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Wein von der Ruhr statt von der Mosel

Die Pflanzrechte verhindern eine Ausweitung der Flächen, auf denen Wein angebaut werden darf. Die EU-Kommission plant hier eine Liberalisierung. Viele Winzer sind dagegen.

Von Ludger Fittkau | 01.09.2012
    Ein kleiner unbemannter Hubschrauber mit Rotorblättern, die nur etwa einen Meter lang sind. Das ist der Hoffnungsträger für die Winzer an der Mosel, die ihren Wein in extrem steilen Lagen anbauen. Das ferngesteuerte Flugobjekt, eine sogenannte "Drohne", wie sie auch von Militär und Polizei eingesetzt wird, soll künftig Pflanzenschutzmittel auf die Riesling- oder Müller-Thurgau-Reblagen an den steilen, unwegsamen Moselhängen ausbringen.

    Noch wird an der Weinbau-Drohne mit dem Spritzkanister an Bord geforscht. Bei einem Treffen im quirligen Mosel-Weinort Bernkastel-Kues wird die Technik Winzern und Politikern der Region vorgestellt. Moselwinzer Martin Dötsch ist gekommen, um sich das Fluggerät näher anzuschauen. Denn die Steillagen seines Weingutes, auf denen vor allem Riesling wächst, werden bis jetzt noch von bemannten Hubschraubern gespritzt, eine teure und bisweilen gefährliche Aktion:

    "Heute war bei uns im Ort die letzte Anwendung mit dem Hubschrauber."

    Den großen, bemannten Hubschrauber könnte eine "Spritz-Drohne" künftig ersetzen, so hoffen die Moselwinzer. Der Weinbau in den Steillagen der Mosel ist hart und teuer – umso mehr fürchten Martin Dötsch und viele andere Winzer die Pläne der Europäischen Union zur Liberalisierung des Weinmarktes: Die Mengenbegrenzungen für Weinanbau in Europa sollen fallen. Dadurch würde Weinanbau auch in Regionen möglich, in denen bisher kein Wein produziert wird. Für Moselwinzer Martin Dötsch ein Horrorszenario:

    "Da wir sehr aufwendige Erzeugungskosten haben, gerade im Weinbau, wäre das natürlich mit anderen Flächen, wo es günstiger ist, für uns wirtschaftlich schwierig. Es gibt ja aktuell schon einen starken Rückgang dieser tollen Weinlagen hier an der Mosel zu verzeichnen und auch am Mittelrhein."

    Bei einer Abschaffung der sogenannten "Pflanzrechte" für Wein in Europa würde der Mosel auch die Drohne mit dem Pflanzenschutzmittel kaum noch helfen, befürchtet Winzer Martin Dötsch.

    Seit Mitte der 1970er-Jahre gilt in der EU eine strenge Anbaubegrenzung für Wein. Winzer, die mehr Wein anbauen wollen, müssen von Nachbarn Pflanzrechte erwerben, die von einer stillgelegten Rebfläche stammen. Damit bleibt die absolute Menge des in Europa angebauten Weins begrenzt. Das müsse auch so bleiben, sagt die rheinland-pfälzische Weinbauministerin Ulrike Höfken von den Grünen:

    "Ich glaube, es wäre ein Riesenproblem für den gesamten deutschen Weinbau, übrigens auch für den europäischen, wenn jetzt die Situation wieder einträte, die wir vor zehn, fünfzehn Jahren hatten: Überproduktion, der ganze Wein ging in die Zwangsdestillation, die Qualität war den Bach runtergegangen, die Verbraucher haben das Produkt nicht mehr attraktiv gefunden, zu Recht. Und mit der Orientierung auf Qualität statt Menge, also Klasse statt Masse hat ja der deutsche Weinbau eine gute Entwicklung genommen, die möchten wir jetzt wirklich nicht mehr gefährden."

    Auch der CDU-Politiker Peter Bleser ist zur Drohnen-Vorführung nach Bernkastel-Kues gekommen. Bleser ist parlamentarischer Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium. Auch die Bundesregierung ist alarmiert, denn die Aufhebung des Wein-Anbaulimits könnte dazu führen, dass zusätzlicher Billigwein auf den deutschen Markt strömt und die aufwändig produzierten Mosel-Weine verdrängt:

    "Der Steillagen-Wein ist was Besonderes. Und der Verbraucher muss beim Genuss dieser Weine auch die Landschaft im Kopf haben und die Mühe, aber auch die Rarität, das Spezielle, das Originelle dieser Wein. Und das, glaube ich, müssen wir noch schützen. Und wenn der Markt sich dann irgendwann so verfestigt hat, dass diese regionalen Spezialitäten auch ihren Preis erzielen. Dann sei es so, dann soll der Markt komplett freigegeben werden. Aber zum jetzigen Zeitpunkt, in den nächsten Jahren, ist das nicht absehbar."

    Bis zur Regulierung des Weinmarktes durch Brüssel in den 1970er-Jahren wurde in Europa zu viel Wein produziert. Durch den Anbaustopp ging die Weinbaufläche in der EU zwischen 1976 und 2006 von 4,5 Millionen Hektar zurück auf 3,2 Millionen Hektar.

    Ohne dieses Anbaulimit auf dem europäischen Weinmarkt müssten immer mehr Weinterrassen an Mosel und im UNESCO-Weltkulturerbe Mittelrhein aufgegeben werden, befürchten viele Winzer und Politiker.

    Weinmarktexperte Dieter Hoffmann hält die Liberalisierung des Weinanbaus hingegen für richtig:

    "Schauen Sie, wenn Sie jetzt am Mittelrhein herunterfahren, wenn sie von Rüdesheim nach Kaub oder nach Koblenz fahren, dann werden sie feststellen, dass in der Zeit, in der es die Pflanzrechte gab, trotzdem Rebflächen brach gefallen sind. Das heißt, das Instrumentarium wird dies nicht verhindern. Das Gleiche können sie an der Nahe sehen in vielen Gemeinden, dass Steilhänge brach gefallen sind in der Zeit, in der es die Pflanzrechte gab. Ich sehe auch nicht unbedingt, dass jede Weinlandschaft, so wie sie heute ist, einen Schutzcharakter für die nächsten 100 Jahre hat."
    Dieter Hoffmann ist gelernter Winzer. In seinem Weinberg im hessischen Rheingau nördlich von Wiesbaden arbeitet er heute allerdings nur noch nebenbei. Hauptberuflich ist Hoffmann Professor für Weinökonomie an der Fachhochschule Rhein-Main.

    Er lehrt und forscht auf dem kleinen Campus in Geisenheim, der die älteste deutsche Forschungs- und Ausbildungsstätte für Weinbau beherbergt. Ein Weinbaustudium in Geisenheim bringt künftigen Winzerinnen und Winzern Renommée, die Ausbildung gilt als exzellent. Dieter Hoffmann ist als Weinmarktexperte aber auch außerhalb der Hochschule ein gefragter Mann, mischt sich engagiert in aktuelle Diskussionen zur Lage des Weinmarktes ein:

    "Wenn sie Dozent sind und jeden Tag in die strahlenden Augen von jungen Menschen schauen, die gerne mit Wein ihren Beruf vollbringen wollen und davon leben wollen, dann müssen sie ein bisschen an die Zukunft denken, mehr als an die Vergangenheit."

    Dieter Hoffmann zielt damit auf die aktuelle Debatte um eine Liberalisierung des EU-Weinmarktes. Der Geisenheim-Professor unterstützt die Pläne der EU-Kommission, die zurzeit herrschenden Mengenbegrenzungen für Weine aus dem EU-Raum aufzuheben. Das sei im Interesse seiner Studierenden, argumentiert der Ökonom. Denn die aktuell geltende Begrenzung der Weinanbau-Flächen sei nachteilig für junge deutsche Winzer, die mit einer größeren Anbaufläche als ihre Vorfahren den Markt erobern wollten, so Hoffmann:

    "Der deutsche Markt ist ein großer Weinmarkt, der viertgrößte in der Welt. Wir haben ständig steigende Importe von Wein, in unterschiedlichen Qualitätskategorien. Natürlich ist der größte Teil, der importiert wird, sind sehr preiswerte Weine, den man zu diesem Preis in Deutschland nicht produzieren könnte. Aber wir haben viele andere Qualitätssegmente, in denen wir durchaus in Deutschland auch mehr Wein produzieren könnten."

    Wenn ein Winzer mehr Wein anbauen will, muss er nach bisherigem EU-Recht Pflanzrechte von anderen Winzern kaufen. Damit wird eine Ausweitung der Weinanbauflächen verhindert. Es gebe aber viele Weinbaubetriebe, die nicht groß genug seien, um in Zukunft von den Erträgen im Weinberg leben zu können, argumentiert Dieter Hoffmann:

    "Ein Winzerbetrieb, der sein Einkommen langfristig stabil halten oder sogar noch verbessern will, muss wachsen. Das heißt, wenn wir bei der konstanten Fläche bleiben, mit den Pflanzrechten, wie es jetzt ist, müsste eigentlich die Hälfte der Winzer in den nächsten 20 Jahren aus dem Geschäft aussteigen, damit die andere Hälfte überleben kann. Meines Erachtens ist der Markt offen genug, dass wir nicht die Rebfläche in den nächsten 20 Jahren verdoppeln, aber vielleicht 10.000 oder 20.000 Hektar mehr an geeigneten Standorten an Wein produzieren."

    Heute werden in Deutschland auf rund 100.000 Hektar Weine angebaut – in 13 Anbaugebieten. Dieter Hoffmann kann sich durchaus vorstellen, dass künftig auch im Ruhrtal bei Essen und Bochum Wein angebaut wird oder etwa in der Wetterau nördlich von Frankfurt am Main, die ein ähnlich mildes Klima hat, wie das nicht allzu weit entfernte Rheinhessen:

    "Ich denke, die größte Expansion wird in Rheinhessen stattfinden, weil die Böden in Rheinhessen sehr gut für Rebanbau geeignet sind. Und in der hügeligen Landschaft, kann ich mir vorstellen, gibt es noch manche leichte Hänge, die gut für Reben nutzbar sind und deswegen von pfiffigen, jungen Winzern für ihre Zukunft neu angepflanzt werden."

    Badenheim, Rheinhessen, 25 Kilometer westlich von Geisenheim auf der anderen Rheinseite. Winzer Ingo Steitz schenkt in seiner Probierstube einen Weißwein ein. Der Weinhof Steitz liegt mitten in dem kleinen Weinort, der von mit Reben bewachsenen Hügeln umgeben ist. Neben Riesling wachsen hier auch Sorten wie Grauburgunder und seit einigen Jahren gedeiht rundherum auch immer mehr Dornfelder, die beliebte Rotwein-Sorte.

    Dennoch ist Winzer Ingo Steitz nicht begeistert von den Wachstumsperspektiven, die der Geisenheim-Ökonom Dieter Hoffmann für seine Region aufzeigt. Denn Steitz ist strikt gegen eine Liberalisierung des europäischen Weinmarkts.

    Und auch seine Stimme hat in der deutschen Diskussion Gewicht: Denn Ingo Steitz ist nicht nur rheinhessischer Winzer, sondern auch Vizepräsident des Deutschen Weinbauverbandes, der Berufsorganisation der heimischen Winzer mit rund 80.000 Mitgliedern. Dass Rheinhessen von einer Liberalisierung des EU-Weinmarktes profitieren könnte, glaubt Steitz nicht:

    "Rheinhessen ist ja das größte deutsche Weinbaugebiet. Und wir sind technisch auch in der Lage, relativ viel Rebfläche in einem Betrieb zu bewirtschaften. Und es gibt viele Kollegen bei uns, die auch auf betriebliches Wachstum in der Fläche setzen. Die setzen aber mehr auf den Strukturwandel, das heißt, aufgebende Betriebe werden übernommen. Und setzen weniger auf konkrete Flächenausweitung im Gesamtgebiet, weil man genau weiß, wenn das käme, man hätte mehr oder weniger sehr abrupt ein sehr großes Angebot zusätzlich."

    Mit der jetzigen Marktlage seien die rheinhessischen Winzer im Grunde zufrieden, versichert Ingo Steitz. Vor allem deswegen, weil man zurzeit vergleichsweise gute Preise erziele. Auch wollten nicht alle jungen Winzer mit größeren Anbauflächen mehr Geld verdienen, wie es der Geisenheimer Ökonom Dieter Hoffmann propagiere, sagt Steitz:

    "Also, bei den jungen Leuten gibt es auch zwei verschiedene Typen. Das eine sind diejenigen, die sehr stark auf Qualität setzen, die in die Direktvermarktung möchten, die in den Fachhandel hineingehen. Und das ist eigentlich die Spezies, die in Geisenheim studiert. Und die sehen ihr Heil nicht unbedingt in der Fläche, sondern die sagen, wir wollen direkt an den Endverbraucher, weil der Endverbraucher für uns der sicherste Abnehmer ist. Da gibt es kaum Konjunkturschwankungen. Und die Kunden, die direkt beim Winzer oder beim Fachhandel einkaufen, sind sehr treue Kunden."

    Dann gebe es aber den anderen Typus Jungwinzer, der flächenorientiert arbeite und für große Genossenschaften oder Weinkellereien produziere. In dieser Gruppe seien durchaus Stimmen zu hören, die für eine Ausweitung der Flächen plädierten, räumt Steitz ein. 25.000 bis 30.000 Hektar Ackerland in Rheinhessen wären durchaus zusätzlich für den Weinbau nutzbar, schätzt er.

    Große Wein- und Sektkellereien sprechen sich ebenfalls für eine Erhöhung der Anbauflächen aus, weil sie mehr billige Basisweine oder Sekt aus Deutschland anbieten wollen – Produkte, die vor allem über die Supermärkte verkauft werden. Ingo Steitz:

    "Mehr Angebot bringt natürlich niedrigere Preise mit sich. Das heißt, die Kellereien könnten zu niedrigeren Einstandspreisen hier einkaufen, würden diese niedrigeren Preise auch weitergeben im Handel und würden deutschen Wein wieder dort anbieten, wo wir ihn eigentlich nicht sehen möchten, nämlich in der Preislage 1,39 oder 1,49 Euro."

    Solche Preise habe es zuletzt rund um das Jahr 2000 gegeben, damals habe ein Liter rheinhessischer Wein zeitweise nur noch 35 Pfennige gekostet - also rund 17 Cent, erinnert sich Ingo Steitz:

    "Undenkbar, dass eine solche Situation wiederkommen sollte. Aber wenn die Pflanzrechte auslaufen würden innerhalb eines Jahres - und ich bin mir sicher, viele Kollegen würden die Flucht nach vorne ergreifen und würden dann auch anpflanzen und wir hätten eine Erhöhung unseres Potenzials um 20 bis 30 Prozent, wie das schon einmal der Fall war in den 80er-Jahren -, dann würden die Märkte wieder rasant zusammenbrechen."

    Rund 20 Euro müsste eine Flasche Riesling aus dem Steillagenanbau an der Mosel heute kosten, damit die Kasse des Winzers stimmt. Ein Preis, der nicht nur im Supermarkt kaum zu realisieren ist. Die Technik soll nun also helfen, die Produktionskosten zu senken.

    In Bernkastel-Kues überreicht Landwirtschaftsstaatssekretär Peter Bleser einen Scheck: Der Bund fördert den experimentellen Einsatz der Drohnen im Weinbau mit 800.000 Euro. Der CDU-Politiker aus dem Wahlkreis Mosel/Rhein-Hunsrück erhofft sich viel von den unbemannten Hubschraubern:

    "Ja, die sind nicht nur geeignet, die Arbeit zu erleichtern, sondern sie sind auch geeignet, sehr gezielt, sehr genau und sehr umweltschonend Pflanzenschutzmaßnahmen anzubringen. Und insofern ist das ein Riesenfortschritt, wenn es gelingt, mit den jetzt von uns zur Verfügung gestellten Fördermitteln die unbemannten Hubschrauber sehr genau, sehr tief, sehr nahe an die Pflanzen heranzubringen, das ist schon ein Quantensprung in der Weinbauarbeit."

    Auch die rot-grüne Landesregierung in Mainz befürwortet die staatliche Förderung für den Steillagenanbau an der Mosel und lehnt wie die Bundesregierung die Liberalisierung des europäischen Weinmarktes ab. Ulrike Höfken, grüne Weinbauministerin in Rheinland-Pfalz:

    "Die Beschlüsse zur Weinmarktreform, die würden dazu führen, dass der deutsche Weinbau nicht mehr wettbewerbsfähig ist, wie er jetzt existiert. Das heißt, es würde wieder massiv zulasten der Qualität gehen und es könnte, wenn die EU sich durchsetzt mit ihrer Liberalisierung, quasi überall Wein angebaut werden. Sicher könnte man das tun, im Osten oder im Ruhrgebiet. Aber ich denke, Wein ist ein Kulturgut, Wein hat etwas mit Regionen zu tun, mit der Qualität einer gewachsenen Erzeugung und viel auch mit dem Landschaftsbild."

    Liberalisierungsbefürworter Dieter Hoffmann von der Weinbau-Hochschule Geisenheim hat wenig Verständnis für diese struktur-konservative Haltung der grünen Ministerin in Mainz. Er greift eher Argumente eines rheinland-pfälzischen Weingroßhändlers auf, der sich durch eine Liberalisierung des EU-Weinmarktes auch den Anbau von Weinsorten verspricht, die hierzulande bisher nicht gepflanzt werden:

    "So hat beispielsweise jetzt ein großer Weinhändler in die Diskussion mit eingebracht, dass er sich vorstellen kann, in Deutschland auch "Grünen Veltliner", der aus Österreich kommt, anzubauen. Das sehe ich für genauso zulässig, in Deutschland "Grünen Veltliner" anzubauen, wie die Österreicher Riesling anbauen. Diese Freiheit im Markt ist ein Vorteil, für beide Seiten, für den dynamischen Unternehmer wie auch den pfiffigen Verbraucher. Und ich glaube, auf diese Kräfte sollte man mehr vertrauen, dann bekommen wir bessere Qualität zu günstigen Preisen und trotzdem verdienen die guten Winzer Geld."

    Weinbauministerin Ulrike Höfken hingegen ist der Ansicht, dass ihr Bundesland auch ohne Liberalisierung des Weinanbaus in Europa genug brachliegende Flächen bietet, auf denen man mit Weinanbau Geld verdienen und auch mit neuen Sorten experimentieren könne:

    "Also, es gäbe genug Möglichkeiten, auch heute schon diese brachliegenden Flächen zu bewirtschaften, wenn es denn diejenigen gibt, die es wollen und können. Aber da muss man ganz klar sagen, es ist unglaublich aufwendig, Weinbau in den Steillagen zu betreiben. Es gibt Gott sei Dank noch viele und auch junge Winzer, die das tun."

    Die Weinbaupolitiker machen jetzt gemeinsam mit den Winzerverbänden Druck auf Brüssel. Ziel ist es, die geplante Abschaffung der Mengen begrenzenden Pflanzrechte und die Liberalisierung des Weinmarktes zu verhindern.

    Die Chancen stehen nicht schlecht. Denn die EU-Kommission hat bereits eine Expertengruppe, eine sogenannte "High Level Group", damit beauftragt, die Pläne noch einmal zu überprüfen. Nicht nur Deutschland, sondern auch fast alle anderen EU-Mitgliedsstaaten, in denen Wein angebaut wird, wollen die Mengenbegrenzungen beibehalten. Ingo Steitz, Vizepräsident des Deutschen Weinbauverbandes:

    "Von den europäischen weinbaubetreibenden Mitgliedsstaaten sind alle, jedenfalls die Hauptländer, dafür, dass der Anbaustopp und die Pflanzrechte in irgendeiner Form erhalten bleiben. Höchstens einige kleine, die weniger Rebfläche haben, Großbritannien zum Beispiel, aus Prinzip schon lehnen die das ab. Aber alle anderen sind dafür, dass es erhalten bleibt. Und was uns positiv gestimmt hat, dass die "High Level Group", die die EU-Kommission eingesetzt hat, um das Ganze zu diskutieren, bisher in all ihren Terminen, eigentlich zum Ausdruck gebracht hat, dass sie an dem System festhalten möchten, möglicherweise verändert, aber im Grundsatz doch ein Pflanzrechtesystem beibehalten will."

    Auch Landwirtschaftsstaatssekretär Peter Bleser von der CDU ist zuversichtlich:

    "Auch dort ist wohl die Erkenntnis gewachsen, dass man zum jetzigen Zeitpunkt die Pflanzrechte beibehalten muss. Wir sind also optimistisch. Allerdings Optimismus ist gut, Vorsicht ist besser, und deswegen werden wir dranbleiben."

    Es ist also unwahrscheinlich, dass unbemannte kleine Hubschrauber mit Pflanzenschutzmitteln demnächst auf den Ruhrhöhen herumfliegen, um dort frisch angelegte Weinhänge zu besprühen. Aus dem Ruhrpott fährt man wohl weiter an die Mosel – vor allem im Herbst, wenn es Weinfeste gibt: Gerne weiter mit Riesling aus Bernkastel-Kues oder Cochem, statt mit Grauburgunder aus Essen oder Bochum.