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Wenn die EC-Karte schon auf dem Versandweg geklaut wird

Was tun, wenn die EC-Karte gestohlen wird? Häufig passiert der Diebstahl schon bei der Postzustellung von der Bank zum Kunden. Früher boten viele Banken die Möglichkeit, eine neue EC-Karte in der eigenen Filiale abzuholen. Doch das ist heute so gut wie unmöglich. Ein Fallbeispiel.

Von Dieter Wulf | 25.04.2013
    "Ich hatte bei der Postbank im Februar eine neue Geldkarte, die sollte mir dann auf dem Postweg zugesandt werden, erst die Pin, dann die Karte. Die Karte kam nie an, die Pin kam nie an. Ich hab’ das erst Wochen später beim Onlinebanking gemerkt, dass jemand Geld abgehoben hat auf meinem Konto. Dann hab ich die Karte sofort sperren lassen."

    Doch das war erst der Anfang der Schwierigkeiten für die Berliner Bankkundin Stephanie Lüttgen. Die nächste, nun neu beantragte Karte, bat sie, möge man ihr doch bitte per Einschreiben zuschicken, oder bei ihrer Filiale zur Abholung hinterlegen. Das sei nicht möglich, so die Antwort der Postbank. Dass so was noch mal passiere, sei ja fast ausgeschlossen. Aber fast ausgeschlossen ist eben nicht ganz ausgeschlossen.

    "Eine Woche später beim Onlinebanking sehe ich, dass wieder Geld von meinem Konto abgeholt wurde. Darauf habe ich wieder angerufen. Es stellte sich heraus, die zweite Karte wurde wieder abgefangen und es wurde wieder Geld von meinem Konto abgeholt. Meine Karte wurde wieder gesperrt."

    Allein in Berlin registriert die Polizei jährlich weit über tausend solcher Fälle, bestätigt der für solche Betrugsfälle zuständige Dezernatsleiter Michael Schultz. Die Methoden der Betrüger seien dabei ganz unterschiedlich.

    Täter haben leichtes Spiel
    Das größte Problem sieht der Berliner Kriminalist jedoch in dem ungesicherten Versand von Karten und Pins durch die Banken. Das kritisiere die Polizei seit vielen Jahren. Schließlich seien die EC-Karten durch Abtasten der Briefe leicht erkennbar und auch die separat versandten Geheimzahlen erkenne der Profi sofort.

    "Sie sind neutral, aber für einen findigen Täter sind die aus der Post herauszufiltern wie Postkarten."

    Auch der Berliner Rechtsanwalt Ulrich Schulte am Hülse, dessen Kanzlei sich auf solche Fälle konzentriert, vertritt dutzende Geschädigte. Oft, so seine Erfahrung, seien die Banken nicht kooperationsbereit. Dabei sei die Gesetzeslage völlig eindeutig.

    "Wenn eine nicht autorisierte Zahlungsverfügung vorliegt und der Kunde sich nicht grob fahrlässig verhalten hat, dann muss die Bank erstatten."

    Was aber ist grob fahrlässig? Wenn mit einer Original-Bankkarte und der dazugehörigen Pin Geld vom Automaten angehoben wird, argumentieren die Banken dann vor Gericht mit einem sogenannten Anscheinsbeweis. Man unterstellt dem Kunden, dass er die Geheimzahl vermutlich auf die Karte geschrieben habe. Wie anders, so die Argumentation, sei eine Abbuchung sonst möglich. Allein durch die von ihm bearbeiteten Fälle aber, wisse er, dass die bestehenden Sicherheitsmethoden der Banken offenbar ausgehebelt werden können, betont Rechtsanwalt Schulte am Hülse.

    "Ich habe eben Fälle erlebt, wo mit Karte und der regulären Pin am EC-Geldautomaten verfügt wurde, die Pin war eben gar nicht geöffnet, die war im versiegelten verschlossenen Umschlag, und seitdem ich solche Fälle erlebt habe, weiß ich relativ genau, dass die Ursache auch in ganz anderen Dingen liegen kann, als das, was da immer behauptet wird."

    Für die Banken aber ist das relativ unsichere Versandverfahren eine simple Rechenaufgabe. Die Bitte von Stephanie Lüttgen, ihr eine neue Karte nun per Einschreiben zu schicken, wurde von der Postbank mit Verweis auf wirtschaftliche Gesichtspunkte abgelehnt. Es handele sich um einen automatisierten Prozess, der manuell nicht veränderbar sei, hieß es schriftlich.

    Der Berliner Bankkundin, deren Karte gleich zweimal verschwand, bot die Bank auch nach 20 Anrufen keine Alternative, als ihr wiederum nun die dritte Karte auf dem gleichen Weg zukommen zu lassen. Erst, als sie sich strikt weigerte und ihren Fall öffentlich machte, gab es nun doch eine Möglichkeit. Die Karte, die ihr jetzt zugeschickt wird, ist sicherheitsgeschützt und kann erst eingesetzt werden, wenn der Eingang von ihr bestätigt wurde. Ein Sicherheitskonzept, das leicht umsetzbar ist und laut Aussagen der Polizei die Betrugszahlen deutlich senken könnte. Für das Alltagsgeschäft ist es den Banken aber offenbar zu teuer.