Freitag, 29. März 2024

Archiv

Westafrika
Wahlen als Test für Nigerias Demokratie

Gerade die jungen Wähler stehen der Regierung in Nigeria kritisch gegenüber. Sie fordern mehr Fortschritt, befürchten jedoch weitere Unruhen und Gewalt nach der heutigen Wahl – besonders, wenn das Ergebnis knapp ausfallen sollte.

Von Dunja Sadaqi | 23.02.2019
Menschen fahren auf Räder in der nigerianischen Stadt Mubi im Staat Adamawa an Wahlkampf-Plakaten vorbei. Die Wahl wird sich vor allem zwischen Präsident Muhammadu Buhari und seinem wichtigsten Herausforderer, Atiku Abubakar, entscheiden.
Für die 84 Millionen wahlberechtigten Nigerianer stehen über 70 Kandidaten zur Wahl (AFP / Luis Tato)
Nigerias Präsidentschaftswahl – vor einer Woche mitten in der Nacht kurzfristig und überraschend verschoben. Die Wahlkommission im Land teilte das über den Nachrichtendienst Twitter mit. Für viele nigerianischen Wähler kam die Nachricht zu spät und sorgte für Frustration:
"Jeder war bereit morgens zu wählen. Aber zu unserer großen Überraschung sagten sie uns, die Wahl ist verschoben! Das ist sehr sehr, sehr enttäuschend."
"Dass sie die Wahlen verschieben – das ist doch vorbereiteter Wahlbetrug! Die Bevölkerung wird das niemals akzeptieren."
Auch die beiden großen Volksparteien von Amtsinhaber Muhammadu Buhari und seinem Herausforderer Atiku Abubakar zeigten sich verärgert über die Wahlverschiebung. Seit Wochen kursieren Berichte über Probleme bei der Auslieferung von Wahlunterlagen und Stimmzetteln. Einige Wahllokale wurden angezündet.
Für 84 Millionen wahlberechtigten Nigerianer haben sich über 70 Kandidaten zur Wahl gestellt. Die aussichtsreichsten – Präsident Muhammadu Buhari und sein Herausforderer Atika Abubabakr – sind beide alte Männer über 70. Sie kandidieren in einem Land, dessen Bevölkerung jung ist. Mehr als zwei Drittel sogar jünger als 25. So wie die 19-jährige Shadite aus der Hauptstadt Abuja.
"Ich erwarte von der Regierung, dass sie ihr Bestes tut. Ich sehe, sie versucht es, aber ich erwarte, dass sie mehr tut. In Nigeria gibt es viele Menschen, die wirklich Hilfe brauchen. Zum Beispiel viele Studenten: Viele können ihre Studiengebühren nicht zahlen – ich möchte, dass die Regierung uns hilft!"
Bildung, Sicherheit, Arbeitsplätze – das sind die Themen
Der 35-jährige Muhammed macht sich Sorgen um die Entwicklung und die Sicherheit in seiner Heimat.
"Seit 16 Jahren müssen meine Leute unter schwierigsten Bedingungen leben. Es gibt keine Entwicklung. Zum Beispiel gibt es in ländliche Gegenden keine Busverbindungen mehr – einfach weil die Leute Angst vor Entführungen haben. Die Straßen wurden dort komplett vernachlässigt. Ich will Druck auf die Regierung ausüben, damit sie uns endlich hilft und die Straßen repariert."
Bildung, Sicherheit, Arbeitsplätze – das sind die Themen, die nicht nur die jungen Nigerianer bewegen. Viele hoffen auf Fortschritt. Nigeria steckt immer noch in der Krise. Die wirtschaftliche Lage ist mies, die Sicherheitslage ebenfalls: Die Terrormiliz Boko Haram sowie mörderische Kämpfe zwischen Nomaden und ansässigen Bauern sorgen für große Unsicherheit. Alles Faktoren, an denen sich die jetztige Regierung messen lassen muss, sagt Analyst Abubakar Umar Kari.
Ein Kompass für die gesamte Region
"Hat die Regierung geliefert oder nicht? Das ist auch eine wichtige Frage bei diesen Wahlen. Die Regierung sagt, sie hat ihre Versprechen gehalten. Viele bezweifeln das. Es gibt einige, die sagen: Was hat diese Regierung überhaupt erreicht? Und es gibt welche, die sogar sagen, die Zustände im Land haben sich unter dieser Regierung verschlechtert."
Die letzte Wahl vor vier Jahren galt als historisch. Historisch deshalb, weil zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit des Landes ein Oppositionspolitiker auf demokratische Weise einen Machtwechsel herbeiführen konnte.
"Die Wahlen sind ein Test für die nigerianische Demokratie." Das sagt Analyst Abubakar Umar Kari von der Universität Abuja. Und nicht nur das. Die Wahl in Nigeria sei ein Kompass für die gesamte Region.
"Die Wahl ist auch deshalb wichtig, weil Nigeria das bevölkerungsreichste Land und die größte Volkswirtschaft Afrikas ist. Was auch immer in Nigeria passiert, hat schwerwiegende Folgen. Nicht nur für Westafrika, sondern für den gesamten schwarzen Kontinent."
Die Sorge vor Unruhen und Gewalt nach der Wahl sind groß – besonders, wenn das Ergebnis knapp ausfallen sollte.