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Weiblicher Jazz-Rap
Über starke Frauen im Hip-Hop

Hip-Hop ist bis heute noch eine Männerdomäne. Die Sängerin Akua Naru pocht darauf, dies zu ändern. Mit ihrer Musik will sie eine Stimme von vielen starken Frauen repräsentieren.

Von Thuy-An Nguyen | 01.04.2017
    Akua Naru
    "In der Geschichte des Hip-Hop wurden die Stimmen von Frauen nie auf die gleiche Weise geehrt wie die von Männern", so die Hip-Hop-Künstlerin Akua Naru im Deutschlandfunk (Daniel Ziegert/Karsten Jahnke Konzertdirektion)
    Feste Wurzeln zu schlagen, das ist für die US-amerikanische Musikerin Akua Naru keine notwendige Formel im Leben. Von New Haven, Connecticut, über Westafrika nach Asien gereist, lebt sie heute in Deutschland. Es ist der stetige Wandel, der sie als Mensch und als Musikerin geprägt hat. Das Leben im Moment.
    "Was mich geprägt hat … Genau genommen denke ich, dass du gar nicht wissen kannst, was dich geprägt hat, wenn es nicht vorbei ist. Ich meine, ich bin immer noch in diesem Leben. Also ist es schwer, das jetzt schon wirklich zu wissen."
    "Jazz-Hop ist aufgeklärt, politisch, erzählerisch"
    Von einem stetigen Wandel beeinflusst, so begreift die 38-Jährige auch ihre Musik. Die wird oft als "Conscious-Rap" bezeichnet: Politisch motivierter Rap. Ein Subgenre, das als Gegensatz zum sogenannten "Gangsta-Rap" begriffen wird. Akua Naru würde ihre Musik nicht unbedingt in diese Kategorie einordnen.
    "Conscious-Rap, ich weiß nicht. Ich würde von meiner Musik nicht sagen, dass sie Rap ist, obwohl ich rappe. Ich fühle mich nicht angegriffen von dem Begriff. Menschen brauchen Kategorien, das verstehe ich. Ich würde meine Musik jedoch vielmehr als Jazz-Hop bezeichnen. Zumindest denke ich heute so darüber, morgen kann das schon wieder anders aussehen. Mein aktuelles Album "Miner's Canary" klingt im Vergleich zu meinem ersten Album von 2011 zum Beispiel ganz anders. … Jazz-Hop ist aufgeklärt, fortschrittlich, politisch, erzählerisch, in einem Rahmen von Jazzklängen."
    In "Miner's Canary" verbindet sich eine Mischung aus jazzigem Piano, E-Gitarre und Saxophon mit sanftem Soul. Mal wird es atmosphärisch-gospelig, mal schlagen rhythmische Hip-Hop-Beats an. All diese Sounds bringt die Rapperin mit ihrer leicht rauchig-kräftigen Stimme in geschmeidigen Einklang. Ihre Aufgabe als Künstlerin sieht sie im Sinne ihres Vorbilds Nina Simone: Die große Jazz-Ikone sagte einmal, die Aufgabe eines Künstlers sei es, die Zeit zu reflektieren, in der man lebt.
    Inspiriert von starken Frauen
    "Meine Musik ist sehr politische Musik. Es ist eine Musik des Widerstands. Sie geht in eine ganz bestimmte Richtung. Das wird bei jedem meiner Lieder deutlich. Meine Songs bleiben meinen Prinzipien treu."
    Akua Naru wählt ruhig und mit Bedacht ihre poetisch klingenden Worte. Wenn sie auf die Schriftstellerin Toni Morrison zu sprechen kommt, fangen die großen Augen im makellosen Gesicht der Frau mit den langen Dreadlocks an zu strahlen. Ihre Arme öffnen sich, ihr ganzer Körper spricht vor Begeisterung.
    Toni Morrison gewann 1994 als erste afroamerikanische Frau den Literaturnobelpreis. Ihre Romane handeln von den Erfahrungen schwarzer Menschen, insbesondere schwarzer Frauen, in den USA.
    Akua Narus Songs sind ebenso inspiriert von der Soziologin Tricia Rose. Diese bezeichnete Rap und Hip-Hop als bedeutende Elemente für die Selbstermächtigung der afroamerikanischen Kultur. Gerade weiblichen Hip-Hop-Größen wie Lauryn Hill, Queen Latifah oder Bahamadia zollt Akua Naru größten Respekt. Weibliche Solidarität und Verbundenheit zu schaffen, verbindet diese Frauen miteinander.
    Wo stehen Frauen im Hip-Hop heute?
    "Wir leben in einer weißen, imperialistischen und patriarchalen Gesellschaft, wo Frauen wie wir nicht genügend Anerkennung bekommen haben. Aus der Sicht des Mainstreams gehören wir nicht zur Norm. Women of Color auf der ganzen Welt müssen Raum für sich kreieren … In der Geschichte des Hip-Hop wurden die Stimmen von Frauen nie auf die gleiche Weise geehrt wie die von Männern … Es gibt so viele unerzählte Geschichten. Mein Körper erzählt eine der Geschichten. Ich erzähle eine Geschichte allein durch die Tatsache, dass ich hier bin und das Gespräch mit Ihnen führe … Und eine einzelne Geschichte ist niemals nur eine Geschichte. Ich bin ein Ausschnitt der Geschichte von Frauen und schwarzen Menschen auf der gesamten Welt und meine Musik trägt die Schwingungen. Man muss es nur spüren."
    Akua Naru bei einem Konzert
    Akua Naru bei einem Konzert (David Gross/Karsten Jahnke Konzertdirektion)
    Ein Ausschnitt, eine Momentaufnahme der Geschichte von Frauen auf der Welt, ihrer Vorfahren und Vorfahrinnen. Was hat sich geändert, im Vergleich zu den 1990ern? In der Zeit, wo weibliche Hip-Hop-Künstlerinnen ihre bisher erfolgreichste und einflussreichste Zeit hatten - und heute beinahe rar geworden sind?
    "Der Unterschied ist einfach, dass es 2017 ist. Man kann keine Ära mit der anderen gleichstellen und Vergleiche ziehen … Das ist der Unterschied. Jeder Tag bringt uns nun mal woanders hin. Donald Trump ist Präsident. Wir sind an einem anderen Punkt. Obwohl vieles auch gleich geblieben ist … Wir müssen uns ernsthafte Fragen stellen. Ich meine, eine Person, die gesagt hat, sie will Frauen an ihrer … ich kann es gar nicht wiederholen … an ihren Genitalien anfassen. Und Wochen später wird er Präsident. Das ist absurd."
    Das ist Grund genug für Akua Naru nur noch mehr an ihren Zielen zu arbeiten: nämlich eine Stimme zu sein, nicht nur für schwarze Frauen, sondern für alle Frauen in der Welt.
    Tourdaten: 01.04.2017 Lüneburg, 02.04.2017 Potsdam, 02./03.06.2017 Hamburg