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Wer fünf Kilo zunimmt, verdoppelt sein Diabetes-Risiko

Viele Menschen in Deutschland leiden an Altersdiabetes. Doch auch bei hohem Übergewicht steigt die Gefahr für eine Erkrankung bei Jüngeren. Das Gegenmittel: viel Bewegung und gesunde Ernährung. Klingt logisch - ist aber in der Realität verdammt schwer umzusetzen.

Von Christina Sartori | 07.05.2013
    Wenn es um den Diabetes Typ2 geht, dann zählt jedes überflüssige Kilo, rechnet Professor Andreas Pfeiffer vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke vor:

    "Das Risiko für einen Diabetes steigt mit dem Körpergewicht enorm an, wenn man etwa vier bis fünf Kilo zunimmt, verdoppelt man sein Diabetes Risiko, also eine 100-prozentige Zunahme."

    Doch das Übergewicht ist nicht alleine schuld am Diabetes. Auch die Gene spielen eine Rolle, ergänzt Professor Harald Klein von der Uniklinik Bergmannsheil in Bochum:

    "Da gibt es einmal die Erbinformation, die man mitbekommen hat, von den Eltern, die zu einem Diabetes prädisponieren, also ihn wahrscheinlicher machen und dann kommt das Übergewicht noch hinzu, was das Risiko noch verstärkt. D.h. wenn ich die entsprechenden Gene, die entsprechende Erbinformation hab, hängt es dann von dem Übergewicht und der Bewegungsarmut ab, das sind so die beiden Komponenten, ab wann dieser Diabetes auftritt."

    Essgewohnheiten zu ändern, das fällt allen Menschen schwer
    An den Genen kann man nicht viel ändern. Bleiben also eine gesunde Ernährung und viel Bewegung, um abzunehmen. Und dadurch das Diabetes-Risiko zu senken oder - wenn der Patient schon an Diabetes leidet - um die Therapie zu vereinfachen. Das klingt logisch, wurde schon in Studien bewiesen - ist aber in der Realität sehr schwer umzusetzen, weiß Professor Klein:

    "Ich glaube, man würde den Nobelpreis dafür kriegen, wenn man endlich eine Lösung dafür finden würde, wie man in der heutigen Gesellschaft Leute zum Abnehmen bekommt. Das ist einfach ein sehr sehr schwieriges Gebiet und die Diäten halten ja nur für eine gewisse Zeit normalerweise an und dann nimmt man wieder Gewicht zu."

    Essgewohnheiten zu verändern, die eigene Ernährung dauerhaft umzustellen - das fällt allen Menschen schwer. Für Ernährungswissenschaftler wie Professor Pfeiffer ist klar, wie die richtige Ernährung auszusehen hat: Ein Teil komplexe Kohlenhydrate, wie z.B. Vollkornprodukte, ein Teil pflanzliche Fette wie Olivenöl oder Rapsöl und ein Teil pflanzliches Protein, z.B. aus Bohnen, Erbsen und Linsen - das sind die Stoffe, aus der man eine gesunde Ernährung macht. Aber: Die Mehrheit ernährt sich anders. Andreas Pfeiffer wünscht sich daher neue Nahrungsmittel, die gesund und verlockend sind.

    "Ich glaube, wir müssen auch Nahrungsmittel machen, die von den Menschen akzeptiert werden, die gut schmecken, die sie präferieren, die sie vorziehen und die gleichzeitig gesünder sind. Ich glaub wohl, wir können das."

    Der Ernährungsexperte aus Potsdam-Rehbrücke nennt auch gleich ein Beispiel:

    "Nehmen wir mal jemanden mit Diabetes, der davon profitieren würde, dass er weniger Kohlehydrate isst. Wenn der morgens sein Brot ist, z. B. ein Vollkornbrot, was aber gemahlen ist, nicht mit ganzen Körnern, das hat einen hohen glykämischen Index, das macht einen erheblichen Blutzuckeranstieg. Für den wäre es interessant morgens schon ein Brot zu haben - so wie das übrigens kommt, diese Proteinbrote z.B. - das eben weniger Blutzuckeranstieg macht."

    Eine weitere Möglichkeit: Eine Operation, die den Magen verkleinert
    Auch Nudeln könnte man "verbessern", meint Professor Pfeiffer. Aber wie erfolgreich dieses Konzept ist, das wird sich erst zeigen, wenn es mehrere solcher Produkte zu kaufen gibt. Vielleicht wird es einmal ein Medikament geben, das beim Abnehmen hilft - bis jetzt sind jedoch quasi alle sogenannten "Schlankheitspillen" wieder vom Markt verschwunden: Sie hatten zu schwere Nebenwirkungen. Für sehr stark übergewichtige Menschen, die an Diabetes oder anderen Krankheiten leiden, gibt es eine weitere Möglichkeit: eine Operation, bei der der Magen verkleinert wird. Andreas Pfeiffer:

    "Zweifellos ist es so, dass der Erfolg groß ist, bei Leuten, die sehr dick sind, also die ein massives Übergewicht haben, eine Adipositas, da ist es tatsächlich so, dass bei einem Großteil, wenn sie z. B. Diabetes haben, der Diabetes verschwindet oder sehr viel besser zu behandeln ist. Die Menschen nehmen so 30/40 Kilo ab mit einem Schlauchmagen oder Magenbypass, Magenband ist eher problematischer, und profitieren sehr davon."

    Bei einem Magenbypass verbleibt nur ein sehr kleiner Teil des Magens, die Nahrung gelangt fast direkt in den Darm. Studien haben gezeigt, dass dadurch im Darm schneller als normalerweise bestimmte Hormone produziert werden, die den Appetit hemmen.

    "Dadurch essen die Leute weniger, ohne dass sie leiden. Also es geht den Menschen nach der Operation relativ gut - wenn es keine Komplikationen gibt, die es bei etwa 10 Prozent gibt - sie essen weniger und sie haben dauerhaft ein reduziertes Gewicht. Darüber gibt es gute Studien."

    Doch diese Methode ist nur für besonders schwere Fälle eine Option. Allen anderen bleibt nur die Hoffnung auf gute Gene und der Versuch, sich möglichst viel zu bewegen.