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Weitergabe vertraulicher Informationen
Verfassungsschutz-Präsident stellt Strafanzeige

Immer wieder sind vertrauliche Vorgänge des Verfassungsschutzes an die Öffentlichkeit gelangt. Der Präsident des Bundesamtes, Hans-Georg Maaßen, hat deshalb nach DLF-Informationen in drei Fällen Strafanzeige gestellt. Zwei Verfahren hat der Generalbundesanwalt an sich gezogen.

Von Rolf Clement | 04.07.2015
    Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, verlässt am 10.07.2014 in Berlin die Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums.
    Hans-Georg Maaßen hat nach DLF-Informationen in drei Fällen Strafanzeige gestellt. (Daniel Naupold/dpa)
    Die immer wiederkehrenden Meldungen über vertrauliche Vorgänge in den Geheimdiensten treiben den dort tätigen Menschen die Zornesröte ins Gesicht. Denn da werden oft nicht nur Missstände aufgedeckt, sondern auch operative Einzelheiten, die die Arbeit der Dienste erheblich erschweren.
    Nicht umsonst wird nach den Indiskretionen aus Deutschland in Partnerländern schon darüber diskutiert, ob die Zusammenarbeit mit den deutschen Diensten überhaupt noch möglich ist, wenn man die Arbeit nicht gefährden will. So jedenfalls wird in vielen Diensten gedacht. In Deutschland suchen die Dienste nach den Löchern, aus denen die Informationen in die Medien sickern. Immer wieder müssen sie feststellen, dass vertrauliche Informationen dann in die Öffentlichkeit geraten, wenn sie dem Bundestag zugeleitet werden.
    Strafanzeige in drei Fällen gestellt
    Auch die Abgeordneten und ihre Mitarbeiter sind zur Vertraulichkeit verpflichtet, wenn es sich um Informationen handelt, die entsprechend eingestuft sind. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, versucht nun, die Informationslücken zu finden. Er hat nach Informationen dieses Senders in drei Fällen Strafanzeige wegen der Weitergabe vertraulicher Informationen gestellt.
    Am 25. Februar hat ein Internetdienst wesentliche Teile des Wirtschaftsplans des Verfassungsschutzes von 2013 veröffentlicht, am 15. April wesentliche Teile des Plans für 2015. Darin sind auch operative Details aufgeführt. Deswegen ist er zu großen Teilen als geheim eingestuft.
    Beide Verfahren hat der Generalbundesanwalt an sich gezogen. Er ermittelt nun wegen des Verdachts, dass Staatsgeheimnisse verraten worden seien. Bei dem dritten Verfahren handelt es sich um die Veröffentlichung des ebenfalls eingestuften Berichts des Sonderermittlers des Bundestags in der Sache Corelli. Dabei geht es um einen V-Mann des Verfassungsschutzes, der im Zusammenhang mit dem rechten Nationalsozialistischen Untergrund eine Rolle gespielt hat. Diskussionen um seinen plötzlichen Tod in der Haft und seine vermeintlichen Erkenntnisse über den NSU haben dazu geführt, dass der Bundestag einen Ermittler in dieser Sache eingesetzt hat, den frühere Abgeordnete der Grünen, Jerzy Montag.
    Ermittlungen offenbar nicht gegen Medien
    Über diesen Bericht informierte der Internetdienst der "Süddeutschen Zeitung" am 20. Mai. In diesem Fall prüft die Bundesanwaltschaft noch, ob es sich um den Verrat von Staatsgeheimnissen handeln kann. Wenn der Generalbundesanwalt ein Ermittlungsverfahren einleitet, wird nach aller Erfahrung zunächst in den Behörden ermittelt, die mit dem Vorgang zu tun hatten.
    Im Fall der Wirtschaftspläne ist das zunächst das Bundesamt für Verfassungsschutz selbst, das den Plan erstellt hat. Von dort ging er ins Bundesinnenministerium, dann ins Bundesfinanzministerium. Erst danach kam der Bericht in das Parlamentarische Kontrollgremium. Es wird also recht lange und aufwendige Ermittlungen geben. Ob danach klar ist, wer diese Informationen weitergegeben hat, wird man abwarten müssen. So, wie die Anzeige angelegt ist, richtet sie sich gegen die, die die Informationen an die Medien weitergegeben haben und nicht gegen die Medien, die das dann veröffentlichten.