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Wenn alles ineinander wirkt

Vor mehr als 4,5 Milliarden Jahren begann die Verwandlung der Erde von einem heißen, geschmolzenen Magmaball zu einem Planeten, auf dem es Wasser und damit Leben gibt. Seit Jahrmilliarden sind hier die Bedingungen für das Leben ideal. Geologen versuchen Geologen, die verschiedenen Stadien in der Erdentwicklung zu entschlüsseln, welche Ereignisse sich woraus entwickelten und was das alles für das System samt Lebewesen bedeutete. Es entstehe, so freuen sich die Forscher, ein ganzheitliches Bild der Erde. Auf der Tagung des International Geological Congress in Brisbane werden neue Forschungsergebnisse dazu vorgestellt.

Von Dagmar Röhrlich | 08.08.2012
    Auch die Erde altert - sprich: Sie wird kühler und der Vulkanismus lässt nach. Diese Abkühlung ist eine gute Sache, schließlich wird die Sonne im Laufe der Zeit aktiver und damit heißer. Damit das Leben blüht, muss alles im Gleichgewicht bleiben, das heißt, die irdischen Recyclingsysteme, die für den steten Nachschub von Klimagasen für den natürlichen Treibhauseffekt zuständig sind, mussten sich verändern:

    "Die Erde ist unglaublich alt und hat im Lauf der Zeit sehr viel Hitze verloren. Zu Beginn war sie wohl so heiß, dass der Erdmantel regelrecht blubberte, heute 'funktioniert' sie anders."

    Sie arbeite gemächlicher, über plattentektonische Strömungen, die den ganzen Erdmantel erfassten, erklärt Martin van Kranendonk von der University of New South Wales in Sydney. Diese Plattentektonik dient der Hitzeabfuhr, recycelt Treibhausgase sowie Wasser und lässt die Kontinente wandern und wachsen. Analysen zufolge war die Erde vor drei Milliarden Jahren so weit abgekühlt, dass die moderne Plattentektonik einsetzte, so Martin van Kranendonk:

    "Damit gelangten damals erstmals große Mengen an Wasser in den tiefen Mantel, denn die ozeanische Kruste sank in Kollisionszonen zwischen den Krustenplatten vielleicht bis zum Erdkern ab. Das mitgeschleppte Wasser wurde freigesetzt, und senkte u.a. den Schmelzpunkt der Erdmantelgesteine. Unserer Meinung nach hatte der Beginn der modernen Plattentektonik weitreichende Folgen: Vor 2,7 Milliarden Jahren bildete sich in geologisch kurzer Zeit das Gros der Kontinente."

    Weil die Plattentektonik diese Kontinente stetig mit sich zieht, begann eine Art "Walzer", der sogenannte Superkontinentzyklus, erklärt der Geologe. Dabei vereinen sich alle jeweils existierenden Landmassen zu einem einzigen Kontinent, trennen sich später, um sich am anderen Ende der Erde erneut zusammenzufinden - mit großen Folgen für die Umwelt:

    "Es besteht ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Superkontinentzyklus und Temperaturveränderungen in der Atmosphäre."

    Superkontinente seien mit Eiszeiten verbunden. Vor mehr als zwei Milliarden Jahren soll die Erde sogar zu einem kosmischen Schneeball erstarrt gewesen sein. Kranendonk:

    Wenn sich die Kontinente vereinen, lässt die Plattentektonik die Meere zwischen ihnen verschwinden und die ozeanische Kruste landet im Erdmantel. Damit gelangen große Massen an kaltem Material dort hinein und kühlen ihn ab. Dadurch lässt der Vulkanismus nach und der Nachschub an Klimagasen sinkt. Die Veränderungen im Erdinneren spiegeln sich also im Treibhauseffekt und in der Atmosphäre wider.

    Auch der freie Sauerstoff in der Atmosphäre, den die Welt damals allein der Arbeit der Cyanobakterien verdankte, könnte - chemischen Analysen zufolge - von der Entstehung der Superkontinente beeinflusst worden sein. Waren sie vereint, wurden eine Zeit lang weniger vulkanische Gase freigesetzt, die mit dem Sauerstoff reagierten: Er konnte sich ansammeln. Begann der Zyklus erneut, verstärkte sich der Vulkanismus wieder, der Trend kehrte sich um. Trotz dieses Hin und Hers stieg der Sauerstoffgehalt insgesamt jedoch an, weil in der Zwischenzeit die tektonische Aktivität und damit auch der Vulkanismus durch das Abkühlen und Altern der Erde nachgelassen hatte:

    "Dieses Auf und Ab und dieses zyklische Verhalten wird von Veränderungen im Erdmantel angetrieben: Veränderungen im Vulkanismus führen zu Veränderungen im Ausstoß der Treibhausgase, die führen zu Veränderungen in der Atmosphäre und in den Meeren, die Chemie reagiert und auch der Treibhauseffekt, und das wiederum führt dazu, dass sich die Biologie an die neuen Bedingungen anpasst."

    So könnten Superkontinente den Weg für komplexe Lebewesen bereitet haben: Die brauchen mehr Energie als einfache Bakterien, und die liefert eben der Sauerstoff, der sich im Lauf der Zeit in der Atmosphäre angesammelt hat.