Dienstag, 19. März 2024

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Weltraummission Hayabusa 2
Was die Bodenprobe vom Asteroiden Ryugu verraten soll

Bislang hat fast alles geklappt bei der Mission der japanischen Raumsonde Hayabusa 2 - der Anflug auf den Asteroiden Ryugu, das Absetzen von drei der geplanten vier Rover, und die Entnahme einer kleinen Bodenprobe. Nun ist Hayabusa zurück und schickt die Probe zur Erde - was kommt da an?

Von Karl Urban | 04.12.2020
Zu sehen ist eine Aufnahme, die der deutsch-französische Lander "Mascot" von dem Asteroiden Ryugu gemacht hat.
Besonders heimelig sieht es nicht aus auf dem Asteroiden Ryugu - aber aus welchem Material er besteht, interessiert die Wissenschaft sehr (dpa / Raumfahrtagentur JAXA / Uncredited)
Samstagabend wird es ernst. Kurz vor 19 Uhr mitteleuropäischer Zeit tritt über dem Pazifik eine winzige Kapsel aus dem Weltraum in die Erdatmosphäre ein. Sie stammt von der japanischen Raumsonde Hayabusa 2 und kommt von Asteroid Ryugu, den die Sonde ein Jahr lang beobachtete, einen Krater hineinsprengte und Proben nahm. Das Tempo der Kapsel im Landeanflug liegt bei anfänglich 43.000 Kilometern pro Stunde. Zehn Kilometer hoch soll sich ein Fallschirm öffnen. Die Kapsel soll dann im Süden Australiens in einem eigens dafür abgesperrten Militärgelände niedergehen. An Bord befinden sich 0,1 Gramm vom pechschwarzen Asteroiden Ryugu.
"Wir wissen nicht, welche Materialien sich im Innern befinden. Wir kennen nicht seine echte Zusammensetzung. Wir haben nur eine sehr grobe Idee von diesen Objekten." Das sagte die Asteroidenexpertin Antonella Barucci vom Observatorium Paris vor einem Jahr.
Die japanische Raumsonde "Hayabusa 2" befindet sich auf der Rückkehr zur Erde.
Die japanische Raumsonde "Hayabusa 2" befindet sich auf der Rückkehr zur Erde. (dpa-news / DLR)
Uralter Brocken aus Kohlenstoff und Wassereis
Der Asteroid Ryugu ist gut 800 Meter groß und könnte der Erde irgendwann einmal zu nahe kommen. Dazu handelt es sich um einen C-Typ-Asteroiden, der aus viel Kohlenstoff und Wassereis besteht. Solche Brocken könnten vor vier Milliarden Jahren das chemische Baumaterial des Lebens und das Wasser auf die Erde geliefert haben.
"Da ist die Frage: Stimmt es wirklich? Ich meine, wir haben viele Argumentationsketten. Wir können eigentlich schon zeigen, dass das wahrscheinlich stimmt. Aber solange man nicht wirklich eine frische Probe hat, kann man diese Fragen halt nicht endgültig klären."
Frank Brenker von der Universität Frankfurt am Main geht davon aus, dass die Sonde Material sowohl von der Oberfläche und teilweise aus der abgeschirmten Tiefe jenes Kraters mitbringt, den Hayabusa letztes Jahr in den Asteroiden gesprengt hat.
Die Computergrafik zeigt zwei zylinderförmigen und solarbetriebene Rover auf einem Asteroiden. 
Asteroid Ryugu - Einblicke in die Anfänge des Sonnensystems
Wissenschaftlern ist es gelungen, Bildaufnahmen des erdnahen Asteroiden Ryugu auszuwerten. Ryugu verrate viel über die Anfänge des Sonnensystems, sagte der Planetenforscher Professor Ralf Jaumann im Dlf.
Forschende weltweit hätten gern ein paar Körnchen
Wenn die Probenkapsel am Samstag auch glücklich landen sollte, wird sie zunächst in ein Labor in Japan gebracht, aber Forschende weltweit haben bereits Interesse an einigen Körnchen bekundet. Auch die Frankfurter Geowissenschaftler sind Teil des internationalen Analyseteams.
"Das ist eine der wichtigen Aufgaben, die wir von der JAXA bekommen haben: Die gehen jetzt davon aus, dass wir Millimeter große Partikel in dem Behälter haben. Und dann möchten wir quasi eine chemische Tomographie von diesen Partikel machen."
Das fragile Material soll vermessen und dann mittels Synchrotronstrahlung dreidimensional abgetastet werden. Das dürfte viel über die Geschichte des Asteroiden Ryugu erzählen; woraus er einmal entstand oder wie er in die Nähe der Erdbahn gelangt ist.
"Ein Asteroid hat eine Geschichte, vielleicht auch eine spezielle thermische Geschichte. Wir wissen nicht genau, wie stark er aufgeheizt wurde. Wie schnell ist er wieder abgekühlt? Ist das mehrfach passiert? Gab es Impakte auf der Oberfläche des Asteroiden, die das Material verändert haben? Und diese Details, die arbeiten wir mit aus."
Probe kommt per Kurier im Handgepäck nach Deutschland
Hayabusa 2 wird nach ihrer Trennung von der Probenkapsel zu einem anderen Asteroiden weiterfliegen. Und auch für die Proben auf der Erde steht eine letzte abenteuerliche Reise an.

"Wir werden nach Japan fliegen. Die Proben werden in Sendai aufbewahrt, da müssen wir hin. Und dann kriegen einen Probenbehälter, der unter einer Gasatmosphäre steht. Und den müssen wir dann im Handgepäck nach Deutschland bringen."
Das Asteroidenmaterial ist Millionen Kilometer weit durch das Planetensystem gereist. Die letzten 9.000 Kilometer, von Sendai nach Frankfurt, sind derzeit am wenigsten gut planbar. Nicht nur wegen des Zolls, sondern weil ein Asteroidenkurier wegen Covid-19 vielleicht in Quarantäne muss.
"Das ist von der Logistik her nochmal eine ganze Ecke schwieriger geworden durch die Pandemie."