch die klare Vorgabe gesetzt, dass die Förderstrukturen im Wasserball unverzüglich auf eine erfolgreiche Teilnahme an Olympischen Spielen Tokio 2020 auszurichten sind, da nach Einschätzung des DOSB eine Qualifikation für Rio unrealistisch erscheint."
    Da trainieren die Wasserballer für die Teilnahme an den Olympischen Spielen, stellen ihre berufliche Ausbildung für den Traum von Rio hinten an. Und dann knapp ein Jahr vor dem entscheidenden Qualifikationsturnier die Aussage: Rio erscheint unrealistisch.
    Spieler sehen sich in der Bringschuld
    Diese Information gelangte zunächst über Umwege zur Mannschaft schildert Verteidiger Julian Real mit 128 Länderspielen einer der erfahrensten im Team: "Ich hab's auch über eine Pressemitteilung erfahren und dann einen Tag später über ne E-Mail, wo das ein bisschen relativiert wurde, dass die Fördermaßnahmen, die schon geplant waren die sind auch noch durchgeführt worden. Der Rest, da soll der DSV und der DOSB sich drum kümmern."
    Aufgegeben habe die Mannschaft in dieser Zeit nicht, erzählen Moritz Schenkel, Dennis Eidner und Julian Real, die drei Nationalspieler vom vom ASC Duisburg. Auch die Spieler seien sich ihrer Verantwortung in der Trainerdiskussion bewusst gewesen, so Julian Real: "Wir sind ein bisschen in der Bringschuld gewesen. Wir als Mannschaft haben gesagt, dass wir mit dem Trainer nicht mehr arbeiten wollen und sind jetzt auch gefordert gewesen Leistung zu bringen. Deswegen mussten wir auch an uns arbeiten und jeder Einzelne musste sein bestes geben im Endeffekt war es für mich ne Trotzreaktion noch mehr zu arbeiten."
    Weissinger neuer Bundestrainer
    Arbeiten am Traum von Olympia. Der schien dann doch noch nicht so ganz ausgeträumt. Langsam kam Bewegung in die Sache. Ex-Nationalspieler Patick Weissinger wurde im vergangenen Sommer neuer Bundestrainer. Seine Aufgabe: Die Mannschaft in kürzester Zeit zum Nahziel führen, zur EM Anfang Januar in Belgrad.
    Wie er die wenigen Monate nutzen wollte, erklärte Weissinger im vergangenen Juni im Interview mit dem Deutschlandfunk: "Wir brauchen jetzt eine sehr große Effizienz. Jeder muss sich bewusst sein, dass jetzt jede Trainingseinheit, jede Trainingsminute zählt, dass wir wirklich auch viel sprechen miteinander, Besprechungen, Taktik, auch Gegner analysieren. Da hat man jetzt Zeit verloren, aber es sind ja auch sehr viel erfahrene Jungs dabei, und das werden wir alles in die Waagschale werfen."
    Deutschland rückt nach
    Bei der EM vor zweieinhalb Monaten wurde Team Deutschland allerdings nur Elfter. Weil andere Mannschaften verzichteten, wurde ein Platz frei für Deutschland beim Qualifikations-Turnier ab kommender Woche in Triest. Da muss mindestens Platz vier her, dann wäre der Traum von Dennis Eidner und allen Nationalspielern erfüllt: "...dass wir im August in Rio einlaufen können alle zusammen und nach hinten schauen können und sagen können, wir haben das richtige getan und zu zeigen: hier sind wir und das ist das, was wir alle uns davon erhoffen, diesen Startplatz zu bekommen."
    Die Olympischen Spiele in London hatten die Wasserballer verpasst, genauso die WM 2015. Beim Qualifikationsturnier geht es auch darum die Sportart selbst über Wasser zu halten.