Corona in Theatern und Konzerthäusern

Wie Lüftungsanlagen die Ansteckungsgefahr verringern

09:47 Minuten
Blick ins Publikum des Berliner Ensembles bei der Vorstellung "Panikherz" im Rahmen des Berliner Modellprojekts während der Coronapandemie.
"Panikherz" im Berliner Ensemble - eine Aufführung im Rahmen eines Modellprojekts während der Corona-Pandemie. © picture alliance / dpa / Reuters / Pool / Annegret Hilse
Wolfgang Schade im Gespräch mit Julius Stucke · 22.03.2021
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Unter strengen Auflagen wird versucht, wieder kulturelle Live-Events zu ermöglichen. Die Frage, wie sich die ausgeatmete Luft im Saal verhält, ist dabei zentral. Der Physiker Wolfgang Schade hat das untersucht - mit einem Dummy namens Oleg.
Live-Kultur trotz Corona: Modellprojekte sollen klären, ob und unter welchen Bedingungen das möglich ist. So gab es beispielsweise in der Berliner Philharmonie am Wochenende das erste Live-Kulturerlebnis seit mehr als einem Jahr.
Voraussetzung für den Einlass zu diesen Test-Veranstaltungen ist ein negativer Corona-Schnelltest. Die Besucherinnen und Besucher tragen Maske und halten Abstand, nur rund jeder zweite Platz ist belegt. Zudem stehen medizinische Fachkräfte bereit. Bis Anfang April sind in Berlin insgesamt neun Veranstaltungen geplant.
Er würde ohne Bedenken zu einer solchen Veranstaltung gehen, sagt Wolfgang Schade vom Heinrich-Hertz-Institut, einem Teil des Fraunhofer-Instituts. Angesichts der weitreichenden Hygienekonzepte, die Theater und Konzerthäuser sich überlegt hätten, fühle er sich dort "deutlich besser aufgehoben" als etwa beim Einkaufen.
Wolfgang Schade hat in den vergangenen Monaten rund 20 Theater und Konzerthäuser eingehend auf die Corona-Problematik untersucht. Dafür sei eine Art Dummy gebaut worden, berichtet er, aus einer Schaufensterpuppe, in deren Kopf Schläuche stecken, um menschliches Atmen zu simulieren. "Wir lassen diesen Dummy, den wir irgendwann mal Oleg getauft haben, einerseits Aerosole emittieren, in bestimmter Größenordnung. Parallel produziert unser Oleg auch CO2 - das Gas, das wir permanent ausatmen."
Die Konzentration von CO2 und Aerosolen werde dann gemessen. Somit könne man feststellen, wie hoch diese auf verschiedenen Plätzen im Saal sei - "rechts, links, davor, dahinter und auch über dem Probanden".

Luft unter den Sitzplätzen einblasen

Welche Auswirkungen es konkret hat, wenn eine infizierte Person im Saal sitzt, lasse sich nicht ganz einfach sagen, erklärt Schade. Aber die Versuche hätten gezeigt, dass die Lüftungsanlage eine große Rolle spiele.
Manche Anlagen blasen frische Luft von den Seiten her in den Raum und saugen sie an der Decke ab. Andere blasen sie von der Decke her in den Saal und saugen sie auch dort wieder ab. "Optimal ist, zumindest nach dem, was wir bisher nachweisen konnten, wenn Luft unter den Sitzplätzen eingeblasen wird und flächig unter der Decke abgesogen wird."
Eine Rolle spiele natürlich auch, ob man still in einem Klassikkonzert sitze oder in einem Popkonzert singe oder tanze – mit zunehmender Aktivität steige auch die Menge an emittierten Aerosolen, betont Schade. Für eine Infektion mit dem Coronavirus sei letztlich entscheidend, wie viele Viren man über eine bestimmte Dauer aufnehme.
(abr/bre)
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