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"Wegwerfmode"
Schwieriges Geschäft für Textilrecycler

Ein T-Shirt für fünf Euro, dreimal getragen und dann weggeschmissen - mit der Wegwerfmode wachsen die Altkleiderberge. Gleichzeitig wird allerdings das Textilrecyling komplizierter. Recyclingunternehmen fordern nun Unterstützung seitens der Textilindustrie.

Von Claudia van Laak | 27.11.2019
Textilien, Schuhe und Polster liegen neben einem Container für Altkleider auf der Straße.
Herausforderung Textil-Recycling: Wergwerfmode kann oftmals nicht mal mehr zu Putzlappen weiterverarbeitet werden. (imago/ Hermann J. Knippertz)
Bislang hat das Geschäftsmodell der Firma Geotex in Osnabrück funktioniert. Der Unternehmer Reinhold Thate stellt Altkleider-Container auf und verwertet die dort gesammelten Textilien. Etwa die Hälfte davon konnte Thate bisher als Second-Hand-Kleidung weiterverkaufen, ein weiterer Teil wurde zum Beispiel zu Dämmstoffen weiterverarbeitet, nur ein kleiner Rest landete in der Müllverbrennung.
Leider funktioniert das nicht mehr, sagt er: "Wir stellen in unserem Betrieb fest, dass die Menge dessen, was eigentlich unser Geschäftsmodell trägt, nämlich die tragfähige gebrauchte Bekleidung rückläufig ist."
Schlechte Qualität durch "Ultra Fast Fashion"-Trend
Das hat mehrere Ursachen: Konsumentinnen und Konsumenten entsorgen die Altkleider nicht so, wie es sein sollte, werfen zum Beispiel ihren Hausmüll mit in die Textil-Tonne. Dadurch wird eigentlich noch gute Kleidung ruiniert. Zudem landen immer mehr billige, minderwertige Textilien in der Altkleidersammlung. Ihre Qualität ist so schlecht, dass sie in Second-Hand-Läden nicht verkauft werden können.
"Fast Fashion" war gestern, weiß Nicole Kösegi vom Textilrecycler Boer: "Mittlerweile gibt es schon Firmen, da nennt man den Trend "ultra fast", das heißt, die Kollektionen werden noch öfter gewechselt, um den Konsum anzutreiben, und das merken wir natürlich auch in unseren Erfassungsmengen."
Problematisch ist auch, dass Kleider bisher nur selten "richtig" recycelt, also zu neuen Kleidern oder Gebrauchs-Textilien wie Putzlappen verarbeitet werden können. Um das T-Shirt in Form zu halten und die Jeans dehnbar, enthalten Baumwollgewebe oft einen Synthetik-Anteil. Diese Mischgewebe kann Ulrich Hahn nicht weiterverarbeiten, weil sie nicht saugfähig sind.
Hahn stellt jährlich 3.000 Tonnen Putzlappen aus alter Kleidung, Bettwäsche und Handtüchern her. Er klagt darüber, dass der Mischgewebe/Synthetik-anteil immer größer wird. "Es sind auch immer mehr Fremdstoffe dran wie Knöpfe und Perlen oder Aufdrucke. Das sind Störfaktoren, wir können das nicht mehr verwerten."
Neue EU-Richtlinie lässt Altkleider-Preise weiter purzeln
Damit nicht genug. Neue Gesetze treiben Deutschlands Textilrecyclern Sorgenfalten auf die Stirn. 2025 müssen europaweit und flächendeckend Alttextilien getrennt gesammelt werden, dürfen also nicht mehr im Restmüll verschwinden und damit verbrannt werden. Die sowieso schon hohen Altkleiderberge werden mit der Umsetzung dieser EU-Richtlinie weiter wachsen und die Preise damit sinken.
Die "Gemeinschaft für textile Zukunft", ein Zusammenschluss von Unternehmen, die Altkleider erfassen, sortieren und vermarkten, fordert nun eine Unterstützung seitens der Textilindustrie.
Reinhold Thate: "Die Modeindustrie kann nicht unser Feind sein, die muss unser Partner werden. Beim Erwerb eines Sakkos muss die Entsorgung desselben bereits bezahlt sein. Das ist die einzige Möglichkeit, dieser Mengen Herr zu werden." Eine Art Rücknahmegarantie für Kleidung also, wie es sie für Batterien oder Elektrogeräte bereits gibt.
Textilrecycler fordern Rücknahmegarantie der Modeindustrie
In Frankreich ist dies bereits Realität: die Unternehmen müssen ein eigenes Sammel- oder Recyclingprogramm auflegen oder sich finanziell an einem landesweit existierenden System beteiligen. Die Textilrecycler fordern außerdem mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung.
Unternehmer Thate beklagt, dass es keine Technologien gibt für eine Fasertrennung. "Das ist weder physikalisch noch chemisch möglich. Und natürlich investiert niemand in diese Geschichten, weil es kein Geschäftsmodell sein kann. Ich gebe ja kein Geld aus für die Entwicklung, wenn am Ende nicht etwas rauskommt, was für mich machbar ist."
Immer mehr Modehändler stellen in ihren Filialen eigene Sammelbehälter auf, nehmen gebrauchte Kleidung zurück und versuchen so, sich ein nachhaltiges Image zu geben. Diese Altkleider landen dann zum Beispiel bei Geotex in Osnabrück. Es gelten die gleichen Kriterien wie sonst auch, sagt Unternehmer Thate: minderwertige Kleidung verkauft sich nicht ein zweites Mal