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Weichmacher im Parfüm

n Parfüms finden sich Weichmacher, die im Verdacht stehen, Leber, Nieren und Fortpflanzungsorgane zu schädigen. Zwar ist die gesundheitsgefährdende Wirkung des Vergällungsmittels Diethylphthalat, kurz DEP, aufgrund der geringen Konzentration umstritten, doch Umweltschützer und Gesundheitsexperten sind alarmiert und Parfümhersteller fürchten um ihren Ruf.

Von Ralph Ahrens | 14.02.2006
    Modernes Parfüm ist ein Cocktail aus vielen verschiedenen Chemikalien. Darunter befinden sich auch Stoffe, die umstritten sind. Dazu gehört Diethylphthalat, kurz DEP, erklärt Henk Meijerink, wissenschaftlicher Direktor der Perfume Foundation mit Sitz in Brüssel:

    "Einige Fachleute sagen, DEP könnte der Gesundheit schaden. So würden Tierversuche zeigen, dass DEP die Zahl männlicher Hormone verringere. Die Industrie hingegen verweist auf Studien, die keine Gefahr sehen. Es ist also eine offene Frage, wie sicher DEP ist. Ich kann keine Antwort geben."

    Diese unklare Situation schadet jedoch dem Image von Parfüm, so Creezy Courtoy, Vorsitzende der Parfüm-Stiftung. Sie fürchtet sogar, dass die EU Parfüm an öffentlichen Plätzen verbieten wird – so wie in der kanadischen Stadt Halifax:

    "Dort gibt es ein Gesetz, das Parfüm an öffentlichen Plätzen verbietet. So ist an den Türen der Universität zu lesen: kein Parfüm, kein Rauch. Parfümduft wird dort als ebenso gefährlich betrachtet wie Zigarettenrauch."

    Die Industrie verzichtet aber ungerne auf diese Chemikalie. Matthias Vey von IFRA, dem Internationalen Riechstoffverband:

    "Wir sind bedrückt und auch etwas besorgt darüber, dass es in Verruf geraten ist. Diethylphthalat, muss ich sagen, ist elementar, ist ein sehr wichtiger Stoff, auch wenn es an sich selbst ja nicht riecht, aber es ist ein sehr wichtiger Stoff für die Riechstoffindustrie."

    Und dafür gibt es gute Gründe:

    "Zum einen ist es ein hervorragendes Lösungsmittel oder ein Lösungsvermittler, um die vielen teilweise hundert Einzelkomponenten, die in einem Parfüm sind, in der Mischung zu halten. Und eine zweite sehr wichtige Eigenschaft aus unserer Sicht ist: Es hilft auch, das Parfüm später auf der Haut zu fixieren. Das heißt, die Freigabe der einzelnen Stoffe ein bisschen zu verzögern, so dass man den Riecheindruck etwas länger genießen kann."

    Zudem nutzen Parfümhersteller Diethylphthalat, um Alkohol zu vergällen, also ungenießbar zu machen. Geld ist in einigen Ländern der Grund: Frankreich zum Beispiel besteuert den Einsatz reinen Alkohols für die Parfümherstellung. Das will die Parfüm-Stiftung ändern. Creezy Courtoy:

    "Die Lösung ist, den Alkohol von der Steuer zu befreien. Und wir hatten ein Treffen mit der Europäischen Kommission. Und sie scheint bereit zu sein, sich dafür einzusetzen. Das wäre ein Erfolg. Dann gäbe es einen Grund weniger, Alkohol mit DEP zu vergällen."

    In Deutschland sieht es anders aus. Parfümhersteller brauchen hier zwar keine Steuer zu zahlen, wenn sie reinen Alkohol verwenden. Sie setzen dennoch Diehtylphthlat ein – der Einfachheit halber: Denn es ist aufwendig, Alkohol mit der eigentlichen Duftmischung zu vergällen: Das ist nur unter Aufsicht eines Zollbeamten erlaubt.

    Es ist also nicht einfach, die umstrittene, aber vielseitig einsetzbare Chemikalie Diethylphthalat von heute auf morgen aus Parfüm zu verbannen. Aber es gibt ermutigende Schritte. So stellen sich einige Hersteller von Duftmischungen bereits auf eine Zukunft ohne DEP ein. Matthias Vey:

    "Es gibt Riechstoffkombinationen ohne Diethylphthalat, weil einige Kunden aufgrund des Marktdrucks sagen, das möchten sie nicht mehr haben. Es gibt also Alternativen, die man verwenden kann. Das sind allerdings nicht sehr viele, die diese hervorragenden Stoffe in sich vereinen und die man dann einfach so als Austauschstoff verwenden kann."

    Mit anderen Worten: Eine Zukunft ohne Diethylphthalat ist denkbar. Und die Stiftung will die Vermarktung von Parfüms, die ganz ohne Phthalate hergestellt werden, fördern – mit einem Label: Parfüm ohne Phthalate. Und einige Parfümhersteller zeigen sich bereits interessiert.