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Weißrussland vor der Wahl
Lukaschenko greift durch

Trotz der Corona-Pandemie finden am 9. August in Weißrussland Präsidentschaftswahlen statt. Alexander Lukaschenko strebt seine sechste Amtszeit an und wie bei jeder Wahl seit 1994 sind Gegenkandidaten nur erlaubt, wenn sein Regime sie selbst nominiert. Unabhängige Bewerber müssen extrem hohe Hürden überwinden.

Von Sabine Adler | 12.06.2020
Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko
Präsident Lukaschenko macht keine gute Figur in der Corona-Krise (picture alliance / HANS PUNZ / APA / picturedesk.com)
Wer gegen den herrschenden Präsidenten antreten will, muss 100.000 Unterschriften sammeln. Genauso viele wie in Russland, wohin Alexander Lukaschenko so gern schaut. Nur dass dort rund 144 und nicht nur 9 Millionen Menschen leben. Seit dem 21. Mai und noch bis Ende kommender Woche sind 15 Herausforderer unterwegs und stoßen auf ein ungewohnt großes Interesse bei den Wahlberechtigten. Diese Minsker Bürgerin sagt, einen solchen Wahlkampf habe sie in ihrem Land noch nie erlebt.
"Zum ersten Mal stellen sich die Leute auf der Straße in langen Schlangen an, damit sie sich in Unterschriftenlisten eintragen können. Auf den Plätzen sind Tische aufgestellt, an denen die Freiwilligen sitzen, die bei der Unterschriftensammlung helfen. Es gibt riesige Schlangen. Nicht nur in Minsk, auch in den Bezirksstädten und kleineren Orten. Für die Regierung sind das nichtgenehmigte Aktionen. Ich glaube, wie sehr viele bei uns, dass die Art, wie die Regierung mit der Coronakrise agiert, zu dieser großen Unzufriedenheit geführt hat."
Vorwürfe an die Unterschriftensammler
Der 65-jährige Präsident, der sich selbst gern Väterchen nennt, greift zu den bewährten Methoden, Gegner auszuschalten, die ihm gefährlich werden könnten. Im Mai wurde der bekannter Blogger Sergej Tichanowski für 15 Tage ins Gefängnis gesteckt, weil er bei einer Kundgebung in Grodno angeblich Einsatzkräfte verletzt haben soll. Laut Augenzeugen ein aus der Luft gegriffener Vorwurf.
Der Präsident Weißrusslands Alexander Lukaschenko hält eine Rede auf dem 2. Minsker Dialogforum der Regionen im Oktober 2019
Belarus - Präsident Lukaschenko bekommt Konkurrenz
Der autoritäre Staatschef Alexander Lukaschenko lässt faire Wahlen in Weißrussland nicht zu. Es wird davon ausgegangen, dass er aus der nächsten Präsidentschaftswahl wieder als Sieger hervorgehen wird - zum sechsten Mal. Allerdings gibt es Gegenspieler, die ihn nervös machen.
Gestern wurde in der weißrussischen Hauptstadt Minsk das Büro von Viktor Babariko durchsucht. Babariko gilt als Schwergewicht und chancenreichster Kandidat, denn er blickt auf eine 20-jährige Verwaltungserfahrung als Chef der Belgasprom-Bank.
"Liebe Freunde, heute ist etwas geschehen, was mit aller Klarheit zeigt, dass der jetzigen Regierung jedes Mittel recht ist, um ehrliche Wahlen in diesem Land nicht zuzulassen."
In 25 Jahren Regentschaft hat Lukaschenko noch jede Wahl manipulieren lassen. Den Kandidaten, die jetzt für die Unterschriftensammlung unterwegs sind, wirft er unerlaubte Aktionen vor.
"Wir wissen, dass alles einem lange vorher ausgedachten Szenarium folgt. Das sind nicht sie selbst, sondern ein Geldgeber, und sie erfüllen nur seine Aufträge. Diese Gruppen missbrauchen das Demonstrationsrecht und destabilisieren die Lage."
Keine gute Figur in der Coronakrise
Viktor Babariko gibt sich entschlossen, ruft die anderen Lukaschenko-Herausforderer auf, sich ebenfalls nicht einschüchtern zu lassen.
"Die einzig richtige Antwort ist, die Fortsetzung unseres Kampfes. Diejenigen, die jetzt schon verfolgt, verhört und zu den Sicherheitsorganen vorgeladen werden, sage ich: Habt keine Angst, die Wahrheit zu sagen, verbreitet keine Lügen, verratet nicht eure Leute. Die Leuten in der Regierung machen einen großen Fehler, denn sie begreifen nicht, dass es das Weißrussland von früher, als sie das Volk wie eine Herde behandelt haben, nicht mehr gibt. Weißrussland ist aufgewacht. Das neue Weißrussland wird das alte Regime hinwegfegen."
Präsident Lukaschenko macht keine gute Figur in der Coronakrise. Die Wähler nahmen ihm übel, dass er Wodkatrinken, Sauna und Traktorfahren als Gegenmaßnahmen empfahl. Das tat er später als Witz ab, doch die Regierung, die ein Hilfspaket für die Wirtschaft plante, hat er entlassen.