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Wiederaufforstung
Erfolg durch Bodenbakterien und Pilze

Ökologie. - Einmal entwaldete Regionen wieder aufzuforsten ist schwierig. Die jungen Bäume müssen nicht nur ohne den Schutz älterer Bäume auskommen. Der Boden, auf dem sie wachsen sollen, hat Humus und Nährstoffe verloren und ist fast immer auch mikrobiologisch gesehen tot. Forscher aus Mexiko haben jetzt ausprobiert, was passiert, wenn sie jungen Pflänzlingen beides, also Bakterien und Pilze, von Anfang an mitgeben.

Von Katrin Zöfel | 07.03.2014
    Eigentlich eine gute Idee: Eine Regierung, in diesem Fall die Regierung Mexikos, erkennt, dass die Abholzung großer Waldflächen ein Problem ist. Und sie beschließt Jahr für Jahr Millionen Bäume pflanzen zu lassen.
    "Aber dort, wo die Bäume gepflanzt wurden, waren keine Mikroorganismen mehr im Boden. Der Boden war tot. Deshalb sind die Wiederaufforstungsprojekte gescheitert."
    Von einer Million Bäumen blieben nur 5000 am Leben, schätzt Victor Olalde, also nur ein halbes Prozent. Olalde ist Mikrobiologe am Forschungsinstitut Cinvestad in Irapuato. Er und seine Kollegen zogen aus dem Desaster ihre Schlüsse. Als Mikrobiologen wussten sie, dass die Bakterien und Pilze, die im Boden leben, für das Wachstum von Bäumen wichtig sind. Ein junger Sprössling, der in einem Wald aufwächst, findet diese Helfer schon im Boden vor. Anders sieht es aus, wenn eine Gegend weiträumig entwaldet und der Boden unfruchtbar ist.
    "Wir haben uns also die Mikroorganismen genauer angesehen. Und zwar in Wäldern, die gut entwickelt waren. Dort, dachten wir, müssten wir die Mikroben finden, die den Bäumen bei der Ernährung und der Verteidigung gegen Krankheiten helfen."
    Olalde fand, wie er erwartet hatte, Mykorrhiza-Pilze, die in und auf den Wurzeln wachsen, und den jungen Baum mit Wasser und Nährstoffen versorgen. Doch außerdem spielen verschiedene Bakteriengruppen eine wichtige Rolle. Gruppe eins sorgt dafür, dass die Baumwurzeln wachsen und sich verzweigen – und zwar indem sie Stoffe absondern, die den Wachstumshormonen der Bäume ähneln. Eine zweite Gruppe löst den Nährstoff Phosphat im Boden. Manchmal, aber nicht überall, fand Olalde auch Bakterien, die Stickstoff fixieren können. Viele Experimente später hatte der Forscher ein Set aus Pilzen und Bakterien beisammen, das er jungen Bäumen als Starthilfe mit auf den Weg geben konnte.
    "Wir bekommen ein sehr gutes Wachstum. Statt einem Meter in fünf Jahren, wachsen unsere Bäume einen Meter in zwei Jahren. Wir verkürzen also die Entwicklungszeit, in der die Bäume besonders anfällig sind, und erhöhen so ihre Überlebenschancen."
    Auch bei Obstbäumen, die in Plantagen gepflanzt werden, funktioniert der Ansatz. Zwar seien die Früchte der behandelten Bäume nicht sehr groß, dafür aber sehr schmackhaft, und die Bäume trügen im Schnitt zwei Jahre früher Früchte. Selbst für einige Baumkrankheiten kann Olalde einen schützenden Bakteriencocktail anbieten. Doch bisher wird seine Idee nicht im großen Stil eingesetzt. Dafür bräuchte es, sagt er, einen echten Paradigmenwechsel.
    "Die Leute zu überzeugen, etwas Neues zu probieren, ist wie ein Flaschenhals. Außerdem geht es schief, wenn man versucht Dünger und Pestizide mit den Mikroben zu kombinieren. Die Bakterien vertragen kaum Phosphatdünger. Und man muss auf Fungizide verzichten, sonst sterben die Mykorrhiza-Pilze."
    Das macht die Einführung der neuen Methode nicht leichter. Olalde hofft, dass die Regierung seine Idee auf Wiederaufforstungsflächen ausprobieren wird. Die vielen jungen Bäume, die nicht verkümmern sondern gedeihen, wären ein gutes Argument für seine Sache.