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Wettbewerbsregister
Neues Instrument im Kampf gegen korrupte Firmen

Wird ein Unternehmen wegen Bestechung, Preisabsprachen oder Unterlaufen des Mindestlohns verurteilt, soll es künftig einen Eintrag im neuen zentralen Wettbewerbsregister bekommen. Die Bundesregierung will mit diesem Gesetzesvorhaben "schwarze Schafe" von öffentlichen Aufträgen ausschließen. Kritiker bemängeln die Hürden für einen Eintrag als zu hoch.

Von Theo Geers | 29.03.2017
    Blick von oben auf drei Bauarbeiter mit Schutzhelmen, die auf einer Baustelle zusammenstehen
    Steuerhinterziehung, Bestechung, Unterlaufen des Mindestlohns, Vorenthalten von Löhnen und Beschäftigung von Schwarzarbeitern: Die Liste der möglichen Vergehen, die zu einem Eintrag im Wettbewerbsregister führen können, ist lang. (Imago)
    Die Staatsanwaltschaften müssen Informationen über verurteilte Unternehmen melden, umgekehrt müssen Kommunen, Landesbehörden, Bundesministerien und andere öffentliche Auftraggeber das Register elektronisch abfragen, bevor sie einen Auftrag vergeben.
    Steuerhinterziehung, Bestechung, Unterlaufen des Mindestlohns, aber auch Terrorfinanzierung, Menschenhandel, Geldwäsche oder Beteiligung an der organisierten Kriminalität – es ist ein langer Katalog von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, der Unternehmen und Unternehmern künftig einen Eintrag im neuen Wettbewerbsregister beschert. Zu den Vergehen zählen auch die Beteiligung an Preisabsprachen, das Vorenthalten von Löhnen oder Sozialabgaben, Subventionsbetrug, die Beschäftigung von Schwarzarbeitern oder der Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen. Immer wenn hier ein rechtskräftiges Urteil vorliegt oder eine Geldbuße verhängt wurde, kommt das Unternehmen auf die schwarze Liste. Danach ist es erst einmal für fünf Jahre von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen, so Tanja Alemany, die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums:
    "Wir sind der Ansicht, dass Unternehmen, die sich der Bestechung oder Steuerhinterziehung etc. schuldig gemacht haben, nicht auch noch von öffentlichen Aufträgen und damit Steuergeldern profitieren dürfen. Wir wollen die schwarzen Schafe ausschließen und damit die ehrlichen Unternehmen schützen."
    Öffentliche Auftraggeber müssen das Register elektronisch abfragen
    Nach dem Vergaberecht können Unternehmen schon heute von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden. Das Problem: Bisher gibt es solche Register nur auf Länderebene. Nun soll die neue zentrale Datenbank, die beim Bundeskartellamt geführt wird, den Informationsfluss verbessern: Die Staatsanwaltschaften müssen Informationen über verurteilte Unternehmen melden, umgekehrt müssen Kommunen, Landesbehörden, Bundesministerien und andere öffentliche Auftraggeber das Register elektronisch abfragen, bevor sie einen Auftrag vergeben. Vorgeschrieben ist dies ab einem Auftragsvolumen von 30.000 Euro.
    Bei den Rechtsverstößen gibt es je nach Vergehen unterschiedliche Schwellen, ab wann ein Registereintrag erfolgt. Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency Deutschland begrüßt das neue Register im Grundsatz, doch Vorstandsmitglied Christian Landermann schickt gleich ein "Aber" hinterher:
    "Das 'Aber' besteht darin, dass die Hürde, um in das Register eingetragen zu werden, zu hoch ist. Der Gesetzentwurf geht davon aus, dass wir strafrechtliche Verurteilung brauchen, und diese Hürde empfinden wir als zu hoch."
    Transparency Deutschland: Registereintrag nicht erst nach Urteil
    Denn wirtschaftsstrafrechtliche Verfahren ziehen sich häufig über mehrere Jahre hin, in der Zeit erfolgt noch kein Eintrag. Für Transparency Deutschland müsste der Registereintrag deshalb früher erfolgen – etwa dann, wenn kein begründeter Zweifel am Vorliegen eines schweren Verstoßes mehr besteht. Generell sollen die Eintragungen je nach Vergehen nach drei bis fünf Jahren wieder gelöscht werden.
    Im Register erfasste Unternehmen können eine Löschung aber auch früher erreichen. Dafür müssen sie personelle und organisatorische Maßnahmen treffen, die weitere Rechtsverstöße wirksam verhindern. Errichtet werden könnte das neue Register schon im kommenden Jahr. Dafür allerdings müssten Bundestag und Bundesrat das entsprechende Gesetz noch vor der Sommerpause und der Bundestagswahl verabschieden.