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Wenig Schulterklopfen

Das sanierte Haus der Berliner Festspiele wurde vorgestellt. Es ist 60 Jahre alt und wurde in dieser ersten Grundsanierung zu einem vielfältig nutzbaren Festspielhaus. Die Gelegenheit sich gegenseitig auf die Schultern zu klopfen, wurde allerdings ausgelassen: Kein Vertreter vom Senat war anwesend.

Von Jürgen König | 25.08.2011
    Seit dem Hauptstadtkulturvertrag von 2001 stehen einige kulturelle Einrichtungen Berlins, solche "von gesamtstaatlicher Bedeutung", in der Verantwortung des Bundes. Heute wurde das sanierte Haus der Berliner Festspiele vorgestellt; 60 Jahre ist das Gebäude des Architekten Fritz Bornemann nun alt – und es war die erste Grundsanierung überhaupt. Andreas Weidmann, der Technische Direktor des Hauses, hat charakteristische Details parat:

    "Das waren ungefähr 60 bis 70 km Kupferkabel aus den 60er-Jahren, die hier aus dem Haus gezogen wurden, um dann komplett wieder neu installiert zu werden mit einer neuen Dimmer-Anlage, Dimmer von 1970 sind heute nicht mehr viel wert im Festivalbetrieb."

    Schier endlos scheint die Liste der Maßnahmen zu sein: Die gesamte Haus- und Bühnentechnik wurde erneuert, ebenso das Eingangsfoyer und der Zuschauerraum, barrierefreie Zugänge wurden geschaffen, weitere Spielstätten innerhalb des Hauses eingerichtet. Aus dem Theater wurde ein vielfältig nutzbares Festspielhaus; auch technisch aufwendige Gastspiele – etwa beim Berliner Theatertreffen – sind jetzt ohne weiteres möglich, ebenso die Verwendung des Festspielhauses als Großer Kinosaal bei der Berlinale.

    Eine Frage lag auch heute wieder in der Luft: "Warum ist vom Berliner Senat niemand da?" Schon am Dienstag - beim Festakt zur abgeschlossenen Sanierung des Martin-Gropius-Baus hatte dieses Thema im Publikum die Runde gemacht – Kulturstaatsminister Bernd Neumann griff es heute auf, erwähnte, dass der Bund allein im Jahr 2010 45 Millionen Euro für kulturelle Einrichtungen in Berlin ausgegeben hätte – und dann holte er tief Luft.

    "Ist ein Vertreter aus Berlin zufällig anwesend? Ich meine nicht Sie, die hier wohnen. Nein, ich finde es schon erstaunlich, muss ich sagen, was die politisch Verantwortlichen in dieser Stadt angeht. Wir haben neulich den Gropius-Bau eingeweiht, eine Perle in der Ausstellungswelt in Deutschland, in Europa, ja? 11 Millionen, hat alles der Bund bezahlt. Kein politischer Vertreter Berlins anwesend. Wir sitzen heute hier und stellen das modernisierte Festspielhaus vor – auch kein Vertreter: Das wirft wirklich ein eigenartiges Licht auf das Verständnis der Berliner Politik ihres Bürgermeisters in Verbindung zur Kultur. Da muss ich sagen, fehlt mir jedes Verständnis. Ich vermisse die an sich nicht, glauben Sie das nicht, das ist nicht der Punkt! Ich weiß ja auch, wie Herr Wowereit aussieht! Und jetzt hängen die ja noch überall auf den Straßen! Aber das ist auch eine Missachtung dieser hervorragenden Einrichtung der Berliner Festspiele, die zum Glanz, zum kulturellen Glanz Berlins eine Menge beiträgt."

    Der Intendant der Berliner Festspiele, Joachim Sartorius dazu:

    "2001 gingen ja die Festspiele, aber auch andere wichtige Institutionen – gingen ja in die Obhut des Bundes. Und von da an hat eigentlich Herr Wowereit gesagt: Ich möchte strikt trennen zwischen Bundeskultureinrichtungen und Landeskultureinrichtungen und, wie er mir einmal ganz am Anfang sagte: Und nie mehr einen einzigen Cent des Landes Berlin für eine Bundeskultureinrichtung. Ich will das jetzt nicht ausführlich kommentieren, aber ich finde, es ist ein völlig falscher Ansatzpunkt. Der Gropius-Bau hat 60 Prozent Nicht-Berliner Besucher, aber das meiste, das wir tun, ist ja für die Hauptstadt, ist ja für Berlin. Und insofern hätte ich mir auch gewünscht, dass heute zum Beispiel André Schmitz zumindest hier mal dabei wäre."

    André Schmitz, der Berliner Staatssekretär für Kulturelle Angelegenheiten, meinte dazu wiederum auf Anfrage:

    "Wir haben am Dienstag wie fast alle Landeskabinette um elf Uhr Senatssitzung. Das Kabinett tagt, ich bin dem Vorwurf jetzt auch noch mal nachgegangen: Wir haben gar keine persönliche Einladung bekommen, sondern eine allgemeine Wurfsendung, würde ich es jetzt mal nennen – beides entspricht eigentlich nicht der bisher geübten guten Zusammenarbeit zwischen Bundeskulturpolitik und Landeskulturpolitik. Aber wir haben Zeiten des Wahlkampfes! Ich bin ein bisschen enttäuscht darüber, weil die Zusammenarbeit mit dem Staatsminister bisher sehr gut war, aber wenn er keine andere Kritik an Berliner Kulturpolitik hat, als dass wir nicht da sind, wenn er sich feiern lässt, dann kann ich damit gut leben. Hier bei den Festspielen war offensichtlich heute eine Pressekonferenz der Bundesregierung, da muss sich die Landesregierung nicht mit auf das Podium setzen. Außer wir geben die Pressekonferenzen zusammen, aber dazu hab ich keine Einladung erhalten."
    Am Samstag werden die Berliner Festspiele 60 Jahre alt und feiern dies gebührend, und also machte auch diese Frage heute die Runde: "Ob der Regierende wohl kommt?"