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"Weitere Erfahrungen sammeln"

Die 23-jährige Bachelorabsolventin Teresa Sophie Kemmerich hat nach dem Studium zunächst einmal eine Praktikantenstelle angenommen - um in der Praxis noch mehr zu lernen und sich vor dem Master spezialisieren zu können.

Teresa Sophie Kemmerich im Gespräch mit Lothar Guckeisen | 15.10.2009
    Lothar Guckeisen: Tja, ein Tag an der Uni hat halt leider auch nur 24 Stunden. Fragen wir doch mal jemanden, der sein Bachelorstudium gerade hinter sich hat: Teresa Sophie Kemmerich, 23 Jahre alt. Sie haben Betriebswirtschaft studiert, haben Sie denn noch Zeit gefunden für politisches Engagement?

    Teresa Sophie Kemmerich: Politisches nicht direkt, ich war auch in der Fachschaft Wirtschaft tätig an der FH Münster, und ja, habe ich mich da engagiert.

    Guckeisen: Sie haben ja Betriebswirtschaft studiert, und zwar nicht einfach nur Betriebswirtschaft, sondern ein ganz besonderer Studiengang war das, ein Doppelstudiengang, einen lateinamerikanischen Schwerpunkt haben Sie gesetzt. Was war das genau?

    Kemmerich: Genau. Mein Studiengang, er nennt sich deutsch-lateinamerikanischer Studiengang Betriebswirtschaft und ist eben so konzipiert, dass vier Semester in Deutschland studiert werden und die letzten drei dann im Ausland, in Lateinamerika. Dort haben wir verschiedene Partnerhochschulen und können dann uns eben für eine entscheiden, an der wir gerne unseren Studiengang fortsetzen würden. Und genau, das sind in dem Ausland zwei Theoriesemester und ein Praxissemester. Und dann erhält man nach Beendigung eben den Bachelor of Arts in Deutschland und den jeweiligen Titel aus dem Ausland. Das ist sozusagen ein Doppeldiplom.

    Guckeisen: Sie haben jetzt richtig viel Erfahrung gesammelt, ein Doppeldiplom in der Tasche, den Bachelor. Sie arbeiten jetzt bei Vodafone als Praktikantin. Normalerweise denkt man doch immer, der Bachelor ist berufsqualifizierend. Fragt man sich natürlich: Warum haben Sie nicht eine ordentliche Stelle und sind, in Anführungszeichen, "nur Praktikantin"?

    Kemmerich: Genau, das ist richtig, ich hätte sicherlich arbeiten können mit meinem Titel. Es ging mir aber darum, einfach noch weitere Erfahrungen, praktische, zu sammeln. Ich hab während des Studiums ein Praktikum in Chile, eben bei Unilever, das war so in dem Curriculum vorgesehen, und das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich habe das im Marketingbereich gemacht, wollte aber eben jetzt nach Beendigung des Bachelors gern noch weitere Erfahrungen sammeln, praktische, um mich wirklich dann auch vor dem Master noch mal spezialisieren zu können und dann wirklich bestimmt zu wissen, wo ich gerne meinen Schwerpunkt setzen möchte in einem Masterstudiengang.

    Guckeisen: Einen Bachelor zu machen und sich dann auf eine Praktikantenstelle zu bewerben, um vielleicht mal zu sehen, was kann ich denn so machen, später dann den Master, ist das ein gutes Verfahren? Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?

    Kemmerich: Ich denke schon, dass es sehr sinnvoll ist, da man eben sehr viele Erfahrungen sammelt, die einen persönlich ja weiterbringen, um dann wirklich zu wissen, wo man genau hinpasst, was in den einzelnen Bereichen erwartet wird, ob man das erfüllt, ob die Themen einen interessieren. Ich denke schon, dass es ein Unterschied ist, ob man sich das anliest im Internet, in Zeitschriften et cetera, oder ob man das wirklich in der Praxis kennenlernt. Und ich denke, dass für mich persönlich gerade der Zeitpunkt ideal dafür ist, um das jetzt rauszufinden und dann das eben nicht nach dem Master noch machen zu müssen, um dann wirklich zu wissen, wo es für mich hingehen soll.

    Guckeisen: War es einfach für Sie, eine Praktikantenstelle zu finden?

    Kemmerich: Es geht so. Es war eben so, dass Praktikantenstellen ja vornehmlich an Studenten, an eingeschriebene Studenten vergeben werden. Das war bei mir dadurch halt eben zum Teil ein Hindernis. Das beruht auf diesem Fair-Company-Prinzip, und das war zum Teil nicht so leicht. Zum anderen hatte ich bisher noch keinen Schwerpunkt im Personal und eben im Marketing, wie ich vorhin erwähnt habe. Deswegen habe ich zum Teil schon auch Absagen bekommen, aber eben auch Zusagen, und habe mich dann letztendlich für Vodafone entschieden.

    Guckeisen: Aber für Ihren Arbeitgeber sind Sie ja sozusagen eine Praktikantin de Luxe. Macht sich das denn auch bemerkbar, also nutzen die Ihre reichhaltige Erfahrung, die Sie mit Ihrem Studium gemacht haben und vor allen Dingen auch in einem anderen Land?

    Kemmerich: Das würde ich schon sagen. Die Stelle, auf die ich mich jetzt beworben habe – ich bin hier im strategischen Recruiting –, war auch so ausgeschrieben an Studenten der höheren Semester beziehungsweise Absolventen. Das heißt, da wurde eben auch schon mehr verlangt. Ich glaube, es geht einfach darum, dass man eine gewisse Sicherheit mitbringt, eine gewisse Erfahrung – nicht unbedingt fachlich bezogen, würde ich sagen, einfach, was man persönlich erlebt hat. Und ich denke, dass da das Auslandsstudium durchaus eine sehr wertvolle Erfahrung ist, die ich da mitbringe.

    Guckeisen: Mit unserer Serie wollen wir ja auch so ein bisschen Einblick geben, wie ist so das Leben an der Uni, wie ist es im Job, wenn man frisch anfängt. Wenn Sie einmal so ein bisschen zurückblicken auf Ihre Zeit in der Uni und jetzt im Job, was würden Sie denn sagen, wo fühlten Sie sich denn wohler?

    Kemmerich: Ich würde sagen, dass ich beides sehr gerne mache. Es ist einfach wirklich ein völlig unterschiedliches Leben. In der Uni ist es mit Sicherheit, abgesehen von Klausuren, lockerer. Man hat natürlich weniger Vorlesungen, es ist weniger Aufwand an sich. Das Praktikum ist wesentlich zeitintensiver, aber man lernt einfach halt viel mehr, und alles, was halt sonst sehr abstrakt für einen war während der Uni, wird halt wirklich mal konkretisiert, man kann selbst wirklich dran mitarbeiten an Ergebnissen, an Projekten, wird eingebunden. Und ich mache beides sehr gerne, freue mich dann eben auch, wenn ich mein Masterstudium noch mache, aber kann mir sehr gut auch vorstellen, dann in zwei Jahren dann wirklich fest zu arbeiten.

    Guckeisen: Ja, egal, ob an der Uni oder später im Job, wir wünschen Ihnen viel Erfolg. Vielen Dank, Teresa Sophie Kemmerich!

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