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Weiterer Rückschlag für Solarindustrie

Seit Monaten kommen aus der deutschen Solarindustrie nur Hiobstbotschaften. Viele Unternehmen mussten Insolvenz anmelden. Nun gehen weitere Arbeitsplätze verloren, denn der US-Hersteller First Solar will zwei Werke in Ostdeutschland dicht machen.

Von Andreas Baum | 17.04.2012
    Die Firmenleitung begründet die Schließung der Werke in Frankfurt an der Oder mit der Kürzung der Solarförderung – nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Ein Sprecher von First Solar sagte gegenüber unserem Programm, dass großflächige Solaranlagen, wie sie in Brandenburg gefertigt wurden, derzeit in Deutschland ohne Förderung nicht wirtschaftlich sind. Völlig anders wäre dies in Nordafrika, in Spanien oder Griechenland. Um aber nur für diesen Markt aber zu produzieren, lohne es nicht, die Werke in Frankfurt an der Oder offen zu halten.

    Die Werkeschließung im Oktober dieses Jahres sei Teil einer globalen Strategie: Ganze Produktionslinien werden eingestellt. Das hat zur Folge, dass nicht nur in Brandenburg 1.200 Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren. Die Kürzung der Solarförderung in Deutschland kostet auch 550 Angestellten in Malysia den Job. Und zwar schon zum ersten Mai, denn von dort aus wird zugeliefert.

    Christopher Burghard, Geschäftsführer von First Solar erklärt den Großteil des europäischen Marktes ohne Förderung für nicht überlebensfähig. Angesichts gewaltiger wirtschaftlicher Herausforderungen hätten die europäischen Staaten ihre Förderprogramme früher als ursprünglich geplant zurückgefahren. Die Unterstützung von Großanlagen habe darunter überproportional stark gelitten. Zudem beklagt die Branche ein Überangebot von billigen Solar-Modulen aus China.

    Die brandenburgische Landesregierung in Potsdam scheint die Entscheidung kalt erwischt zu haben. Ministerpräsident Matthias Platzeck hätte gern noch nachverhandelt, bevor die Arbeitsplätze an der Oder verschwinden:

    "Wir sind überrascht worden, weil wir mit der deutschen Führung des Unternehmens in intensiven Gesprächen waren zur Ausgestaltung und Sicherung des Standortes. Wir werden seitens der Landesregierung alles, was in unseren Möglichkeiten steht, tun, um den Standort in Gänze zu sichern. Dass das eine schwierige und hoch komplizierte Situation ist, insbesondere für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ist überhaupt keine Frage."

    First Solar ist kein Einzelfall. Gerade in den neuen Bundesländern, aber nicht nur dort, geraten wegen der Kürzung der Solarförderung durch die Bundesregierung immer mehr Geschäftsmodelle in Schieflage.Die Firma Solon in Berlin musste Insolvenz anmelden, für die Gläubiger bleibt von der Insolvenzmasse fast nichts übrig. Der Modulhersteller Q-Cells im Sachsen-Anhaltinischen Bitterfeld steht ebenfalls vor der Pleite. Und das Hamburger Solarunternehmen Conergy lässt kurzarbeiten, hat aber die Hoffnung auf schwarze Zahlen in diesem Jahr nicht aufgegeben. Die Wende weg von fossilen hin zu erneuerbaren Energien verläuft also zumindest für die Solarbranche weniger reibungslos, als anfangs angenommen.

    "Ich glaube, dass wir sehr genau anschauen müssen, dass die Formel, die von diesem und jenem gerade auch aus dem grünen Spektrum immer wieder auch vertreten wurde, dass jeder Arbeitsplatz, der beispielsweise in der Kohle wegfällt, mehrfach ersetzt wird durch Arbeitsplätze bei erneuerbaren Energien, dass diese Formel so einfach sich nicht umsetzt."

    An das Unternehmen First Solar sind den Angaben zufolge seit 2006 rund 25 Millionen Euro an direkter Förderung überwiesen worden. Nun will man in Potsdam und in Berlin prüfen, was davon zurückgefordert werden kann. Das Werk in Frankfurt an der Oder ist jüngst sogar noch ausgebaut worden.

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