Der originalgetreue Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche ist umstritten. Dieses Gebäude diente in Preußen und im Kaiserreich als Kulisse für militaristisches Selbstverständnis. 1933 schüttelten sich davor Reichskanzler Hitler und Reichspräsident Hindenburg die Hände. Seit 2017 wird die Ruine mit staatlichen und kirchlichen Geldern wieder aufgebaut. In einem offenen Brief haben nun über 100 Menschen aus Kultur, Kirche und Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft eine Neuausrichtung der Planungen gefordert - auch der Architekturtheoretiker Philipp Oswalt.
Die Unterzeichner fordern unter dem Motto "Bruch statt Kontinuität", dass mit der Garnisonkirche ein Lernort entsteht. Oswalt erklärte dazu im Dlf, bei diesem Wiederaufbauprojekt wolle man bisher "im Wesentlichen einen Identifikationsort für deutsche Nationalgeschichte" schaffen. Es werde versucht, das Deutschsein im Preußentum zu verankern, und zwar in einem Aspekt des Preußentums, der sehr problematisch sei. "Das ist die militaristische, nationalistische und dann in der Weimarer Republik auch wirklich rechtsradikale Dimension des Preußentums."
Wenigstens kein Waffenschmuck
Dass die Garnisonkirche wiederaufgebaut werde, lässt sich nach Ansicht des Architekturtheoretikers nicht mehr verhindern. Doch Oswalt fordert von den Verantwortlichen, sich in eine Distanz zum historischen Sachverhalt zu setzen. Die Mindestforderung sei ein Verzicht auf den Waffenschmuck der Kirche.
Oswalt verwies darauf, dass in der Potsdamer Garnisonkirche zum Beispiel die Kolonialkriege gefeiert wurden - der Völkermord an den Herero und den Nama. "Von so einer Geschichte muss man sich absetzen." Besonders bitter findet Philipp Oswalt: Der 1991 von einer rechtsradikalen Initiative gestiftete nachgebaute Glockenturm der Kirche trägt bis heute rechtsradikale Inschriften.
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