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Wie geht's weiter mit der Juniorprofessur in Deutschland?

Fünf Jahre nach Einführung der Juniorprofessur wird nun eine erste Bilanz gezogen. Fragen an Johanna Hey, Vizepräsidentin des Deutschen Hochschulverbandes, und Kurosch Rezwan, Vorsitzender des Fördervereins Juniorprofessur.

Moderation: Kate Maleike | 23.05.2007
    Kate Maleike: "Campus & Karriere" ist das hier, am Mittwochnachmittag im Deutschlandfunk. Die Lage der Juniorprofessur in Hochschul-Deutschland beschäftigt uns jetzt noch mal. Die heute veröffentlichte Befragung des Centrums für Hochschulentwicklung hat ja gezeigt, dass viele der rund 800 Junior-Profs in Deutschland im Großen und Ganzen zufrieden sind mit ihrer Situation, dass viele aber parallel noch habilitieren und dass nur wenige in den Genuss kommen, durch eine so genannte Tenure-Track-Option ohne Ausschreibung eine entfristete Professorenstelle zu erreichen. Über die aktuelle Situation und über die Verbesserungsmöglichkeiten möchte ich jetzt gerne reden mit Professorin Johanna Hey, sie ist Vizepräsidentin des Deutschen Hochschulverbandes, also sozusagen der Standesvertretung der Hochschullehrer in Deutschland. Schönen guten Tag, Frau Hey!

    Johanna Hey: Schönen guten Tag!

    Maleike: Und ich möchte reden mit Professor Kurosch Rezwan, dem Vorstandsvorsitzenden des Fördervereins Juniorprofessur e.V. Schönen guten Tag, Herr Rezwan!

    Kurosch Rezwan: Schönen guten Tag, Frau Maleike!

    Maleike: Frau Hey, lassen wir zunächst, wir beide beginnen. Ihr Verband hat ja der Juniorprofessur seit ihrer Einführung eigentlich recht kritisch immer gegenübergestanden. Bei der Befragung des CHE nun haben die Junior-Profs von sich aus gesagt, dass sie relativ zufrieden sind mit der Einbindung in die Hochschule und auch in die wissenschaftliche Community. Sind Sie denn jetzt mit den Juniorprofessoren auch einverstanden?

    Hey: Das ist auch aus Sicht des Deutschen Hochschulverbandes ein positives Ergebnis, das die Juniorprofessur für die davon Betroffenen, das heißt für die Juniorprofessoren, sich positiv darstellt. Der Hochschulverband war nicht wirklich ablehnend gegenüber der Juniorprofessur, sondern es ging uns einfach darum, eine gewisse Vielfalt von Qualifikationsmöglichkeiten zu erhalten.

    Maleike: Also, es ging nicht darum zu sagen, diesen Professor light wollen wir nicht?

    Hey: Ganz im Gegenteil, wir haben immer gesagt, es gibt einfach Fächer und auch Situationen, in denen die Juniorprofessur, sicherlich auch abhängig von dem einzelnen Juniorprofessor, ein sehr gutes Nebeneinander von Habilitation und Juniorprofessur ermöglicht.

    Maleike: Sie haben als Verband auch die CHE-Befragung vorliegen. Wie beurteilen Sie denn die Ergebnisse?

    Hey: Was sich sicherlich zeigt ist, dass die Juniorprofessur gewisse Startschwierigkeiten hat neben der Habilitation, das ist einfach deutlich ablesbar an den Zahlen, wobei es aus meiner Sicht noch zu früh ist, um hier ein endgültiges Urteil abzugeben, denn es wird sich ja noch erweisen müssen, wie sich die Juniorprofessoren nachher auch in Berufungsverfahren dann bewähren. Und wenn sich da zeigt, dass Juniorprofessoren durchaus auch gute Wettbewerbschancen haben, wird sich hier möglicherweise auch noch was tun.

    Maleike: Herr Rezwan, wie beurteilen Sie das aus der Sicht Ihres Fördervereins?

    Rezwan: Die CHE-Studie legt sehr detaillierte Zahlen vor, erstmalig wieder seit geraumer Zeit. Wir freuen uns festzustellen, dass 800 Juniorprofessoren tätig sind. Diese Zahl hat sich über fünf Jahre jetzt stetig gehalten, und wir sehen das eigentlich an als guten Beweis, dass die Juniorprofessur sich als fester, wichtiger Bestandteil in die Hochschulentwicklung integriert hat.

    Maleike: Aber sind denn 800 Juniorprofessoren in Deutschland nicht zu wenig? 6000 sollten es ja mal sein, bis 2010.

    Rezwan: Also 800 Juniorprofessoren sind vier Prozent der Professorenstellen an den Universitäten hier in Deutschland. Man darf ja nicht vergessen, dass während dieser ganzen Entwicklung nicht zusätzliche Universitäts-Professurstellen geschaffen wurden, das heißt, sie können eigentlich den momentanen Kuchen eigentlich aufteilen zwischen W1-, W2-, W3-Professuren und auslaufenden C3- und C4-Professuren.

    Maleike: Frau Hey, die Habilitation haben wir schon angesprochen. Zwei Drittel der aktuellen Juniorprofessoren machen sie parallel. Hatten Sie das erwartet?

    Hey: Ja, es war zu erwarten, dass man hier auf Nummer sicher gehen würde, auch wenn das sicherlich nicht im Sinne der Junior-Professor ursprünglich einmal war. Aber auch hier muss man ganz klar sehen, es ist eine Übergangsphase, in der verständlich ist, wenn der Juniorprofessor eben sich mit der Habilitation absichert. Es ist auf der anderen Seite aber auch die Frage, ob das so schädlich ist, ein zweites Buch zu schreiben und es dann eben auch in einem Verfahren dann beurteilen zu lassen. Also von daher muss man das sicherlich etwas differenziert sehen. Es ist nicht wirklich im Sinne des Erfinders, aber aus meiner Sicht auch kein so großes Problem.

    Maleike: Ziel der Juniorprofessur war es ja auch mal sozusagen die Qualifikationswege zu verkürzen und damit auch die wissenschaftliche Karriere planbarer zu machen. Würden Sie sagen, dass das gelungen ist?

    Hey: Ja, das kann man aus meiner Sicht auch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht voll abschätzen, das wird eben sehr stark dann davon abhängen, wie die Juniorprofessoren nachher eben in die regulären W2-, W3-Stellen hineinwachsen.

    Maleike: Trotzdem noch mal vielleicht auch auf die Zahlen zurück. 800 sind es im Moment, 6000 waren ursprünglich mal vom Ministerium Bulmahn angedacht bis 2010. Das ist relativ wenig. Damit ist der Juniorprofessor - ich sag das jetzt mal so salopp - so was wie ein Rohrkrepierer. Würden Sie das so drastisch auch sagen?

    Hey: Nein, also, das würde ich definitiv ablehnen wollen, da teile ich die Auffassung von Herrn Rezwan. Es ist einfach so, dass die Juniorprofessur sich etabliert hat als ein weiterer Qualifikationsweg, vielleicht nicht mit diesen optimistischen Vorgaben, aber man muss eben sagen, das ist auch nichts, was sich so von oben herab planen lässt aus Ministeriumssicht, sondern so etwas muss sich entwickeln. Es muss auch erst eine Kultur von Juniorprofessoren entstehen, und von daher, da sind wir wirklich am Anfang einer Entwicklung.

    Maleike: Herr Rezwan, was sagen Sie denn aus Ihrer Sicht des Vereins: Verhindert die Juniorprofessur auch den Brain Drain, also das Verlassen der Nachwuchswissenschaftler des Hochschulstandortes Deutschland?

    Rezwan: Es verhindert, ja, ich bin vielleicht selber das beste Beispiel. Ich selber bin Schweizer, wie man vielleicht hört, habe an der ETA Zürich studiert, und hätte die Aussicht gehabt in der Industrie in der Schweiz und habe mich gegen den Job für eine wissenschaftliche Karriere als Junioprofessor hier in Deutschland entschieden. Das würde ich als Brain Gain, jetzt in diesem Fall, bezeichnen.

    Maleike: Frau Hey, wie sehen Sie das? Ist das wirklich der Weg, um die Jungen hier zu halten und sogar noch die Guten zu holen?

    Hey: Na ja, Sie haben ja das Thema Tenure-Track auch schon angesprochen, da ist die Frage wirklich, wie die Perspektive für den Juniorprofessor hinterher ist. Zunächst einmal mag die Juniorprofessur für einige einen Vorteil bedeuten, weil man eben unabhängiger ist, selbstständiger ist, was man ansonsten möglicherweise nur im Ausland erwarten könnte. Also von daher kann selbst also das Institut Juniorprofessur schon einiges bewirken. Ob es nun ausreicht, um junge Wissenschaftler dauerhaft in Deutschland zu halten, das kommt eben darauf an, ob das gesamte Umfeld auch wettbewerbsfähig ist im Vergleich mit etwa den USA.

    Maleike: Was wäre denn Ihr Wunsch im Zusammenhang mit der Juniorprofessur in Deutschland?

    Hey: Dass man sie wirklich eben wahrnimmt als eine alternative Form der Qualifikation, und dass man eben hier auch schon die Möglichkeit eröffnet, sehr frühzeitig selbstständig zu forschen. Ich denke mal, das ist eigentlich die Botschaft, die die Juniorprofessur ausstrahlen sollte.

    Maleike: Herr Rezwan, was wäre Ihr Wunsch für die Juniorprofessuren in Deutschland?

    Rezwan: Mein Wunsch wäre, dass es so weitergeht wie bisher. Ich denke, wir sind auf dem besten Weg, uns immer mehr als wichtiger, fester Bestandteil hier zu etablieren. Wie auch Frau Hey gesagt hat, es ist bereits schon ein sehr wichtiger Bestandteil, also beziehungsweise ein fester Anteil in der Hochschulentwicklung. Und ich würde mir wünschen, dass mehr Tenure-Track-Optionen zur Verfügung stehen, im Sinne der Hochschulen, dass sie bessere, noch mehr Kandidaten anziehen können, und zum Zweiten, dass die Doppelbelastung der Habilitation, dass dort ein Umdenken stattfindet.

    Maleike: Ihnen beiden vielen Dank. "Campus & Karriere" waren das zur Lage der Juniorprofessur in Deutschland Johanna Hey, Vizepräsidentin des Deutschen Hochschulverbandes, und Professor Kurosch Rezwan, Vorsitzender des Fördervereins Juniorprofessur. Und die Informationen zum Thema, die stellen wir natürlich auch noch mal online auf unsere Homepage dradio.de.

    Statement des Fördervereins Juniorprofessur