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Wetter-Vorhersagen
Prognosen lassen wechselhaften Winter erwarten

Vorhersagen bezogen auf eine ganze Jahreszeit werden laut ihren Machern immer zuverlässiger, was den Winter in Nord- und Mitteleuropa angeht. Demnach könnte die aktuelle Jahreszeit zunächst vergleichsweise kalt und dann vergleichsweise warm werden - sagen Experten des britischen Wetterdienstes Met Office.

Von Volker Mrasek | 02.12.2016
    Eine Schlittschuhläuferin saust am Samstag (04.02.2012) im Abendrot über die gefluteten Wiesen der Semkenfahrt im Blockland von Bremen.
    Gut möglich, dass das ein oder andere Gewässer in diesem Winter wieder gefriert (Picture Alliance / dpa / Ingo Wagner)
    Beim britischen Wetterdienst, dem Met Office, versuchen sich Forscher schon seit Jahren an langfristigen Vorhersagen, Wochen oder sogar Monate im Voraus. Seit kurzem tun sie das mit neuen Supercomputern und der bisher höchsten räumlichen Auflösung in den Vorhersagenmodellen. Der Leiter der Arbeitsgruppe, der Physiker Adam Scaife, zu den Aussichten für den bevorstehenden Winter in Nordeuropa:
    "Die Vorzeichen stehen diesmal auf einem kalten Winterauftakt. Aber wir können das nicht garantieren! Die Chancen für kaltes Wetter zum Start des Winters liegen nach unserer aktuellen Vorhersage bei 30 Prozent und die für mildes nur bei 10. Die 60 Prozent dazwischen, das ist ein Winter, der nicht extrem ausfällt."
    Wir dürften also eher einen kälteren als einen wärmeren Dezember erleben. So könnte man es vielleicht am treffendsten ausdrücken. Im Januar soll sich das aber ändern. Dann schlägt die Witterung um - jedenfalls nach der Saison-Vorhersage der Briten. Nick Dunstone, auch er Physiker im Team des Met Office:
    "Im letzten Jahr hatten wir einen milden Dezember mit starken Winterstürmen und Überschwemmungen im Norden Englands. Unsere Modelle haben das ganz gut vorhergesagt. Dieses Mal erwarten wir das genaue Gegenteil: kälteres Wetter als normal in der ersten Winterhälfte und wärmeres in der zweiten."
    DWD veröffentlicht auch Saison-Vorhersagen
    Auch der DWD, der Deutsche Wetterdienst, veröffentlicht inzwischen Saison-Vorhersagen. Die aktuelle für den Winter liefert aber unklare Signale und keine Hinweise auf kältere oder wärmere Episoden. Wobei man sagen muss: Die vom DWD benutzten Rechner und Vorhersagemodelle sind noch nicht so hoch entwickelt wie die der Briten.
    Die Temperatur-Prognosen des Met Office gelten zwar im Kern für Nordeuropa. Deutschland zähle aber praktisch mit zum Einflussbereich, sagt Adam Scaife:
    "Erlebt Großbritannien einen kalten Winter, dann ist er es oft auch in Deutschland. Wir geben übrigens keine Prognosen für Niederschläge ab. Ob während des Skiurlaubs Schnee liegen wird, sagen wir irgendwann Mitte Februar - das frühzeitig vorherzusagen ist sehr, sehr schwer. Wahrscheinlich ist es sogar unmöglich! Aber wer weiß, wohin sich die Forschung da noch entwickelt?"
    Ein Kleinkind hat einen Schneemann gebaut und geht von diesem weg.
    Könnte diesen Januar vielleicht nicht mehr so gut klappen: Ein Kleinkind baut in München einen Schneemann. (dpa/ picture-alliance/ Peter Kneffel)
    Maßgeblich für das Winter-Wetter in Westeuropa ist der Nordatlantik. Dort gibt es zwei berühmte Luftdruck-Gebilde: das Island-Tief im Norden und das Azoren-Hoch im Süden. Sie bestimmen die sogenannte Nordatlantik-Oszillation oder NAO. Sind beide stark ausgeprägt, ist die NAO positiv, wie man sagt. Dann strömt milde und feuchte Atlantikluft zu uns. Ist der Luftdruckunterschied zwischen Azoren und Island dagegen klein und die NAO negativ, setzt sich kalte und trockene Luft aus Sibirien in Westeuropa durch. Der Kniff einer erfolgreichen Winter-Vorhersage liegt darin, die Schwankungen der Nordatlantik-Oszillation lange im Voraus absehen zu können.
    "Wir haben große Fortschritte gemacht in den letzten Jahren. Bis vor kurzem hieß es noch, die NAO sei nicht vorhersagbar. Und eine langfristige Prognose für Deutschland oder Großbritannien unmöglich. Heute wissen wir, dass das nicht stimmt. Und das ist sehr spannend!"
    "Die strengen Winter von 2009 und 2010 wären heute schon einen Monat im Voraus vorhersagbar"
    Herrschen im Pazifik warme El-Niño- oder kühle La-Niña-Bedingungen? Wie stark ist der Tiefdruckwirbel ausgeprägt, der sich im Winter über dem Nordpol ausbildet, in Höhen der Stratosphäre? Welche Ausdehnung hat das Meereis in der Arktis? All das beeinflusst die Phasen der NAO und fließt in die langfristigen Vorhersagen ein.
    "Wenn wir an die strengen Winter 2009 und 2010 zurückdenken: Sie wären heute schon einen Monat im Voraus vorhersagbar."
    Ski-Urlaubern mag ein solcher Ausblick nicht viel nutzen, Energieversorgern, Verkehrsunternehmen und Kommunen aber schon. Sie könnten sich frühzeitig auf einen erhöhten Heizbedarf und harsche Straßenverhältnisse einstellen.