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Wildschweinzaun an deutsch-dänischer Grenze
Alles nur Symbolpolitik?

Aus Angst vor der Afrikanischen Schweinepest lässt Dänemark einen 1,50 Meter hohen Grenzzaun errichten. Der soll Wildschweine am Grenzübertritt hindern. Ob ein Zaun die Seuche wirklich aufhalten kann, wird allerdings nicht nur von Epidemiologen bezweifelt.

Von Johannes Kulms | 29.01.2019
    Bau eines Wildschweinzaunes bei Padborg in Dänemark
    Padborg, Dänemark: Ein Arbeiter trägt ein Zaunelement zur Baustelle des Wildschweinzaunes. (picture alliance/dpa/Foto: Carsten Rehder)
    Es ist vorbei mit der Stille im deutsch-dänischen Grenzgebiet. An die 20 Journalisten aus Deutschland und Dänemark haben sich an diesem Montagmorgen auf einem Acker versammelt und blicken in einen frisch ausgehobenen Graben.
    In den 50 Zentimeter tiefen Spalt treibt eine mächtige Maschine einen dunklen Pfeiler. Es ist das erste Stück eines 67 Kilometer langen Zauns, den Dänemark in den nächsten Monaten entlang der Grenze zur Bundesrepublik errichten will. Nachdem auch der zweite Pfeiler steht, hängen Männer in strahlend orangener Arbeitskleidung ein Stahlgitter ein. Anderthalb Meter ist die Barriere hoch. Unter den Zaungästen ist auch Mogens Dall. Der Schweinehalter und Vorsitzende des regionalen Landwirtschaftsvereins meint mit Blick auf den Zaun:
    "Das ist eine Notwendigkeit in der Zeit, in der wir leben mit der Wildschweinpest. Leider, leider ist das notwendig"
    Schweinezucht spielt wichtige Rolle für dänische Wirtschaft
    Die deutsch-dänische Grenzregion gilt vorbildhaft. Für die Aussöhnung nach viele blutigen Kriegen und Konflikten aber auch die Minderheitenpolitik, die selbstverständlich grenzüberschreitend verläuft. Nun lässt Kopenhagen eben an diese Grenze einen Zaun setzen mit der Begründung, so Wildschweine vom Übertritt zu hindern. Und mit ihnen die Erreger der für den Menschen ungefährlichen aber für die Tiere tödlichen Afrikanischen Schweinepest.
    Was der Zaun für die deutsch-dänische Zusammenarbeit bedeutet, will Bent Rasmussen nicht bewerten. Als Leiter der dänischen Naturverwaltung führt er mit dem Projekt nur das aus, was die Regierung in Kopenhagen beschlossen hat. Der Zaun wird weiterhin eine Reihe von Öffnungen haben. Dort wo Straßen und Schienenwege die Grenze kreuzen. Und auch Fußgänger sollen durch Tore weiterhin ins andere Land kommen. Doch nicht nur der Zaun solle es richten sagt Rasmussen. Auch das Erschießen von Wildschweinen, die es doch über die Grenze schaffen.
    Die Schweinzucht spielt eine wichtige Rolle für die dänische Wirtschaft. 2016 exportierten die Bauern Schweinefleisch in Höhe von umgerechnet vier Milliarden Euro. Mehr als ein Drittel davon ging in Länder außerhalb der EU. Käme die Afrikanische Schweinepest ins Königreich, würden diese Exporte in Drittstaaten sofort gestoppt.
    Auch das Friedrich-Löffler-Institut – das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit – bezweifelt den Sinn des Zauns: "Also, nach unserer Ansicht nach wäre so ein Zaun wirksam, wenn sich die Afrikanische Schweinepest über Wildschweine ausbreiten würde. Das tut sie aber nicht. Nach jetzigen Erkenntnissen ist der Mensch der wichtigste Vektor für die Ausbreitung dieser Krankheit über weite Strecken", sagt die Epidemiologin Carolina Probst, die am Friedrich-Löffler-Institut zur Tierseuchenbekämpfung forscht. Der Mensch könne das Virus verbreiten durch kontaminierte Fleisch- und Wurstwaren.
    "Es können natürlich auch kontaminierte Schuhe sein, Gerätschaften, Fahrzeuge. Also, der Mensch steht auf der Prioritätenliste als wahrscheinlichster Vektor der Übertragung von der ASP an alleroberster Stelle."
    Krankheit weitet sich aus
    Also alles nur Symbolpolitik? Sicher ist: Die Afrikanische Schweinepest hat sich in den letzten Jahren langsam aber deutlich immer weiter ausgebreitet auf dem Kontinent. Viele Länder versuchen verzweifelt den Vormarsch zu stoppen. Ob die Seuche am Ende auch Deutschland erreiche, sei vielleicht mehr eine Frage von Glück oder Pech, sagt FLI-Forscherin Carolina Probst.
    Von Anhängern des dänischen Wildschweinzauns wird gerne ein Argument hochgehalten: Wir wollen uns nicht vorwerfen lassen, nichts getan zu haben.