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Wettbewerb in Bayern
Schüler schützen ihre Umwelt

Jedes Jahr können sich in Bayern Schulen um den Titel "Umweltschule in Europa" bewerben. Dafür erarbeiten Schüler und Lehrer Konzepte, um ihre Umgebung umweltfreundlich und nachhaltig zu gestalten: Bäume pflanzen oder Solarpanelen fürs Schuldach sind da noch die konventionellsten Ideen.

Von Susanne Lettenbauer | 05.12.2015
    Eine Person in Arbeitshosen und Gummistiefeln geht an einer Reihe Blumentöpfe mit kleinen Blaufichten vorbei. Die Beine sind nur bis zum Oberschenkel zu sehen.
    Bäume pflanzen für eine nachhaltigere Schule: Viele bayerische Schüler und Lehrer versuchen, den Titel "Umweltschule" zu ergattern. (dpa / picture alliance / Sebastian Willnow)
    "Wir haben da ein Hochbeet mit verrotteten Blättern und Schutzengelerde gemacht und haben da was reingepflanzt, weil der Müll von den Blättern ist auch zu was nütze."
    Die Erstklässler zeigen durch das Fenster nach draußen. Im Garten der Volksschule Herrsching am Ammersee stehen zwei Hochbeete aus recycelten Sportgeräten. Den ganzen Sommer hegten die Grundschüler dort Gemüsepflanzen. Begleitet von den Lehrern. Daneben wächst ein junger Apfelbaum, gepflanzt während des Umweltunterrichts. Im Baum daneben hängen bunte Vogelhäuschen, gebaut von den Schülern der Mittelschule. Umweltschule bedeutet in Herrsching: selbst Hand anlegen, Ideen entwickeln, wie die Umwelt bewusster wahrgenommen werden kann, rausgehen in die Natur, Unterricht auch mal im Freien am See, wenn die Witterung es erlaubt. Zum Umweltschulgedanken gehört in Herrsching auch das Internet, die Einbindung in europäische Initiativen wie 'citizen science', eine Art "Bürgerwissenschaft" bei der jeder, der möchte, in verschiedenen Projekten Daten sammeln und der Wissenschaft zur Verfügung stellen kann.
    Im Schulgarten hängen Schilder in sechs besonderen Büschen:
    "Da haben wir beobachtet was die tun, wie viele Blätter dran sind, wann die Blüten kommen, dann haben wir noch beobachtet wie der sich entwickelt, ob das gut oder schlecht ist."
    Drittklässler arbeiten hier in einem deutschlandweiten Projekt mit Forschern der Berliner Freien Universität zusammen. Wie reagieren die Pflanzen auf Temperaturextreme, kann der Klimawandel bereits an den Büschen erkannt werden? Umweltbildung auch jenseits des Lehrplans steht in der Herrschinger Umweltschule ganz oben auf dem Programm. Seit vier Jahren trägt das Haus von Schulleiter Florian Thurmair den Titel "Umweltschule in Europa". Jedes Jahr bewerben sie sich neu um die Auszeichnung. Erst kürzlich wurden sämtliche Glühlampen durch LEDs ersetzt. Zwei Solaranlagen liegen auf dem Dach:
    "Also im Internet kann man die CO2-Vermeidung ablesen. Seit Februar 2014 haben wir 170 Tonnen CO2 eingespart, wir haben mit der Anlage 256.000 Kilowattstunden Strom im Wert von 83 000 Euro produziert."
    Praktische Umweltbildung hautnah
    Praktische Umweltbildung hautnah. Wassersparen, Stromsparen im Kleinen. Aber auch Themen wie der Klimawandel werden frühzeitig in den Unterricht eingebaut: Im Schulzimmer der Erst- und Zweitklässler steht zum Beispiel eine Schale mit Gletscherwasser, einem kleinen Eisbär und untergegangenen Inseln:
    "Wir haben da soviel Eis reingetan und dann eine Kerze reingestellt und dann ist alles geschmolzen und am nächsten Tag waren nur noch die Papiere drin von den Eisbergen."
    Schmelzende Gletscher, bedrohte Inselstaaten, Solaranlagen und LEDs – für die Grundschullehrerin und Umweltverantwortliche der Volksschule Herrsching Susanne Hänel ist es keine Frage, dass man früh mit Umweltbildung beginnen muss:
    "Das ist eine ganz tolle Aktion, weil da wirklich die Kinder mit dabei sind und betroffen gemacht werden und eben diese Selbstwirksamkeit für die Kinder zu sehen ist und das ist glaube ich das Hauptziel der Umweltschulen für Europa, dass viele mitmachen können. Die Themen sind immer breit gestreut, das ist ganz leicht."
    "Wir haben mit den Tablets halt die Pflanzen erforscht, halt fotografiert und dann haben wir einen Wettbewerb gemacht am See und da hatte jeder Punkte mit dem tollsten Projekt."
    An den 275 Umweltschulen in Bayern werden die unterschiedlichsten Umweltprojekte realisiert. Die Ideen sollen dabei immer von den Schülern selbst kommen, je nach Schulart und Bildungsstand. Die Lehrer stehen nur als Berater zur Seite. Generell gehe es um ganzheitliche Bildung, sagt der Schulleiter der Umweltschule Gymnasium Oberhaching bei München Mathias Müller.
    Zusammenhänge zwischen Umwelt und Politik erkennen lernen
    Das Erkennen von Zusammenhängen zum Beispiel von Flüchtlingsströmen und Klimaerwärmung. Seine Schule erhielt die höchste Punktzahl bei der Bewertung durch das bayerische Umweltministerium. So werden die Schüler angehalten, mit dem Fahrrad zur Schule zu kommen. Die schuleigene Umweltgruppe plant derzeit Wasserspender in der Mensa aufzustellen, um Flaschenmüll zu vermeiden:
    "Es sind die kleinen Bausteine, mit denen man Zeichen setzt. Das ist der Schulgarten, wo die Fünft-, Sechstklässler intensiv arbeiten, wo wir in den letzten Jahren Fortschritte gemacht haben, wir haben einen Bienenstock dahinten, wir haben Streuwiesen, die umweltfreundlich gepflegt werden. Wir haben sehr, sehr viele Projekte. Im letzten Jahr hatten wir ein ganz großes Projekt, da haben wir 1500 Bäume gepflanzt in einer Zweckverbandsgemeinschaft hier in Sauerlach."
    Dass Umweltschutz auch auf Widerstand stößt, mussten die Schüler bei einem anderen Projekt lernen. Geplant war, mit einer P-Seminargruppe der 11. Klasse eine große Solaranlage auf dem Dach zu konzipieren und zu installieren. Doch das scheiterte an der Ablehnung des Architekten. Sein Gebäude würde durch Solaranlagen entstellt werden.