Mensch oder Taube

Wem gehört die Stadt?

33:01 Minuten
Porträt einer Taube
Vogel mit Imageproblem: Tauben sind nicht nur sehr geschickte, schnelle Flieger, sondern auch sehr anpassungsfähig. © imago / Gottfried Czepluch
Moderation: Katja Bigalke · 29.05.2021
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Ihr Niedergang ist beispiellos: Einst Sinnbild der Sanftmut und Reinheit, gilt die Taube nun als Plage, als Ratte der Lüfte. Aber kaum ein anderes Tier hat sich dem Leben in der Stadt so gut angepasst – zum Leidwesen so mancher menschlicher Nachbarn.
Schon kurz nach der Sintflut bekommt die Taube in der biblischen Schrift ihren großen Auftritt. Mit dem Ölzweig im Schnabel überbringt sie die göttliche Friedensbotschaft. Aufgrund ihrer besonderen Qualitäten schon für diesen Job auserwählt, in der Folge als "Herrgottsvogel" verehrt, wird sie in der Malerei zum Symbol des Heiligen Geistes selbst – und Jahrhunderte später zum Symbol der Friedensbewegung.

Götterbotin und Friedensvogel

Auch in zahlreichen anderen Kulturen wurde die Taube als Götterbotin und Reinheitssymbol geschätzt und zum Teil gezielt in Städten angesiedelt. Es scheint also nicht die Anzahl der Individuen an sich zu sein, die die Taube plötzlich zum "Problemvogel" avancieren ließ.
Karin Schneider hat kürzlich in der Reihe "Naturkunden" bei Matthes & Seitz einen Band herausgebracht, der sich mit den Gründen für die Diskreditierung der Taube, aber auch mit ihrem erfreulicherem Vorleben beschäftigt. Die Autorin ist in der Echtzeit zu Gast.
Außerdem zeigen wir in der Echtzeit, dass die Taube auch in der Mode durchaus ihren Fußabdruck hinterlassen hat, und berichten von der Kunst- und Architekturausstellung "Cohabitation", die demnächst eröffnet wird. Sie hat sich das Ziel gesetzt, noch einmal neu und sehr grundsätzlich über das Verhältnis von Mensch und Tier in der Stadt nachzudenken.

Tauben auf den Teller

Nicht nur auf der Straße sondern auch in der Küche hat der Ruf der Taube übrigens eingebüßt. Während im Märchen kein Fest am Hofe vergehen darf ohne saftig gebratene Täubchen auf der Festtafel, verkam sie in den Kriegsjahren zum "Arme-Leute-Essen".
Heute wird ihr feines, leicht "lebrig" schmeckendes Fleisch von der Spitzengastronomie wiederentdeckt. Aus der "Ratte der Lüfte" ist für den prominenten österreichischen Speisetaubenzüchter Gerhard Methlagl längst ein "Trüffel der Lüfte" geworden, besonders nachdem anderes Geflügel durch Massentierhaltung oder tierfeindliche Mastpraktiken vielfach in Misskredit geraten ist. Ob die Taube in Zukunft auch ins Küchenrepertoire der Allgemeinheit zurückfinden wird, ist allerdings noch offen.
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