Mittwoch, 17. April 2024

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Weltbank & Ölförderprojekte
"Das ist ein klarer Fall von Interessenskonflikt"

Die Weltbank wollte nach 2019 nicht mehr in Ölförderprojekte investieren. Nun fließen aber mehr als 50 Millionen Dollar über ein Beratungsunternehmen in ein Ölfeld vor der Atlantikküste Guyanas in Südamerika. Moritz Schröder-Therre von der NGO Urgewald kritisiert im Dlf den neuen Weltbank-Präsidenten scharf.

Moritz Schröder-Therre im Gespräch mit Susanne Kuhlmann | 09.03.2020
Das Logo der World Bank, aufgenommen am Sonntag (01.11.2009) in Washington. Foto: Rainer Jensen dpa +++(c) dpa - Report+++ | Verwendung weltweit
Trotz internationaler Klimaverträge investiert die Weltbank weiter massiv in fossile Energieträger. (dpa)
Trotz internationaler Klimaverträge investiert die Weltbank weiter massiv in fossile Energieträger - trotz Zusagen dies nach 2019 nicht mehr zu tun. Sie zahlt aber mehr als 50 Millionen Dollar für Beratungsleistungen im Zusammenhang mit einem Ölfeld vor der Atlantikküste Guyanas in Südamerika. Der US-amerikanische Mineralölkonzern Exxon fördert dort schon Öl. Jetzt soll weitergebohrt werden.

Susanne Kuhlmann: Am Telefon ist Moritz Schröder-Therre, Sprecher der Nichtregierungsorganisation Urgewald. Guten Tag, Herr Schröder-Therre.
Moritz Schröder-Therre: Guten Tag! – Hallo.
Kuhlmann: Wie ist die aktuelle Situation in Bezug auf das Ölfeld in Guyana?
Schröder-Therre: Es gibt eine Reihe von Ölfeldfunden vor der Küste Guyanas und es gibt ein besonders großes Ölfeld. Das nennt sich "Stabroek". Dort haben wir gesehen, dass vor kurzem Genehmigungen ermöglicht wurden für drei große Konzerne, die dort jetzt konkret fördern können. Dazu gehört Exxon, einer von zwei beteiligten US-Konzernen, und der fördert dort zum Teil schon Öl. Das ist ein riesiges Ölfeld, um das es geht.
Wenn allein nur die Hälfte der dortigen Reserven gefördert und verbrannt werden würden, würde das in etwa eine Milliarde Tonnen von CO2 verursachen. Das wäre ein riesiger Schlag für den weltweiten Klimaschutz.
Ein Schlag für den weltweiten Klimaschutz
Kuhlmann: Spielt die Tatsache, dass der neue Weltbankchef ein US-Amerikaner ist, eine Rolle im Zusammenhang mit der Finanzierung?
Schröder-Therre: Der Pass des Weltbankpräsidenten spielt da jetzt erst mal natürlich keine Rolle, aber wir wissen schon, dass der amtierende Weltbankchef David Malpass, der vergangenes Jahr ins Amt gehievt wurde, auch mit Hilfe von Donald Trump, eher auf Seiten der Fossilkonzerne steht denn auf Seiten einer klimafreundlichen Entwicklung. Das ist etwas, was wir vergangenes Jahr auch schon sehr stark kritisiert haben als Urgewald, und von daher ist das natürlich überhaupt nicht hilfreich.
Wir wissen auch, dass die Weltbank auf der anderen Seite Personal hat, was daran glaubt, dass die Bank Ländern helfen kann, auf einen fossilfreien, auf einem klimafreundlichen Pfad zu kommen, aber solche Projekte, wie wir das jetzt in Guyana sehen, wo die Weltbank involviert ist, das ist natürlich genau das Gegenteil und das trägt schon die Handschrift von David Malpass als US-Bürger und US-Gesandter an der Weltbankspitze.
Weltbankpräsident David Malpass im Oktober 2019 in Neu-Delhi, Indien.
Weltbankpräsident David Malpass (imago/Hindustan Times )
Kuhlmann: Hat die Weltbank mit diesem Förderprojekt ihr Versprechen gebrochen?
Schröder-Therre: Ja, auf jeden Fall ein ganzes Stück weit, weil wir haben gesehen, dass die Weltbank über 50 Millionen Dollar vergeben hat, die Guyana in die Richtung bringen, dass es diese Ölfelder ausbeuten können soll, und wir haben vor kurzem jetzt auch in einer Recherche festgestellt, dass die Weltbank da sogar einem Rechtsberatungsunternehmen Gelder zuschaufelt, die als regelmäßigen Kunden Exxon haben, genau einen Ölkonzern, der jetzt auch bei diesen Ölfeldern involviert ist - ein klarer Fall von Interessenskonflikt. Und wenn es um das Klima geht, dann muss man ganz klar sagen, dass die Weltbank hier natürlich genau das Gegenteil tut, was wir jetzt brauchen.
Gerade ärmere Länder wie Guyana brauchen Perspektiven im Feld der erneuerbaren Energieerzeugung. Guyana selbst hat mal das Ziel formuliert, bis 2025 100 Prozent seiner Energieerzeugung basierend auf Erneuerbaren zu stemmen, und da könnte die Weltbank mal wirklich helfen, in Entwicklungsinitiativen das zu ermöglichen. Und dass sie nun wirklich auf genau das andere Pferd setzt, nämlich ein riesiges Ölfeld, was das Land massiv verändern wird, was jetzt auch schon Konflikte vor Ort massiv verschärft, das ist wirklich eine Entwicklung, die wir nicht brauchen.
Die Weltbank "tut das Gegenteil von dem, was wir jetzt brauchen"
Kuhlmann: Könnte es denn sein, dass unabhängig von der Ölförderung dennoch die wirtschaftliche Entwicklung in Bezug auf die alternative Energieerzeugung später finanziert wird von der Weltbank?
Schröder-Therre: Das mag durchaus sein. Nur es ist natürlich ein riesiger Widerspruch, dass ein Land auf der einen Seite einen großen Erdölsektor aufbaut und zu einem der größten Erdölexporteure weltweit aufsteigen würde und man auf der anderen Seite dann Erneuerbare fördern würde. Das kann gut sein, dass die Weltbank das tut. Wir haben aber in den vergangenen Jahren gesehen, dass die großen Summen wirklich in dieses Erdöl- und Gasprojekt fließen und nicht in Erneuerbare, und das ist wirklich ein Kurs. Da fragen wir uns, wie kann die Weltbank das argumentieren. Sie setzt da nach wie vor auf alte Methoden, Länder wirtschaftlich in einem großen Push umzumodeln, sage ich mal, und das sind Konzepte der Vergangenheit, die einfach nicht mehr funktionieren und klimapolitisch auch wirklich nicht mehr in die Zeit passen.
Wir haben das bei anderen Beispielen wie dem Tschad gesehen. Man kann es jetzt aktuell zum Beispiel auch in Venezuela sehen, dass Erdöl auch nicht als Industrie geeignet ist, um ein Land auf einen positiven Entwicklungspfad zu führen, sondern dass das eher dazu führt, dass Gelder versickern, dass Korruption massiv floriert und dass gerade den ärmsten Teilen der Bevölkerung – und darum geht es der Weltbank ja eigentlich – nicht geholfen wird.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.