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Winterspiele 2018
Nord-und Südkorea - Annäherung dank Olympia

Sportliche Wunder werden von den nordkoreanischen Athleten bei den Olympischen Winterspielen im Pyeongchang nicht erwartet - doch schon allein ihre Teilnahme hat einen hohen symbolischen Wert. Während viele Südkoreaner die Beteiligung Nordkoreas für sinnvoll halten, trauen andere Machthaber Kim Jon-un nicht über den Weg.

Von Frank Hollmann | 03.02.2018
    Das Internationale Olympische Komitee hat nach einem Treffen mit Spitzenvertretern grünes Licht für gemeinsame Auftritte von Nord- und Südkorea bei den Winterspielen in Pyeongchang gegeben.
    Das Internationale Olympische Komitee hat nach einem Treffen mit Spitzenvertretern grünes Licht für gemeinsame Auftritte von Nord- und Südkorea bei den Winterspielen in Pyeongchang gegeben. (imago sportfotodienst)
    Diese Neujahrs-Rede öffnete die Tür. Für alle überraschend bot Kim Jong-un den Dialog mit dem Süden an und nordkoreanische Sportler für die Spiele in Pyeongchang.
    22 Sportler hat Kim Jong-un in den Süden entsandt, die meisten von ihnen sind Eishockey-Spielerinnen für ein pan-koreanisches Team. Keine drei Wochen vor Beginn der Spiele muss also Südkorea sein Team umkrempeln. Das sorgt für Unmut in der Mannschaft und vor allem unter jüngeren Südkoreanern. Präsident Moon Jae-in sah sich gezwungen, der Mannschaft persönlich zu erklären, warum er diesen Vorschlag dem Norden gemacht hatte.
    "Die Bedeutung der Teilnahme Nordkoreas geht weit über Olympia hinaus. Sie kann uns näher zueinander bringen."
    Doch nicht alle sind so optimistisch. Nordkorea werde das Sportereignis als Bühne für seine Propaganda nutzen, schreiben die Kommentatoren vieler Zeitungen. Das lesen auch die Zuschauer des Fackellaufs auf der über 2.000 Kilometer langen Strecke durch Südkorea. Dennoch überwiegt bei Ihnen die Zuversicht.
    "Wir leben in Korea und hier war die militärische Spannung zwischen Süd und Nord schon immer besorgniserregend. Deshalb bin ich besonders froh, dass der Norden teilnimmt. Ich wünsche mir friedliche Spiele!"
    "Natürlich fühlen wir uns mit Nordkorea noch ein bisschen unwohl. Trotzdem - wir sind doch ein Volk."
    "Als Koreanerin freue ich mich darauf, den Norden bei den Olympischen Spielen zu sehen, dies wird die angespannte politische Lage lockern."
    Kwan Cheol-hwan ist nicht so optimistisch, im Gegenteil. Herr Kwan traut der nordkoreanischen Führung nicht über den Weg. Er hat selbst unter ihr gelebt, ist vor Jahren geflohen. Nun leitet er in einem unauffälligen Bürogebäude in Seoul das Nord Korea Strategie-Zentrum.
    "Verglichen mit den letzten, konservativen Regierungen in Seoul ist die aktuelle mehr bereit, mit dem Norden zusammen zu arbeiten – auf einer friedlichen und vertrauensvollen Art. Mir muss man so nicht kommen. Es ist längst erwiesen, dass Nord Korea kein Problem ist, dass man mit Gesprächen lösen kann. Wir sollten uns da nicht vom Norden manipulieren lassen."
    Harte Linie gegenüber der Kim-Dynastie
    Nordkoreas Propaganda setzt das Strategiezentrum seine Botschaften entgegen, schmuggelt USB-Sticks und andere Datenträger über die Grenze, will die Menschen dort über die Welt außerhalb Nordkoreas aufklären.
    Doch warum hat Kim Jong-un mit seiner überraschenden Neujahrsansprache überhaupt den Weg frei gemacht zu einer Olympiateilnahme des Nordens?
    "Kim Jong-un macht immer, was ihm gefällt. Aber er steht unter Druck durch die internationale Gemeinschaft. China, die USA und selbst Russland haben den Druck erhöht wegen der Sanktionen. Zudem ist jetzt in Seoul der linke Flügel an der Macht, der, der am ehesten bereit ist, mit dem Norden zu reden. Sollte es also zu einer Aussöhnung kommen, könnte das den Weg auch frei machen für Gespräche mit den USA. Und deshalb sendet Kim Jung-un jetzt eine Delegation nach Pyeongchang."
    Das Nordkorea-Strategie-Zentrum steht für eine harte Linie gegenüber der Kim-Dynastie, Kang Young-sik und sein Korean Sharing Movement verfolgen eher die Regierung der aktuellen eher liberalen Regierung in Seoul.
    "Natürlich können die Spiele nur der Auftakt sein, weitere Gespräche müssen folgen, auch auf politischer und militärischer Ebene. Da wird es sicherlich Konflikte geben, aber ich sehe das durchaus positiv. In den letzten Jahren haben wir gar nicht miteinander gesprochen. Jetzt finden wir vielleicht heraus, was der Norden will und der Norden erfährt, was wir wollen."
    "Gefahr der Propaganda"
    Kang Young-sik hofft auf eine Wiederbelebung der Sonnenscheinpolitik Anfang der 2.000er Jahre. Damals trafen sich die Staatschefs beider Koreas, ließ der Süden kurz hinter Grenze produzieren, trafen sich seit Jahrzehnten getrennte Familien
    2018 könnte sich das wiederholen, hofft Herr Kang, auch weil beide Koreas feiern wollen: der Süden die Spiele von Pyeongchang, der Norden im Herbst den 70. Jahrestag der Staatsgründung in Pyongyang.
    "Natürlich besteht die Gefahr, dass Nordkorea diese Spiele für seine Propaganda nutzt. Aber Nordkorea ist kein normales Land, das müssen wir einfach begreifen und wir müssen es akzeptieren. Kim Jong-Un hat zwei große Ziele: die Atombombe, um sich sicher zu fühlen, und sein Land wirtschaftlich zu entwickeln. Aber für letzteres müsste er mehr Freiheit in der Wirtschaft zulassen und er muss hoffen, dass die Sanktionen gelockert werden. Und genau das geht kaum zusammen, wirtschaftliche Entwicklung und gleichzeitig die Atombombe bauen. Deshalb setzt Kim Jong-un auf Gesten, die Teilnahme an den Olympischen Spielen ist so eine Geste."