Mittwoch, 17. April 2024

Archiv


Wenig Geld und unsichere Jobs

Der Weg zur Professur an Deutschlands Hochschulen ist nicht nur aus fachlicher Perspektive recht schwer: Wissenschaftliche Mitarbeiter an Universitäten erhalten meist sehr viel weniger Geld, als ihre Kollegen in der Wirtschaft.

Von Thomas Wagner | 16.07.2009
    Viel Ehr', wenig Geld: So geht es häufig denjenigen, die nach ihrem Studienabschluss an der Uni bleiben.

    "Wenn man sich die Gehälter, die in der Wissenschaft bezahlt werden sollen - 3400 Euro für eine W-1-Stelle beispielsweise - ansieht, sieht man dieses Manko ganz erheblich. Jeder Vierte, so sagen es Statistiken, der an einer Universität unterrichtet, bekommt weniger als 600 Euro im Monat."

    Da hat es dann auch Manuel Hartung vorgezogen, dem Wissenschaftsbetrieb an der Uni den Rücken zuzuwenden. Als Chefredakteur von "Zeit Campus", einem der bekanntesten Hochschulmagazine, verdient er sicherlich einiges mehr als an der Uni - und in Sachen Karriere hat es außerhalb der Hochschule ja auch ganz gut geklappt. Dennoch macht sich Michael Hartung, einer der Teilnehmer an der Podiumsdiskussion gestern Abend in Konstanz, Gedanken darüber, wie sich die Karrierebahnen für Nachwuchswissenschaftler an den Unis verbessern lassen. Auch außerhalb der regulären Professorenstellen muss das wissenschaftliche Arbeiten attraktiver werden. Beispiel:

    "Ich plädiere für ein Ernstnehmen der Lehre, wirklich ein Ernstnehmen der Lehre. Das ist nicht nur als leckeres Milchhäubchen auf dem Espresso macchiato zu verstehen - und der Espresso ist die Forschung, und das Kleine, was oben drauf ist, ist die Lehre. Das ist tatsächlich ernst zu nehmen, das auch zu institutionalisieren, jungen Menschen die Chance zu geben, frühzeitig mit Studenten zu tun zu haben."

    Neue, gut bezahlte Jobs in der universitären Lehre müssen her - mit Aufstiegschancen. Das ist das eine. Und das andere? Die zeitlich befristeten projektbezogenen Stellen im universitären Wissenschaftsbetrieb müssten umgestaltet werden, fordert Manuel Hartung:

    "Statt immer nur Projekte aneinanderzureihen, sollte es mehr feste, dauerhafte Mittelbaukarrieren geben, und die ohne einen scheelen Blick von der Seite: 'Du bist ja nur Mittelbau'."

    Vor allem die zeitliche Befristung solcher projektbezogenen Stellen ist den Betroffenen ein Dorn im Auge. Solche Befristungen signalisieren Perspektivlosigkeit. Die Soziologin, Philologin und Ethnologin Eva Blome arbeitet nach ihrer Promotion als "Post-Doc" im Exzellenzcluster der Universität Konstanz mit. "Post-Docs" sind wissenschaftliche Mitarbeiter, die nach ihrer Promotion zeitlich befristet an einem bestimmten Projekt mitarbeiten. Die Modalitäten hierfür bieten allerdings nach Meinung von Eva Blome noch Verbesserungsbedarf.

    "Hier kann es nicht nur um Forschung gehen, sondern auch um die Qualifikation für Lehre und Management, und eben auch die Gremienarbeit. Das heißt: Hier müssten neue Modelle entwickelt werden: Könnten nicht 'Post-Docs' aus dem Exzellenzcluster eine Art 'Professur im Praktikum' übernehmen, wenn Professorenlehrstühle vertreten werden müssen, weil diese halt forschungsfrei haben. Das heißt: 'Post-Doc'-Stellen sollten, sofern es möglich ist, nicht kurzfristig zeitlich befristet sein, zwei bis drei Jahre, sondern möglichst längere Laufzeit haben."

    Hier regte sich allerdings Widerstand. Alles schon mal dagewesen, konterte der Konstanzer Kulturwissenschaftler Professor Alexander Koschorke.

    "Ich erinnere an jene Zeiten, da gab es diese Dauerstellen im Mittelbau, die Studienräte im Hochschuldienst. Sie waren extrem unpopulär unter Nachwuchswissenschaftlern. Das waren langsam träge werdende, ergrauende Existenzen, sehr häufig jedenfalls wurde ihnen das nachgesagt, die diese Stellen einfach blockierten."

    Und damit das Ziel, Karrierechancen für Nachwuchswissenschaftler zu bieten, konterkarierten. Oder anders herum: Nicht alles, was gut gemeint ist, um wissenschaftliche Jobs an den Unis in einem attraktiven Umfeld zu schaffen, funktioniert auch wirklich gut.

    Einig waren sich die Podiumsteilnehmer aber in einem: Die Unis müssen viel mehr als bisher Fantasie einbringen, um Nachwuchswissenschaftlern attraktive Jobs im Hochschulbetrieb anzubieten - angefangen im Management der neuen Exzellenzcluster bis hin zu Hybridmodellen. Dabei verlassen die Wissenschaftler für ein paar Jahre die Uni, um beispielsweise als Journalist oder Lektor zu arbeiten. Danach sollen sie die Gelegenheit bekommen, wieder an die Hochschule zurückzukehren. Dazu müsse der Staat den Hochschulen aber mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Keinesfalls, so Professor Albrecht Koschorke, dürfe bei alldem das Modell der USA als Vorbild dienen:

    "In den USA werden bestimmte Fragen gar nicht gestellt. Also beispielsweise: Was wird aus den Leuten? Die forschungsintensiven Jahrgänge, da werden Ausländer gesucht. Und nachher gehen sie wieder nach Hause, wenn sie nicht reüssieren können. Also da sind wir noch in einer sozialstaatlichen Situation. Das kann man ja auch sagen."