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Weniger, älter, bunter - Teil V

"Chicks, Kicks and Glory" heißt eine Ausstellung, in der junge moslemische Frauen aus Amsterdam erzählen, weshalb Kickboxen für sie zu einer Leidenschaft geworden ist. In niederländischen Großstädten wie Rotterdam oder Amsterdam ist die Zahl der Frauen, die diesen Sport ausüben, auffallend gestiegen – und bei den meisten handelt es sich um junge Frauen, deren Eltern oder Großeltern einst aus Marokko eingewandert sind.

Von Kerstin Schweighöfer | 04.01.2011
    Sieben bekannte niederländischen Comiczeichner haben ihre Geschichten in knallbunte große Plakate umgesetzt. Die hängen noch bis zum 5. Februar im Kunstzentrum "Image IC". Es wurde 2001 gegründet und liegt im Bijlmer, einer Trabantenstadt im Südosten von Amsterdam, wo besonders viele Immigranten leben - bis zu 130 verschiedene Nationalitäten, weiß Direktorin Marlous Willemsen:

    "In unserem Kunstzentrum erzählen Zuwanderer ihre eigenen Geschichten über Migration und Multikulturalismus. Die Ausstellungskonzepte entwickeln wir zusammen mit Forschungsinstituten und Universitäten, Künstler setzen sie dann visuell um in Filme, Fotos oder Bildende Kunst. Unser besonderes Interesse gilt dabei der Jugendkultur, denn das ist eigentlich das 'Erbe der Zukunft' – nämlich eine Vorschau der Großstadtkultur von morgen."

    Zunächst richtete sich Imagine IC an die erste Immigrantengeneration; die Ausstellungen standen ganz im Zeichen der Heimatländer der Zuwanderer und ihren Immigrationsgeschichten. Inzwischen geht es um Menschen der dritten oder sogar vierten Generation, ihren Alltag und ihre Träume:

    "Diese Großstadtjugendlichen definieren sich nicht mehr so wie ihre Eltern oder Großeltern über ihre Herkunft, sondern über das Stadtviertel, in dem sie leben, die Musik, die sie hören, oder den Sport, den sie ausüben. Und sie werden auch keine Migranten bleiben, sondern – über kurz oder lang – Teil der niederländischen Identität, der niederländischen Geschichte und der niederländischen Zukunft."

    Imagine IC wird regelmäßig von Schulklassen besucht. Von alleine allerdings kommen die Jugendlichen auch hier nicht über die Schwelle. Als Museum oder Kunstzentrum müsse man schon selbst die Initiative ergreifen, um sie zu erreichen, so Direktorin Willemsen:

    "Deshalb sind die Plakate unserer 'Chicks, Kicks & Glory'-Ausstellung aufrollbar – auf Konzerten oder Festivals rollen wir sie dann einfach wieder aus. Wir zeigen unsere Ausstellungen regelmäßig auch an anderen Orten, in Bürgerzentren oder Bibliotheken."
    Immer mehr niederländische Museen folgen diesem Beispiel: Das Haager Gemeindemuseum hat seit einem Jahr in sieben Stadtvierteln Botschafter im Einsatz, die vor Ort Kontakte knüpfen.

    Das Historische Museum in Amsterdam, das seit ersten Januar kurz 'Amsterdam-Museum' heißt, hat zwei Filialen in Außenbezirken wie der Bijlmer-Trabantenstadt eröffnet. "Als modernes Stadtmuseum müssen wir die gesamte Kultur von Amsterdam im Auge behalten", so Mitarbeiterin Annemarie van Ekeren:

    "In den letzten 20 Jahren hat sich die Zusammenstellung der Stadt drastisch geändert. Die Immigranten, vor allem die Jugendlichen der dritten und vierten Generation, sind längst zu Trendsettern geworden und haben unsere Großstadtkultur beeinflusst - vor allem, was Musik, Tanz und Gesang betrifft."

    In seinem Ausstellungsprogramm versucht das Amsterdam-Museum auch bereits, diese neue Urban Culture einzubeziehen. So läuft derzeit eine Schau über Männer und Mode im Wandel der Jahrhunderte – wobei auch der Einfluss von Hiphop auf die Männermode nicht fehlt:

    "Die derzeitige Großstadtjugend hat durch ihren Immigrantenhintergrund soviel Talent und kann für so viele neue Impulse sorgen – die müssen wir nutzen. Anstatt ihr immer wieder die Kultur von uns Alteingesessenen zu bieten, sollten wir besser schauen, was sie uns zu bieten hat."