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Wenig Rückenwind

Zwar gibt es in Baden-Württemberg Ökostromanbieter, trotzdem ist es in puncto Windenergie Entwicklungsland. Der Ausbau der Windenergie im Ländle wurde lange gebremst. Nun will Baden-Württemberg mit frischem Wind aufholen.

Von Uschi Götz |
    In Mittelsachsen ging vor ein paar Monaten eine 170 Meter hohe Windkraftanlage in Betrieb. Achteinhalb Meter höher als das Ulmer Münster sind die Masten. Projektiert und gebaut wurde die Anlage von der im schwäbischen Reutlingen ansässigen Firma Stahl und Schöller. Marcel Schöller von der Geschäftsleitung:

    "Man hat einfach festgestellt, dass in den höheren Luftschichten konstantere Winde vorherrschen und dadurch versucht man natürlich den Turm möglichst hoch zu bauen, dadurch werden die konstanten und stärkeren Winde ausgenutzt. Insgesamt wird ein höherer Stromertrag erzielt."

    Doch der Prophet gilt im eigenen Land nichts. Noch nicht. Die meisten Anlagen verkauft Stahl und Schöller jenseits der Landesgrenzen. Firmengründer Willi Schöller ist seit Jahrzehnten im Land erfolgreich in der Immobilienbranche tätig. Bewusst setzte er mit seinem Geschäftspartner Stahl auf die Windenergie. Mittlerweile gehört die Firma bundesweit zu den größten Windkraftanlagenbauern. Willi Schöller:

    "Sagen wir es so: In der Wüste verkaufen sie am besten Wasser. Also es ist ja die Gelegenheit für uns gewesen, hier in dieser - bezogen auf Windkraft - Wüstenlandschaft. Erfolgreich zu sein ist gar nicht so schwer. Wir haben jedes Jahr den Umsatz verdoppelt, Mitarbeiter verdoppelt. Das macht einfach auch Spaß muss ich sagen."

    Am Wind liegt es nicht, dass lediglich zwei Anlagen der schwäbischen Firma im eigenen Land, in Baden-Württemberg, stehen.

    "Die Hochlagen vom Schwarzwald und der Schwäbischen Alb brauchen einen Vergleich mit der Küste nicht zu scheuen."

    Dr. Walter Witzel ist Landesvorsitzender des Bundesverbands Windenergie in Baden-Württemberg. Viele Jahre saß Witzel für die Grünen im Stuttgarter Landtag. Die baden-württembergische CDU-FDP-Landesregierung habe den Ausbau der Windkraft verhindert, sagt er. Windkraftanlagen waren für den früheren CDU Ministerpräsidenten Erwin Teufel eine Verschandelung der Natur.

    "Der hat das Wort von der Verspargelung geprägt und hat dort die politischen Bremsen gezogen. Er hat die Regionalverbände angewiesen Vorranggebiete für die Windkraft anzuweisen, das ist zunächst ja erst mal nicht schlecht, aber es gilt ein regionsweiter Ausschluss, das heißt, außerhalb dieser Vorranggebiete ist Windkraft tabu. Und zusätzlich Regionalverbände Flächen ausgewiesen, wo der Wind mäßig oder schlecht weht und deshalb kam der Windkraftausbau zum Erliegen aufgrund dieser Neufassung des Landesplanungsgesetzes."

    Die Folge:

    "Derzeit etwa 360 Windkraftanlagen in Baden-Württemberg, das entspricht etwa 0,7 Prozent unseres Stromverbrauchs. Wenn wir das Nachbarland Rheinland-Pfalz angucken, das hat fast den zehnfachen Prozentsatz. Das heißt, es liegt nicht am fehlenden Wind, sondern an einer Politik, die die Windkraft in der Vergangenheit ausgebremst hat."

    Ministerpräsident Teufel ging Oettinger kam. Die Landesregierung verabschiedete das Energiekonzept 2020. Demnach sollen in den kommenden Jahren 20 Prozent der Stromproduktion aus regenerativen Energien kommen. Wasserenergie, Biomasse, Photovoltaik und Solar.

    "Und ich habe gesagt, dass wenn wir dieses Ziel erreichen wollen- mindestens 20 Prozent- dann muss in der Zukunft einfach der Wind auch mehr bringen, als dies bisher der Fall war."

    Sagt der baden-würtembergische FDP-Wirtschaftsminister Ernst Pfister. Pfister strebt bis zum Jahr 2020 einen Windenergieanteil von zwei bis drei Prozent an der baden-württembergischen Stromerzeugung an. Der Bundesverband Windenergie hält 10 Prozent für machbar. Wie viel es am Ende sein wird, hängt wesentlich von der Akzeptanz der Menschen vor Ort ab:

    "Deshalb habe ich immer gesagt, wenn wir so etwas machen, dann machen wir es anders als bei Stuttgart 21. Von Anfang an, als ich dieses Thema vorangetrieben habe, haben wir eine Kommunikationskampagne parallel zugeschaltet."

    Im Vergleich zu früher sollen künftig Windkraftanlagen im Land auch an exponierten, also windstärkeren Orten gebaut werden können. Beflügeln könnte das Vorhaben auch eine mögliche Regierungsbeteiligung der Grünen nach der Landtagswahl im März 2011.