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Werben für die Marke

22 Hersteller von Büroartikeln haben No-Name-Produkten den Kampf angesagt. Die Markenartikler gründeten eine gemeinsame Marketing-Gesellschaft, die Office Gold Club GmbH. Sie organisiert Verkaufsveranstaltungen für Chefeinkäufer großer Unternehmen.

Von Sandra Schulz | 23.03.2007
    Ein Stapel Papier, geschätzte neunzig Seiten stark, tadellos zusammengeklammert. Doch das ist noch nicht alles, was diese Heftmaschine, vulgo: dieser Tacker, kann:

    "Und jetzt kommt das Besondere: Der Durax schneidet die Klammer auf die richtige Länge, das heißt, Sie haben eine Klammer für alle Formate."

    "Ja, die Probleme kenne ich, sonst muss man das wechseln, und dabei reißt man sich dann womöglich."

    "Und, ist das schlimm, wenn man sich reißt?"

    "Ja"

    "Gut, dann nehmen Sie bitte den Durax, und Sie haben nie wieder Probleme."

    Einer von 22 Ständen im Tagungscenter des Berliner Estrel-Hotels. Die Office Gold Club GmbH ist zu Gast mit ihrer Roadshow. Alle Aktenordner, Stehpulte, Textmarker, Locher, die hier gezeigt werden, haben eines gemeinsam: Sie tragen eine bekannt Marke. No-Name-Produkte sucht man hier vergeblich. Denn der Office Gold Club ist eine GmbH , in der sich gut 20 Markenhersteller von Büroartikeln zusammengeschlossen haben. Hauptzweck der GmbH: Marketing für die Marke und damit der gemeinsame Kampf gegen No-Name-Produkte. Die Idee, so Axel Schubert, Beiratsvorsitzender des Office Gold Clubs, entstand vor rund zwei Jahren. Damals fiel auf,

    "dass gerade im gewerblichen Bereich zu der damaligen Zeit der Preis immer wichtiger wurde. Die ganze Geiz-ist-geil-Mentalität war da ganz entscheidend, und dass dort einriss, dass anstelle des Markenartikels viele No-Name-Produkte geliefert wurden, rein aus Preisgründen. Und das war eigentlich der Aufhänger, dass wir gesagt haben, wir wollen die Marke stärker in den Vordergrund stellen."

    Unter anderem auf seinen Präsentationsschauen will der Office Gold Club seine Besucher auf die Vorteile von Markenprodukten einschwören. Ihr Hauptargument: Qualität mache sich unterm Strich bezahlt. Und das rechnet sich nach Meinung von Thomas Heine, dem Geschäftsführer des Office Gold Clubs so:

    "Das Schlimmste, was Ihnen passieren kann, ist, dass ein Ordner nicht den Nutzen bietet, den Sie erwarten. Einen Ordner zu füllen, kostet 250 Euro Personalkosten. Und wenn die Mechanik nicht mehr sauber schließt, dann ärgern Sie sich tausendmal am Stück. Denn jedes Blatt, das Sie einlegen, passt nicht sauber, und wenn Sie da nur ein, zwei Sekunden verlieren, kommen Sie unterm Strich schnell auf eine Stunde, die dann auch wieder ihren Preis hat. Lange Rede, kurzer Sinn: Sie zahlen im Endeffekt drauf."

    Auch den immer rüder werdenden Geschäftspraktiken mancher Mitbewerber haben die Markenhersteller des Office Gold Clubs den Kampf angesagt. Im November 2005 unterzeichneten sie einen gemeinsamen Ehrenkodex. Inzwischen haben sich fast 450 Unternehmen und Verbände den guten kaufmännischen Sitten und dem fairen Geschäftsgebaren verpflichtet. Dass es Zeit zum Handeln sei, fand damals unter anderem Eckhard Seewöster, einer der Initiatoren:

    "Der Handel hat sich bei den Industrieunternehmen zunehmend darüber beklagt, dass es ein unethisches Verhalten in der Branche gab. Es wurde falsch geliefert, es wurde überliefert, es wurde eine andere Qualität als angefragt geliefert und viele andere Unregelmäßigkeiten mehr. Der Hintergrund ist der, dass der Wettbewerbsdruck in der Branche in den letzten Jahren stark gestiegen ist. Und da lässt man auch mal alle fünfe gerade sein, jedenfalls manche Anbieter, und diejenigen, die sich ehrlich verhalten haben, sind natürlich die Dummen und die Verlierer."

    Im vergangenen Jahr ist der Office Gold Club zum ersten Mal durch die Republik getourt. Zu den Besuchern zählen Händler und die Büromaterial-Einkäufer großer Unternehmen. Um diese in die rechte Einkaufslaune zu versetzen, garniert der Office Gold Club seine Veranstaltungen mit einem adäquaten Rahmenprogramm: Dazu gehören Vorträge und immer auch ein gehobenes Menü, das für jeden Geschmack etwas zu bieten hat. Vitello Tonnato steht ebenso auf der Karte wie Kasseler mit Sauerkraut. Das Konzept geht auf: Knapp 2000 Anmeldungen gibt es in diesem Jahr, rund 25 Prozent mehr als im vergangenen. Beiratsvorsitzender Schubert:

    ""Die Initiative ist sehr wohl in den Umsätzen spürbar, denn wir stellen gerade im bürogewerblichen Bereich fest, dass der Trend 'Geiz ist geil' schon gebrochen ist und dass verstärkt der Markenartikel gekauft wird. Und das bekommen wir auch vom Handel zurückgespielt."

    22 für einen, einer für 22 - der Vergleich mit den drei Musketieren gefällt den meisten Mitstreitern des Office Gold Club. Auf ihren Roadshows üben sie den Schulterschluss. Auch wenn Klebestifthersteller neben Klebestifthersteller steht: Das Wort "Konkurrenz" ist hier nicht gerne gehört, allenfalls in der Übersetzung:

    "Wir nennen das eigentlich nicht Konkurrenz, sondern das ist der Mitbewerber. Die haben ähnlich gute Produkte wie wir, wir nehmen uns da nichts, wir haben da gar keine Berührungsängste, wir haben einige Produkte, die eine Alleinstellung haben, die andere nicht haben. So, und bei den anderen, kann dann letztlich der Kunde entscheiden, was ihm gefällt. Natürlich soll er unseres kaufen, dafür kämpfe ich, aber natürlich würde ich niemals sagen, wenn er sich für was anderes entscheidet, dass seine Entscheidung schlecht ist, denn die Qualität ist auch gut. Wichtig ist hier für uns, dass wir hier die Marke verkaufen wollen."

    Erklärt Reinhard Gamroth, der für den Heftmaschinenhersteller rapid an der Roadshow teilnimmt. Seine Firma hat den Tacker entwickelt, der es mit jedem Papierstapel aufnehmen kann. Auch mit diesem Argument werben die Markenhersteller für sich: Sie investieren in Innovationen. Die 180-Grad-Mechanik etwa, die es erlaubt, Dokumente beidseitig in Aktenordner zu heften, ist in diesem Jahr erstmals zu sehen, genauso wie Notizbücher, die handschriftliche Notizen auf ein digitales Medium übertragen oder Bleistifte, deren Minen nicht mehr brechen, wenn sie herunterfallen. Für einen neuartigen Textmarker wirbt der Hersteller nebenan:

    "Sie können den Stift mit einer Hand bedienen. Wenn Sie zum Beispiel präsentieren am Wideboard, dann haben Sie in der linken Hand das Skript, und rechts schreiben sie. Der Verschluss funktioniert so, dass vorne ein kleines Verschlusskäppchen bei eingezwungener Mine davor geht, so dass der Stift auch luftdicht verschlossen ist und nicht austrocknen kann. Und das ist eine echte Innovation. Bekannt schon lange vom Kugelschreiberprinzip."

    Mit einem kleinen Unterschied: Der Stift hat neben dem Textmarker noch eine normale Kugelschreibermine, ein Prinzip, dass Martina Heidemann von Siemens Networks sofort überzeugt hat:

    "Wenn man zum Beispiel unterwegs ist und man muss ganz schnell was markieren, habe ich zwei Stifte dabei, einen Kugelschreiber und einen Textmarker. Wenn ich da zwei in einem habe, das ist doch absolut genial."