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Welt-Klimagipfel in Paris
Streit um 0,5 Grad

Ein neues Klimaabkommen scheint in greifbare Nähe zu rücken. Doch ein Durchbruch bei den Verhandlungen in Paris steht noch aus. Denn: Fraglich ist, ob die Erderwärmung auf zwei oder eineinhalb Grad begrenzt werden soll.

Von Georg Ehring | 10.12.2015
    Demonstranten fordern von der Pariser Klimakonferenz verbindliche Vereinbarungen (30.11.2015).
    Demonstranten fordern von der Pariser Klimakonferenz verbindliche Vereinbarungen. (dpa / picture-alliance / Giuseppe Ciccia)
    Ein weltumspannendes Klimaabkommen scheint in Reichweite zu sein. Beim Welt-Klimagipfel in Paris legte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius einen überarbeiteten Textentwurf vor. Im Plenum gab es allgemeine Zustimmung, ihn als Basis für die weitere Diskussion zu nehmen. Allerdings gab es auch Kritik von vielen Seiten - und die entscheidenden Fragen sind noch nicht geklärt. So ist sowohl eine Höchstgrenze für den Temperaturanstieg von zwei, "deutlich unter zwei" als auch von eineinhalb Grad in dem Text enthalten. Zu den Kritikern gehört auch EU-Klimakommissar Miguel Arias Canete.
    "Er geht nicht weit genug und ist auch noch nicht ehrgeizig genug. Wir alle hier werden hart arbeiten, um diesen Text noch deutlich zu verbessern. Wir haben noch einen langen Weg vor uns."
    "Koalition der hohen Ambitionen"
    Die Europäische Union schloss sich mit den USA sowie einer Gruppe von Entwicklungsländern zur "Koalition der hohen Ambitionen" zusammen - ein demonstrativer Schulterschluss für ein ehrgeiziges Abkommen. Tony de Brum, Außenminister der pazifischen Inselgruppe der Marshall Islands, spricht für diese Gruppe:
    "Der Weg zu höheren Ambitionen, das ist für mich das Herz des Abkommens von Paris. Das Ziel, die Erderwärmung auf eineinhalb Grad zu begrenzen, muss klar anerkannt werden. Wir brauchen einen klaren Weg in eine kohlenstoffarme Zukunft. Wir müssen unsere Ziele alle fünf Jahre aktualisieren und die Entwicklungsländer brauchen eine starke Unterstützung."
    Gegen diese Koalition steht vor allem eine Reihe von Schwellenländern, die befürchtet, dass zu strenge Auflagen ihre Wirtschaft behindern könnten. Für die in der Gruppe der 77 und China zusammengeschlossenen Entwicklungs- und Schwellenländer kritisierte Südafrikas Umweltministerin Edna Bomo Molewa, das die Unterscheidung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern nicht genügend beachtet werde. Im Kyoto-Protokoll, dem bisher geltenden Klimaschutz-Abkommen mussten nur Industrieländer Pflichten übernehmen. Künftig soll sich dies ändern - doch Schwellenländer wie Südafrika, Indien, China und Brasilien wollen weiter vor allem die traditionellen Industrieländer in die Pflicht nehmen. Edna Bomo Molewa gab sich allerdings kompromissbereit:
    "Trotz dieser Einwendungen ist der Text nach Ansicht der Gruppe eine gute Basis, um die Verhandlungen fortzusetzen und uns morgen weiter auszutauschen."
    Droht ein weicher Kompromiss?
    Bei den Umweltverbänden überwiegen die Sorgen, dass am Ende ein zu weicher Kompromiss stehen könnte, der dem Klima nicht wirklich hilft. Lutz Weischer von der umwelt- und entwicklungspolitischen Organisation Germanwatch formuliert dies so:
    "Werden die Klimaziele vor 2020 noch mal angefasst? Gibt es vor 2020 noch mal einen Moment, in dem sich alle zusammensetzen und ihre Klimaziele noch mal überprüfen, denn die Ziele, die wir jetzt haben, bringen uns drei Grad Erwärmung, wenn die bis 2030 feststehen, ist 1,5 Grad oder zwei Grad eben illusorisch."
    Heute im Laufe des Tages soll ein erneut überarbeiteter Vertragstext herausgegeben werden. Auch er wird vermutlich nicht das letzte Wort sein.