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Windparks im Meer

Die Windenergie hat unter den erneuerbaren Energien, zu denen auch Biomasse, Sonnen- oder Wasserkraft gehören, den größten Anteil bei der Stromerzeugung. Große Hoffnungen werden dabei auf die Windparks auf dem offenen Meer gesetzt, den sogenannten Offshore-Windanlagen. Und die Herausforderungen in diesem Bereich sind auch eines der Schwerpunktthemen auf der Messe. Einzelheiten dazu von unserer Bremer Korrespondentin Christina Selzer:

Von Christina Selzer | 26.11.2008
    Seit zehn Jahren schon planen Bundesregierung und Unternehmen riesige Windparks auf dem Meer. Und trotzdem drehte sich bislang noch kein Offshore Rad. Das erste Windrad, das im Wasser steht, wenn auch nur 500 Meter vom Hafen entfernt, lässt sich seit kurzem bei Wilhelmshaven, im Hafen von Hooksiel bewundern. 150 Meter hoch ragt die Anlage aus dem Wasser, hier ist es zwar nur zwischen zwei und acht Meter tief. Doch der Betrieb dieser Anlage ist ein wichtiger Testlauf für die geplanten Windparks auf hoher See, erklärt Heiko Ross, Geschäftsführer des Offshore-Unternehmens "Bard Engeneering GmbH":

    "Die Bedingungen, die wir dann haben, heißen: Mindestens 30 Meter Wassertiefe, wir sind zwischen 60 und 100 Kilometer von der Küste – und in solchen Wassertiefen, in solchen Entfernungen hat noch kein Land der Welt Windkraftanlagen errichtet."

    Bard will den ersten kommerziellen deutschen Offshore-Park im Frühjahr 2009 bauen. Einhundert Kilometer nordwestlich der Insel Borkum in der Nordsee werden 80 Windkraftanlagen installiert. Da müssen alle Komponenten stimmen: Von den Rotorblättern bis zum Fundament muss alles nordseetauglich sein. Windböen von 160 Kilometer pro Stunde. 15 Meter hohe Wellen. Schäden durch die salzhaltige Luft. All das muss eingeplant werden. Heiko Ross von Bard glaubt aber, dass im kommenden Jahr alles gut gehen wird, wenn die Windräder in der Nordsee aufgestellt werden:

    "Wir haben sehr konservativ gerechnet. Die Wellenhöhen, die wir berücksichtigt haben, liegen für die Fundamente bei 19,5 Meter. Wir haben draußen ein Umspannwerk, das von Mitarbeitern besetzt sein wird, während des ganzen Betriebes des Kraftwerkes. Dieses Umspannwerk ist berechnet worden auf eine maximale Wellenhöhe von 20 Meter 50. Und solche Wellen sind noch nicht beobachtet worden. Und wir denken, dass wir alles Menschenmögliche getan haben, um ein solches Kraftwerk da draußen sicher und zuverlässig zu betreiben."

    Inzwischen hat das Bundesamt für Seeschifffahrt mehr als 20 Flächen freigegeben. Das steigende Interesse vieler Unternehmen hat auch mit der Novelle des Erneuerbare Energien-Gesetzes zu tun. Der Bundestag beschloss in diesem Sommer, die Vergütung der Kilowattstunde von 9 auf 15 Cent zu erhöhen, wenn der Windpark bis Ende 2015 ans Netz geht.
    Bei der zweitägigen Konferenz in Bremen geht es auch um die Probleme, die bei der Unterhaltung der Windparks entstehen. Orkane können die Kabelkanäle zerstören. Die Windräder stehen auf großen Stahlkonstruktionen, werden auf dem Meeresboden verankert, was deren Wartung kompliziert macht. Die Kosten dafür sind für die Firmen nur schwer zu kalkulieren. Jens Peter Molly vom Deutschen Windenergieinstitut aus Wilhelmshaven:

    "Man muss ja an die Windturbine herankommen für die Wartung. Das geht ganz offensichtlich nur bei bestimmten Wetterbedingungen. Und bei bestimmten Wetterbedingungen geht es nicht mehr. Und das ist das große Problem: Was ist, wenn eine Reparatur erforderlich ist und man kommt an die Anlage nicht ran. Dann steht sie, sie produziert nicht und bei der Größe dieser Anlagen ist es gleich eine ganz erkleckliche Energiemenge, die nicht verkauft werden können. Aus diesen Problemen heraus wird klar: Die Anlagen müssen offshore sehr viel zuverlässiger sein, als sie onshore heute sind."

    Die Turbinen, die die Ingenieure für den Einsatz auf dem Meer entwickeln, werden außerdem immer größer. Das bestätigt auch Jürgen Kröning, der beim Institut die Zertifizierung von Windenergieanlagen zuständig ist:

    "Die Anlagengröße wird mit Sicherheit bei fünf MW, aus meiner Sicht, anfangen, wird aber noch weiter wachsen, also acht MW bis, ich denke mal, auf irgendwann zehn MW. Das wird dann die Größe sein, die dann die Stromversorger anpeilen – und die werden dann wohl diejenigen sein, die diese Projekte dann finanzieren können, die wollen Kraftwerke zusammenschalten und die brauchen die großen Anlagen. Und da wird der Trend auch hingehen. "

    Die Ziele sind hochgesteckt. Bis zum Jahr 2030 sollen Windparks auf dem Meer ein Siebentel unseres Strombedarfs decken. Dafür muss viel Geld investiert werden. Und obwohl die Vertreter der Branche optimistisch sind, rechnen sie inzwischen damit, dass die weltweite Finanzkrise auch bei ihnen ankommen wird.