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Website "Kostenfalle Zahn"
Internetpranger für Zahnärzte?

Bei Fragen zu Zahnspangen, Implantaten oder professioneller Zahnreinigung ist der Ansprechpartner in der Regel der Zahnarzt des Vertrauens. Viele Antworten findet man allerdings auch im Internet. Die Verbraucherzentralen betreiben zum Beispiel das Info-Portal "Kostenfalle Zahn" für Patienten. Darüber ist jetzt ein Streit entbrannt.

Von Benjamin Dierks | 21.10.2016
    Zahnbehandlung aus der Sicht eines Patienten in einem Behandlungsraum eines Zahnarztes in Frankfurt (Oder), aufgenommen am 16.11.2005 (Illustrationsfoto zum Thema Zahnarzt) Foto: Patrick Pleul +++(c) dpa - Report+++
    Zahnbehandlung aus der Sicht eines Patienten (picture-alliance/ dpa / Patrick Pleul )
    Markus Lipp ist Zahnarzt in Berlin-Schöneberg. Und er kann der neuen Website nicht viel abgewinnen. Schon der Name sei eine Verurteilung, sagt er.
    "Da wird ein ganzer Berufsstand unter Generalverdacht gestellt, indem man unseren medizinischen Beruf ausschließlich unter einer Kostenfrage sieht."
    Die Website kostenfalle-zahn.de ist ein Angebot der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfahlen. Hier gibt es allerlei Informationen über die Kosten, die bei einer Zahnbehandlung lauern. Und es gibt eine Beschwerde-Ecke. In der Rubrik können die Nutzer eintragen, was sie beim Zahnarzt, Kieferorthopäden oder Chirurgen geärgert hat – anonym und in der Regel auch ohne Nennung des betreffenden Arztes. Die Verbraucherzentrale will so Informationen sammeln, um bei Anbietern und Aufsichtsbehörden Druck zu machen, wenn sich Beschwerden häufen. Gegen die Seite läuft nun aber die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) sturm. Sie sieht ihren ganzen Berufsstand in Verruf gebracht – und sie hat sie hat ein offenes Ohr bei der Politik gefunden.
    Ein reines Meckerportal?
    "Mich ärgert bei der neuen Website der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfahlen, dass das ein reines Meckerportal ist. Dafür brauche ich eigentlich nicht öffentliches Geld."
    Sagt Mechthild Heil, die Verbraucherschutzbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Sie kann die Kritik der Zahnärzte gut nachempfinden.
    "Angelegt ist das, dass man das anonym macht und die Kritik wird dann auf einer Pinnwand veröffentlicht. Die Zahnärzte, die betroffen sind, können nicht reagieren."
    Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung hatte zuvor bereits eine öffentliche Stellungnahme an Bundesverbraucherminister Heiko Maas geschickt. Auf dem Portal der Verbraucherzentrale werde das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt zerstört, hieß es darin. Und schließlich gebe es doch schon eine Reihe an Beratungs- und Beschwerdeportalen, an die sich Patienten wenden könnten. Ein Argument, dem sich auch Unionspolitikerin Mechthild Heil anschließt:
    "Es gibt Seiten von den Zahnärzten selber, wo man sich dran wenden kann. Es gibt natürlich eine Schlichtungsstelle, auch bei den Kassenärztlichen Vereinigungen angesiedelt, wo man sich beschweren kann. Man hat natürlich immer eine Chance eine Zweitmeinung einzuholen, das ist gesetzlich geregelt. Insofern gibt es viele Möglichkeiten für einen Kunden oder Patienten, zu sagen, ich habe hier ein schlechtes Gefühl, ich will das noch mal überprüfen lassen."
    Verbraucherzentrale hat Interesse der Patienten im Blick
    Vor allem kritisieren Zahnärzte, dass sie auf anderen Portalen die Möglichkeit hätten, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfahlen lässt die Kritik an ihrem Portal so nicht stehen. Die Zentrale habe in erster Linie das Verbraucherinteresse im Blick und nicht die Reputation der Zahnärzte, sagt Gerlinde Wasche von der Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfahlen.
    "Verbraucher oder Patienten finden dort alle Informationen, die sie brauchen, wenn sie Zahnschmerzen haben, kieferorthopädische Behandlungen durchführen lassen müssen und zwar sowohl, was die Kassenleistungen anbelangt und über diesen Punkt hinaus, wenn es dann auf den Markt geht, das heißt, wenn der Zahnarzt die Hand aufhält und für seine Zusatzbehandlung beispielsweise für Implantate und sonstiges die Hand aufhält."
    Die Einträge würden vor Veröffentlichung darauf geprüft, ob sie plausibel und gesetzeskonform sind.
    "Es ist eigentlich, ganz im Gegenteil, kein Meckerportal, sondern ein sehr durchdachtes Konzept mit fundierten Informationen und geprüften Verbraucherbeschwerden, die dort anonymisiert eingestellt werden."
    Vor allem sei für die Verbraucherzentrale wichtig, dass sie Informationen sammeln könne, die sie sonst nicht erhielten, sagt Gerlinde Waschke.
    "Auf der anderen Seite wollen wir aber auch selbst Erkenntnisse über die Praktiken von Zahnärzten haben, wie seriös gehen sie eigentlich mit ihren Angeboten um, wie ist es mit der Vertragsgestaltung bei beispielsweise Zahnersatz. Da wir das selber ja nicht immer erfahren, bieten wir dieses Portal an."
    Ein seriöser Zahnarzt habe deshalb überhaupt nichts zu fürchten.