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Wearables
Begehrte Datensammler am Handgelenk

Wer ein "Wearable" am Handgelenk trägt, kann seine täglich gelaufenen Schritte, die Herzfrequenz, den Kalorienverbrauch und vieles mehr messen. Mit den Daten wollen sich die Nutzer selbst kontrollieren und gesünder leben. Doch auch die Versicherungswirtschaft ist daran sehr interessiert.

Von Jessica Sturmberg | 16.08.2016
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    Wearables messen Schrittzahl, Kalorienverbrauch, Herzfrequenz und mehr. (picture alliance / dpa / Britta Pedersen)
    Ein verregneter Morgen in einem Kölner Park. Es sind kaum Jogger unterwegs, das Wetter ist nicht gerade einladend. Doch es gibt Hartgesottene, die etwas für ihren Körper tun wollen, "um ein bisschen abzunehmen und wieder fitter zu werden. Ansonsten nimmt man unkontrolliert zu", sagt ein Jogger mit einer Smartwatch am Arm, einer intelligenten Uhr. Sie zeichnet die Schrittzahl auf, die gelaufene Strecke, die Herzfrequenz, die Dauer des Trainings.
    Und auch nach der Joggingrunde geht das Tracking, das Aufzeichnen der persönlichen Werte, weiter: Wie viele Etagen hat man bewältigt, wie viele Kalorien verbrannt, wie viel still gesessen und geschlafen: Nicht nur die Dauer des Schlafs, sondern auch die Schlafphasen zeichnet das Wearable auf und überträgt die Daten auf das Handy oder den Computer.
    "Die Uhr hilft insofern, als dass man halt echt immer sieht, wie viel habe ich mich heute eigentlich bewegt und habe ich das eigentlich so getan wie ich das tun sollte? Weil ansonsten sieht der Graph doof aus."
    Bonusprogramme von Versicherungen
    Der Graph, der die gesammelten Daten in einer App darstellt und damit den Aktivitäts- und Fitnesslevel visualisiert. Daten, die auch für die Versicherungswirtschaft interessant sind: Wie ist es tatsächlich um die Gesundheit eines Kunden bestellt? Nicht nur bei Vertragsabschluss, sondern auch danach? Die Versicherungen stehen in den Startlöchern, einige bieten schon Tarife an, die diejenigen belohnen, die sich tracken lassen.
    Die Generali hat ein solches Angebot vor einem Monat auf den Markt gebracht. Erst einmal für die Risikolebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung, die private Krankenversicherungen soll bald folgen. Beim sogenannten Vitality-Tarif können Versicherte bis zu 16 Prozent ihres Beitrags sparen, wenn sie einen entsprechenden Fitness- und Gesundheitszustand nachweisen können.
    "Ich glaube, das ist wirklich eine Neuerfindung des Versicherungsgedankens, die jetzt auch möglich wird durch Technologie, die jetzt aber auch notwendig ist. Weil die klassische Versicherung in der Form überholt sein wird, allein durch das Thema Technologie, allein durch das Thema Fortschritt in dem Risikogedankengut, allein durch das Verhalten der Kunden, die immer anspruchsvoller werden. Es geht uns ja wirklich darum, die Kunden zu motivieren, gesünder zu leben, ist wirklich eine win-win-Situation", sagt Generali-Deutschland-Geschäftsführer Rainer Sommer.
    Gesundheitszustand möglichst genau erfassen
    Um den Gesundheitszustand möglichst genau zu erfassen, braucht es aber nicht nur den Energieumsatz, sondern auch die Energiezufuhr. Was an Kalorien rein kommt, muss man bislang noch selbst eingeben, in die Handy-App, die mit der Smartwatch synchronisiert ist. Heißt: regelmäßig eintippen, was man isst und trinkt, oder den Barcode der Lebensmittelprodukte einscannen, die man verzehrt. Und dazu das Gewicht, am besten mit einer Körperfettwaage. Die kann man unter Umständen auch direkt mit der App verbinden, die Daten sind dann automatisch erfasst.
    Doch wie genau sind die per Fitnessarmband erfassten Daten tatsächlich? Die Deutsche Sporthochschule hat das in einer Studie untersucht und dabei die zehn meistgenutzten Geräte daraufhin getestet, wie exakt sie Schrittzahl, Distanz und Energieumsatz erfassen. Das Ergebnis:
    "Man kann im Großen und Ganzen sagen, dass die Schritte relativ genau gemessen werden, wenn man sich dann aber die Distanz und den Energieumsatz anschaut, dann muss man das ein bisschen mit Vorsicht genießen", sagt Projektleiterin Yvonne Kilian.
    Teilweise ungenaue Messungen
    Beim Energieumsatz stellten die Forscher beispielsweise Abweichungen zwischen fünf und 50 Prozent fest. Noch zu ungenau, um sich darauf zu verlassen - erst recht, wenn davon der Versicherungsbeitrag abhängt. Aber trotzdem eine Motivationshilfe zum Überwinden des inneren Schweinehundes. Die Frage für die Nutzer ist: Wollen sie ihre so gesammelten Daten weitergeben? Und wer hat möglicherweise Zugriff darauf? Bisher geht es nur um Bonusprogramme, aber langfristig könnte es darauf hinauslaufen, dass Versicherte, die sich der Datenerfassung entziehen, höhere Standardtarife zahlen.